Vor drei Jahren entdeckte das Straßenkunstfestival „La Strada“ den Bremer Norden als weiteren Spielort zur Bremer Innenstadt – und blieb ihm treu. Nachdem das Gelände der früheren Bremer Woll-Kämmerei und Knoops Park erfolgreich bespielt wurden, kam nun die Vegesacker Weserpromenade als Spielort hinzu. Die Auswahl der Orte erfolgt nach dem Prinzip „Stadt, Land, Fluss“. Das BWK-Gelände steht für die Stadt, Knoops Park für das Land und die Weserpromenade repräsentiert den Fluss.
An beiden Festivaltagen in Vegesack und Blumenthal traten internationale Künstler auf und bezogen das Publikum in ihre Aufführungen ein. "Wir suchten für jede Veranstaltung nach Künstlern, deren Darbietungen inhaltlich mit dem jeweiligen Spielortthema harmonieren“, erklärte Festivalleiterin Gabriele Koch die Philosophie.
Beim Gastspiel in Nähe zum Schlepper „Regina“ durfte das Festivalteam am Sonnabend jedoch sogleich die Tücken der Seeluft kennenlernen: Starker Wind und gelegentliche Regenschauer sorgten nicht nur für erhöhte Schwierigkeitsgrade bei so manchen artistischen Beiträgen wie beispielsweise den waghalsigen Klettereien auf einem wackeligen Laternenmast des gebürtigen Amerikaners und Vertikaltheaterkünstlers „Noah“.
Auch Gastronomie fehlte. „Sämtliche Stände wären uns weggeflogen“, begründete La Strada-Sprecherin Friederike Behrens in Vegesack den Mangel an Verpflegungsmöglichkeiten. Sie wertete die erste Vegesacker La Strada-Visite dennoch als Erfolg: „Dass trotz dieser widrigen Wetterumstände so viele Menschen hierher gekommen sind, zeigt mir einmal mehr, dass Bremer bei jedem Wetter feiern können.“
Obwohl neben „Noah“ auch die Beiträge der in überdimensionierten fahrenden Fischen auftretenden niederländischen „Tukkerconnexion“ und die an schwarz-weiße Slapstickfilme gemahnende Performance des argentinischen Duos „Duo on Pie“ vortrefflich mit der maritimen Kulisse harmonierten, dürfte die Vegesacker La Strada-Premiere dem Großteil der Beteiligten vor allem als Abenteuer in Erinnerung bleiben.
Ein ganz anderes Bild bot sich den zahlreichen Besuchern am Sonntag in Blumenthal – und dies nicht nur, weil das Festival mit Ausnahme des erneut auftretenden „Duo on Pie“ gänzlich andere Künstler als in Vegesack präsentierte. Die Infrastruktur für die Bühnen, also Stromversorgung und Windschutz, waren besser, das Wetter sowieso und zu essen und trinken gab es auch.
So ließen sich die Darbietungen des musikalischen Artistenclowns „La Sbrindola“ aus Italien ebenso unbekümmert bewundern wie die aberwitzige Jonglage des deutschen Duos „Spot the Drop“. Die klangvolle wie aberwitzige Artistikjonglage des Argentiniers „El Goma“ zog am Sonntag und Montag gleich tausendfaches Zuschauerinteresse auf sich. „Bei Festivals mit freiem Eintritt ist so etwas natürlich immer schwer zu messen, aber unseren Schätzungen zufolge dürften wir um 14.30 Uhr bereits über 3000 Gäste auf dem Gelände begrüßt haben“, meinte Gabriele Koch bereits am frühen Sonntagnachmittag.
Trotz des windigen Einstands soll Vegesack nach Auskunft von Koch und Behrens auch in den nächsten Jahren als Spielort dabei sein. „Das können wir aber natürlich nur bewerkstelligen, wenn die Finanzierung durch die Wirtschaftsförderung und zahlreicher weiterer Sponsoren auch in den Folgejahren so gut funktioniert wie derzeit.“
Auf ehrenamtliche Unterstützung vor Ort können sich die Festivalmacher indes verlassen: Mehr als zwanzig freiwillige Helfer waren an allen drei Tagen im Einsatz, um das Festival zu unterstützen – an Informationsständen oder als Weglotsen.
Zu ihnen gehörte Corinna Wohling-Behrens: „Ich besuche seit Jahren das Bremer La Strada-Festival. Als ich aus der Zeitung erfahren habe, dass für die Veranstaltungen im Bremer Norden noch Helfer gesucht werden, habe ich mich sofort beworben. So eine tolle Sache will ich einfach unterstützen“, erzählte die Nordbremerin.
Nach dem Hauptfestival vom 13. bis 16. Juni in Bremen wird das Festival am 1. September in Knoops Park fortgesetzt.