Dass der Tod durchaus für einen Lacher gut sein kann, beweist Michael Holtschulte seit fast 15 Jahren. Der Vater der bekannten „Tot aber lustig“-Cartoons war jetzt in der Havengalerie an der Alten Hafenstraße zu Gast, um dort zum Auftakt seiner neuen Ausstellung dem interessierten Publikum Rede und Antwort zu stehen. Die gängigsten Fragen beantwortete er schon im Vorfeld durch eine kleine Präsentation. „Wie kommt man auf die Ideen?“ oder „Wie kann man davon leben?“ gehörten dazu. Auch darüber, dass es einen großen Unterschied zwischen Cartoons und Comics gibt, klärte der Künstler auf. Viele Besucher wollten wissen, woher die Inspiration zu seiner bekanntesten Figur – dem Sensenmann – kam. Eine Frage, die der Cartoonist nicht eindeutig beantworten konnte. „Das ist einfach so passiert.“
Neben dem in Schwarz gehüllten Tod können Besucher in der Havengalerie bis zum 23. Juni noch zahlreiche weitere Themen entdecken. Der Einfluss von Sprachassistenten wie Siri und Alexa auf den Alltag zum Beispiel. Holtschulte setzt sich in seinen Bildern aber auch mit aktuellen politischen Themen auseinander. So hängt zwischen den Drucken ein Original in Tusche, das inhaltlich den Flüchtlingsstrom an der bayerischen Grenze behandelt. Ein anderer Cartoon spielt auf die zähen Verhandlungen zum Brexit an.
Tuschezeichnung steht am Anfang
Einige der Arbeiten waren bereits in Magazinen und Zeitungen wie dem Stern, der Süddeutschen oder der Taz zu sehen, andere sind weniger bekannt, so wie der „Tod in Venedig“. Ein vergleichsweise großes Bild, das in seiner Machart deutlich künstlerischer wirkt als die Motive, die sonst von Holtschulte bekannt sind. Das liege an der Machart, erklärt der Cartoonist. „In der Regel zeichne ich jedes Motiv zunächst mit Tusche, scanne es ein und färbe es dann am Computer ein“. Das habe den Vorteil, dass er schneller arbeiten und Fehler ohne große Umstände beseitigen könne. Außerdem sei die Einheitlichkeit der Farben so gewährleistet. „Das ist aber genauso anspruchsvoll wie das Malen von Hand“, so Holtschulte.
Auch das Gemälde des Sensenmanns in der venezianischen Gondel wurde auf diese Art koloriert. Allerdings handelt es sich um eine Bleistiftzeichnung, deren Liebe zum Detail bis in die digitale Bearbeitung getragen wurde. Neben der Arbeit am PC zeichnet Holtschulte aber auch immer mal wieder per Hand. Aus diesem Grund hat er eine eigene Stiftkollektion herausgebracht, die alles beinhaltet, was man braucht, um seine Figuren in ihrer typischen Art nachzuzeichnen. „Als Musiker wollte ich immer eine eigene Plektronkollektion. Jetzt habe ich Stifte“, berichtet der Hertener nicht ohne Stolz.
Dass die aktuelle Ausstellung auf breites Interesse über den Bremer Norden hinaus trifft, zeigte sich bei der Eröffnung an den Besuchern, von denen viele aus dem Umland angereist waren. So wie Bernd Wente, der mit seinem Nachbarn aus Bremerhaven gekommen war, um den Künstler zu treffen und sich eines seiner Bücher signieren zu lassen. Die beiden Cartoon-Freunde waren bereits bei früheren Ausstellungen in Vegesack zu Gast. „Bei Perscheid waren wir und bei den Cartoons gegen rechts“, erklärt Wente, der als Sternabonnent seit vierzig Jahren stets als Erstes die Seite mit den Karikaturen aufschlägt. „Diese kleinen Boshaftigkeiten des Alltags so zu verpacken – das ist für mich echte Kunst“, erklärt der Bremerhavener begeistert. Aus der Innenstadt war Lars Janßen nach Bremen-Nord gekommen. Er sammelt Cartoons und lässt sie sich stets signieren. So hatte Michael Holtschulte auch gut zu tun. Ob Kapuzenmann, Siri oder andere bekannte Figuren: Fast durchgängig zeichnete er in die mitgebrachten oder vor Ort gekauften Cartoonbände. Bei manch einem zückte er das Handy, um selbst ein Foto zu machen. Auch auf Wünsche ging er ein, selbst wenn es sich aus künstlerischer Sicht um anspruchsvolle Motive handelte. Eine Besucherin konnte zum Beispiel mit einem Einhorn nach Hause gehen. „Pferde, Autos und Fahrräder sind für fast alle Zeichner schwierig“, erklärt Holtschulte, der aber zur Not tut, was er kann, wie er mit einem Lachen versichert.
„Die größte Herausforderung war bisher ein Auto, auf dessen Dachgepäckträger ein Fahrrad stand, auf dem ein Pferd saß.“ Mit der Resonanz auf die Bildauswahl sind sowohl der Künstler als auch Galeristin Dijana Nukic zufrieden. „Es gab viele Lacher, und die Leute waren bisher alle begeistert“, so die Galerieinhaberin.
Die Ausstellung „Holtschulte – 15 Jahre Tot aber lustig“ ist bis einschließlich Sonntag, 23. Juni in der Havengalerie, Alte Hafenstraße 27 zu sehen. Öffnungszeiten: dienstags bis freitags von 9 bis 12.30 Uhr und 14.30 bis 18 Uhr sowie sonntags von 14 bis 17 Uhr. Weitere Zeiten sind nach Absprache möglich, der Eintritt ist frei.