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Arbeitsplatz Weser Beiderbeck erfüllt Jacht-Träume

Es passiert schon mal, dass die Designer von Beiderbeck mit dem Hubschrauber abgeholt werden, um Jachtbau-Pläne mit dem Eigner durchzusprechen. Ein Blick in die Welt der Superreichen…
05.07.2021, 05:00 Uhr
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Beiderbeck erfüllt Jacht-Träume
Von Patricia Brandt

Das Leben am Fluss hat Menschen immer gereizt. Flüsse fungieren als Landesgrenzen, Wasserwege, Nahrungsquelle, liefern Kühlwasser für Fabriken, locken Wassersportler und Erholungssuchende. Auf 42 Kilometern fließt die Weser von Hemelingen bis Rekum durch das Stadtgebiet Bremens. Vor allem der Charakter von Bremen-Nord ist geprägt durch Schiffbau, Walfang, Fischerei, Kahnschifffahrt und Lotswesen. DIE NORDDEUTSCHE stellt Menschen vor, deren Arbeitsplatz die Weser ist.

An Reißbrettern im Alten Speicher im Vegesacker Hafen lassen zwei Nordbremer Träume wahr werden. „Das Coolste, das ich je konstruiert habe, war ein Unterwasserlift, mit dem man Richtung Meeresboden fahren kann“, sagt Immo Lüdeling, Schiffbauingenieur und Designer. Zusammen mit Tim Ulrich leitet er Beiderbeck Designs, eines der führenden europäischen Konstruktionsbüros für Megajachten. Wer sich in den Firmenräumen im Dach des historischen Gebäudes umsieht, weiß gleich: Nichts ist unmöglich.

In einer antiken Vitrine im Besprechungsraum mit Kronleuchter und Bar ist ausgestellt, was Immo Lüdeling „unser kleines Sammelsurium“ nennt. Es sind Einzelanfertigungen. Hinter Glas befindet sich etwa ein vergoldeter Halter für eine Seifenschale. Für den Halter hatte das Team eine Schale aus Corian fräsen lassen. Ein weiteres Erinnerungsstück an vergangene Aufträge ist ein kurzer Lederstreifen. Eine Besonderheit: Das Leder, das als Bezug für die Schranktüren eines Eigners aus England bezogen wurde, hat Jahrhunderte in einem Schiffswrack am Meeresgrund gelegen. „Für den Kunden ist das Schiff ein Statement der eigenen Persönlichkeit. Die Jachten werden immer größer und zugleich haben die Kunden das Bedürfnis, die Jachten auf sich und die eigenen Bedürfnisse zuschneiden zu lassen“, sagt Tim Ulrich.

24 Stunden, sieben Tage die Woche beschäftigen sich die beiden Männer von der Weser nach eigenen Worten mit Designfragen. Privat lieben sie selbst Möbel mit Geschichte. Das zeigt sich auch im Besprechungsraum: „Der große runde Kapitänstisch stammt von einer alten Jacht“, berichtet Immo Lüdeling.

Beide sind viel für ihre Kunden unterwegs. „Es passiert schon mal, dass wir am zweiten Weihnachtstag angerufen und mit dem Hubschrauber abgeholt werden, um die neuen Pläne mit dem Eigner auf seinem Schiff durchzusprechen“, sagt Immo Lüdeling. Es habe schon Monate gegeben, fällt Tim Ulrich ein, da hätten sie im Schnitt jede Stunde 100 Kilometer im Flug zurückgelegt – zwischen Finnland und Türkei.

251 Projekte haben Tim Ulrich und Immo Lüdeling nach eigenen Worten in den vergangenen zwölf Jahren umgesetzt. Sie waren bis 2015 Partner des Schiffbauingenieurs Jörg Beiderbeck, den die Welt 2006 als „Guru der Traumschiffe“ bezeichnete. Als Beiderbeck verstarb, führten sie das Büro weiter. Das heute achtköpfige Team entwickelt das Gesamtkonzept von Außen- und Innendesign für Motor- und Segeljachten von 20 bis über 100 Metern Länge. Beiderbeck Designs übernimmt dabei die gesamtverantwortliche Ausarbeitung – von der ersten Skizze bis zur Baubetreuung auf der Werft. „Es gibt keine zwei gleichlaufenden Projekte“, betont Tim Ulrich. „Oft entstehen noch Ideen während des Baus.“ Bis das Schiff fertig ist, vergehen bis zu drei Jahren.

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Wer sich bei Beiderbeck ein Schiff konstruieren lässt, hat zuvor vielleicht den Hafen von Monaco besucht oder eine Luxusjacht in der Karibik bewundert. „Meistens heißt es: ‚Wir wollen es so, aber ganz anders.‘“, meint Ulrich. Was den Kunden eine Beiderbeck-Jacht kostet, bleibt übrigens ein Geheimnis: „Wir kennen weder Preise noch unsere Kunden“, behauptet Ulrich und lacht.

Die beiden Nordbremer wissen jedoch sehr genau, was in der Welt der Millionäre Trend ist. Familienvater Tim Ulrich muss nicht lang nachdenken, bevor er antwortet: „Trend ist Nachhaltigkeit. Unsere Eigner sehen sich oft aufgrund ihrer finanziellen Möglichkeiten in der Verpflichtung als Pioniere voranzugehen.“ Einige setzten inzwischen auf Segeljachten, um Brennstoffe zu sparen. „Das Decksmaterial muss auch kein Teak mehr sein.“

Apropos Deck: Das maritime Leben verlagert sich nach draußen. „Die Decklandschaften sind wie Innenräume ausgestattet“, sagt Ulrich. „Man merkt keinen Unterschied mehr, wenn man von Drinnen nach Draußen geht.“ Gefragt sei ein wohnlicher Stil, denn für viele Eigner spiele die Familie eine große Rolle. Für den Nachwuchs gestalten die Beiderbeck-Inhaber dann schon mal einen Pool mit Hubboden. Beliebt seien auch Wasserrutschen und Pools, die man ans Schiff hängen kann – mit Schutzvorrichtungen vor Meerestieren, so Ulrich.

Manchmal jedoch ist auch in der Welt der Superreichen weniger mehr. Ulrich: „Jetskis gehören heute zur Standardausstattung. Aber als ich den Eigner gefragt habe, welche Farben ich aus dem Katalog für seine Enkel wählen soll, hat er lächelnd gemeint: ‚Wir nehmen die Jetskis nur in einer Farbe. Sonst bedeutet das nur Stress.“

Zur Sache

Showroom am Wasser

2020 hat Beiderbeck Designs im Alten Speicher einen Showroom eröffnet. Dort können sich Jacht-Besitzer gezielt Inspiration von Firmen holen, mit denen das Vegesacker Konstruktionsbüro zusammenarbeitet. Acht Unternehmen stellen hier aus, darunter Siebensee, Oliver Treutlein (OT) und Marinepool. Zu sehen sind Kleidung für die Crew, handgetuftete Teppiche und Sofas bis hin zu eleganten Liegen und Handtüchern. Ein Besuch ist nur mit Terminvereinbarung möglich.

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