Es gibt Kleinode, die verstecken sich hinter Hecken, Zäunen und Mauern. Grüne Paradiese, die von ihren Besitzern mit viel Liebe angelegt, gehegt und gepflegt werden. Viele dieser Perlen der Gartenkunst bekommt man nie zu Gesicht, da sie sich auf privatem Grund befinden und nicht öffentlich zugängig sind. Eine Ausnahme gibt es jedoch: den Tag der offenen Gartenpforte. Im Rahmen der deutschlandweiten Aktion laden Gartenbesitzer in ganz Deutschland an verschiedenen Terminen im Jahr Besucher dazu ein, ihre grünen Oasen zu besuchen. Dabei gibt es die ganze Vielfalt der Gartengestaltung zu entdecken, denn vom ländlichen Anwesen über Naturgärten, Wasserlandschaften und Staudengärten bis zum Schul- und Hausgarten ist alles dabei.
Am Sonntag prangte das Hinweisschild der Aktion am kleinen Eingangstor von Familie Diddens / Marschall in Schönebeck. Empfangen von einer weinberankten Pergola und freudig begrüßt von Airdale-Terrier Annabelle, führt der Weg die Besucher auf die Hinterseite des Hauses. Dieses lässt mit seiner klaren, reduzierten Architektur, die von der Straße aus sichtbar ist, nicht erahnen, was dahinter wartet: ein terrassenartig angelegter Garten, in dessen Zentrum ein Teich steht, der bogenförmig vom Haus umrahmt wird.
Mehrere Sitzplätze auf verschiedenen Ebenen eröffnen die Möglichkeit, das Treiben im Grünen von allen Perspektiven aus zu betrachten. Wer Sonne sucht, findet sie immer, genauso wie ein schattiges Plätzchen. „Die Sitzplätze waren ein wichtiger Aspekt bei der Planung“, erklärt Brigitte Diddens. „Ich wollte, dass man je nach Bedarf in der Sonne oder im Schatten sitzen kann. Außerdem habe ich mir eine Terrasse gewünscht, auf der sich eine lange Tafel für viele Personen aufbauen lässt. Plätze am Teich zum Beobachten sollte es auch geben.“
Geplant haben Brigitte Diddens und Martin Marschall ihren Garten selbst. Auch die Anlage erfolgte in Eigenregie, bis auf die Steinarbeiten. Dafür holte sich das Paar professionelle Hilfe. Mit ihrem beruflichen Hintergrund hatte die aus einer Gärtnerei kommende Designerin das notwendige Know-how, um ihren Traumgarten so zu verwirklichen, wie er jetzt ist. Ein Garten zum Entdecken sollte es sein, in dem man nicht immer alles gleich auf den ersten Blick sieht. Mittels schmaler Wege, verschiedener Ebenen und zahlreicher Bepflanzungen wurde dieser Wunsch umgesetzt.
Von der großen Terrasse aus hat man trotzdem einen guten Überblick über das Gesamtwerk. Dort tummeln sich selbst kurz vor offiziellem Pfortenschluss noch zahlreiche Besucher. Die vierköpfige Gruppe um Harald Hinstedt ist bereits das zweite Mal an dem Tag da. Nach der Stippvisite am Vormittag warten die Schönebecker nun darauf, dass es dunkel wird, denn der Garten wird in der Nacht stimmungsvoll beleuchtet. Harald Hinstedt bringt auf dem Punkt, was auch seine Begleiterinnen denken: „Das ist kein gewöhnlicher Garten. Der Blick ist faszinierend und der Teich in seiner Anlage, ummantelt vom Haus, ganz besonders.“
Das empfinden auch Hajo Höfener und Karin Zscherp-Uebeler so. Die beiden Nachbarn sind zu Fuß gekommen, denn sie wohnen nur ein paar Straßen weiter. Beide sitzen auf einem der Plätze am Teich und genießen den Ausblick. „Von vorne wirkt das Grundstück eher abgeschottet, aber hier im Garten ist es richtig kuschelig und gemütlich. Da braucht man nicht groß in den Urlaub fahren.“ Fasziniert ist er von der Lösung mit den Ebenen, den vielen Sitzgelegenheiten und den zahlreichen Pflanzen. „Ich kann hier viele Anregungen für Herbstblüher mitnehmen. Insgesamt ist die ganze Idee sowie deren Umsetzung gelungen. Der Garten kann locker mit dem Park der Gärten in Bad Zwischenahn mithalten.“ Seine Nachbarin stimmt ihm zu. Sie beeindruckt vor allem das Wasser. „Überall plätschert es – in Töpfen aus Steinen, der See selbst. Und ich habe noch nie so große Quitten gesehen!“ Gerne würde sie den Garten einmal in voller Blüte im Frühjahr oder Sommer erleben.
Brigitte Diddens und Martin Marschall sind zum zweiten Mal beim Tag der offenen Gartenpforte dabei und das, obwohl sich beide zu Beginn ein wenig gegen die Teilnahme gesträubt hatten. „Wir besuchen selbst seit 15 Jahren im Rahmen dieser Aktion Gärten. Dass wir selbst einmal Gastgeber sein könnten, habe ich am Anfang nicht gedacht", so Brigitte Diddens. Doch dann lernte das Paar die Initiatorin Maike de Boer kennen und lud sie zu sich ein. „Frau de Boer wollte uns unbedingt mit dabei haben, da ein Garten dieser Art bisher noch bei der Aktion gab.“
Die Schönebecker haben es nicht bereut, dass sie ihr grünes Paradies für Besucher geöffnet haben. „Heute waren 80 bis 100 Personen da“, schätzt Martin Marschall. Viele der Gäste seien auch von weiterher angereist, zum Beispiel aus Hamburg. Die Resonanz sei durchweg positiv. „Viele haben Erfahrung und sind sehr interessiert“, so Diddens. Außerdem erfahre und erlebe man viele Geschichten. „So wie die von der Frau, die einen gigantischen Kaktus in ihrem Wohnzimmer kultiviert oder die Besucher aus Berlin, die wissen wollten, wo das Paar die Kaulquappen für den Teich gekauft hat. „Da musste ich schon etwas lachen, denn die Frösche haben sich alle selbst bei uns angesiedelt, genauso wie die Molche und Libellen.“
Jeweils drei verschiedene Arten der Amphibien leben im Teich; darunter auch seltene. Igel suchen sich in der Dämmerung einen Weg die steinernen Stufen runter zum Wasser, Vögel baden in den flachen Bereichen am Wasserfall. Auch ein Eichvogel schaut gelegentlich vorbei. Der Garten ist also nicht nur eine Oase für Menschen, sondern auch ein Paradies für Tiere und Insekten aller Art. Das mache ihn auch aus Umweltgesichtspunkten wertvoll, findet Martin Marschall.