Wenn in Vegesack über Supermärkte diskutiert wird, dann wird wie selbstverständlich auch über die Lindenstraße gesprochen. Dort möchte das zur Lürssen-Gruppe gehörende Immobilienunternehmen ELB seit inzwischen 14 Jahren einen sogenannten Vollsortimenter mit Backladen und Getränkemarkt bauen. Der Beirat hat am Montag die Forderung erneuert, das Projekt umzusetzen.
Jan Dierk Stolle von der Senatorin für Stadtentwicklung erläuterte jetzt im Beirat die Grundzüge des Nahversorgungskonzeptes. Es regelt, wo sich künftig neue Märkte mit welchem Sortiment ansiedeln können. Im Bereich Lindenstraße in Fähr-Lobbendorf sehen die Gutachter zwar eine Unterversordnung, aber auch kein wirkliches Ansiedlungspotenzial. Gleichwohl würde das Ressort seiner Aussage nach dem Bau eines Supermarktes mit 1200 Quadratmetern, 100 Quadratmetern für einen Backshop und weiteren 200 Quadratmetern für einen Getränkemarkt zustimmen.
Beiratssprecher Torsten Bullmahn (CDU) formulierte seine Haltung zu dieser Frage so: „Das Ding muss irgendwie her.“ Ortsamtsleiter Heiko Dornstedt erinnerte zudem daran, dass für die Bewohner des Ortsteils Fähr-Lobbendorf die A 270 eine Grenze darstelle und südlich der Autobahn ein Supermarkt mit umfassendem Angebot fehle. Der Beirat habe bereits mehrfach Beschlüsse in dieser Frage gefasst, erinnerte er.
Stephan Friedrich, Geschäftsführer der ELB, machte am Rande der Sitzung deutlich, dass bei einer Größenordnung von 1500 bis 2000 Quadratmetern sofort Handelsketten bereit wären, in einen Markt an der Lindenstraße zu ziehen. Friedrich nannte im Beirat unter anderem die Namen Rewe, Edeka und Bünting (dazu zählen zum Beispiel Famila und Comet). Er beruft sich darauf, dass diese Quadratmeterzahl für Nahversorgungsmärkte selbst von den Gutachtern im Zentrenkonzept genannt werde.
Auch Schönebeck ist unversorgt
Ein weiterer unterversorgter Bereich befindet sich nach Darstellung der Gutachter in Schönebeck bis hin nach St. Magnus. Hier gibt es ein Quartier mit rund 4000 Einwohnern ohne fußläufig erreichbaren Markt. Konkret werden in diesem Bereich aber offenbar die Überlegungen, ins Postgebäude an der Vegesacker Heerstraße einen Supermarkt zu integrieren. Der stellvertretende Bauamtsleiter Klaus Koch kündigte an: „Aktuell scheint sich etwas abzuzeichnen. Da komm ich demnächst wieder auf sie zu.“ Keine Bewegung gibt es hingegen an der Aumunder Feldstraße. Günther Kiener (parteilos) fragte bei den Stadtplanern nach, ob es in Bezug auf den dort seit Jahren leer stehenden Supermarkt positive Nachrichten gebe, erhielt aber eine gegenteilige Auskunft.
Ein weiterer Punkt des Konzeptes: Die Baubehörde will an der Kreuzung Hammersbecker Straße und Georg-Gleistein-Straße ein sogenanntes Nahversorgungszentrum ausweisen. Das Zentrum umfasst die Fläche von Aldi und Rewe mit den angrenzenden Grundstücken südlich der Bahnstrecke. Hier sollen sich künftig weitere Nahversorger und zum Beispiel ein Drogeriemarkt ansiedeln können.
Anke Nerger und Ingo Schiphorst wiesen als Anwohner darauf hin, dass das Vegesacker Zentrum bei Lebensmitteln und anderen Dingen des täglichen Bedarfs schlecht versorgt sei. Nerger kritisierte, dass es außer dem Discounter am Sedanplatz praktisch kein Angebot gebe. Beide sprachen sich deshalb gegen ein Nahversorgungszentrum am Aumunder Bahnhof aus, um den Kern nicht weiter zu schwächen. Gordon Wirth (FDP) unterstrich: „Wir torpedieren unser eigenes Zentrum.“ Aus dem Beirat gab es indes auch andere Stimmen. Heike Sprehe (SPD) etwa kritisierte, dass der Edeka-Markt nördlich der Bahnlinie nicht in das neue Nahversorgungszentrum integriert werde.
Werner Pohlmann, Vorsitzender des City Marketing, skizzierte schließlich in der Debatte um das Zentrenkonzept einige Probleme der Fußgängerzone und formulierte Forderungen. So fehle es neben Leffers und Rossmann an weiteren Ankermietern in Vegesack. Diese seien wichtig, "um das ganze Zentrum zu halten". Als Beispiel nannte Pohlmann zum Beispiel die Modekette H & M, die aber mindestens 2000 Quadratmeter benötige. Pohlmann: "Es fehlt an hochwertigen und mittleren Anbietern." Potenzial, die dafür notwendigen Flächen zu schaffen, sieht er im Bereich Sedanplatz, Finanzamt und im heutigen Polizeigebäude. Parallel zur Schaffung neuer Flächen müsse auch die Aufenthaltsqualität verbessert werden, damit sich auch wieder mehr junge Menschen in der Fußgängerzone aufhalten, so der Vorsitzende.
Der Beirat hat abschließend die Ansiedlung von Supermärkten an der Lindenstraße und in Schönebeck gefordert. Die Entwicklung des Vegesacker Zentrums, so heißt es im Beschluss weiter, dürfe durch das Konzept nicht behindert werden. Außerdem erwartet der Beirat, dass das Zentrenkonzept künftig fortlaufend überprüft wird – „und nicht erst in zehn Jahren wieder“.