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Plötzlich Knöllchen Aufgesetztes Parken: Anwohner in Bremen-Walle kritisieren Sanktionen

Unangenehme Überraschung für Anwohnerinnen und Anwohner in der Gravensteiner Straße: Sie müssen sich andere Parkmöglichkeiten für ihre Autos suchen.
29.09.2022, 08:00 Uhr
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Aufgesetztes Parken: Anwohner in Bremen-Walle kritisieren Sanktionen
Von Anne Gerling

Werden in der Gravensteiner Straße neuerdings willkürlich Knöllchen an vermeintliche Falschparker verteilt? Diesen Eindruck jedenfalls haben dort mehrere Anwohnerinnen und Anwohner, die sich ans Ortsamt gewandt haben. Im Verkehrsausschuss des Waller Beirats sollte nach einer Lösung gesucht werden. „Wir brauchen eine klare Darlegung, was erlaubt ist und was nicht“, so eine Anwohnerin.

Für Uwe Papencord, Leiter des Ordnungsamtes, ist die Sache allerdings recht klar: „Aufgeschrieben wird der, der etwas verkehrt macht.“ Im Falle der Gravensteiner Straße sei dies das aufgesetzte Parken, wodurch der Fußweg blockiert wird. Außerdem habe es eine Beschwerde der Müllabfuhr gegeben, nachdem eines ihrer Fahrzeuge die Straße nicht passieren konnte.

Kein Verständnis für Sanktionen

Die Anwohner suchen sich nun zum Teil Parkmöglichkeiten in anderen Straßen; verstehen können sie die ihrer Ansicht nach übertriebenen Kontrollen und Sanktionen aber nicht – zumal die nun freie Straße so manchen Autofahrer dazu verleite, die geltende Einbahnstraßenregelung zu missachten. „Die Straße gibt es seit 95 Jahren, und da wurde immer geparkt“, unterstrich eine Anwohnerin, die sich vor allem über die Vorgehensweise des Ordnungsamts ärgert: „Was jetzt mit uns gemacht wurde, das geht so nicht!“ Uwe Papencord sieht es etwas anders: „Sie durften da nie parken – es ist nur nicht geahndet worden. Das ist ein Riesenunterschied.“

Beiratssprecherin Brigitte Grziwa-Pohlmann (SPD) würde gerne vermitteln. „Wir sind in der Situation, dass wir nicht genügend Parkplätze haben, wenn nicht mehr aufgesetzt geparkt werden kann. Wir haben aber keine Alternative, und die Leute brauchen ihre Autos.“ Die Anwohner hofften auf aufgesetztes Parken innerhalb des Ermessensspielraums der Kontrolleure; vor der Sitzung hatten sie Straße und Gehweg nachgemessen: „Unserer Ansicht nach geht es – auch ein Rollstuhl kommt durch.“

Grundlage nicht immer klar

Papencord überzeugte dies nicht. „Man kann sich auf vieles verständigen, wenn die Grundlage allen klar ist. Das ist aber nicht der Fall, denn es gibt Eventualitäten, auf die man sich nicht rechtsverbindlich einigen kann“, sagt er. Wolle man die Rechtsgrundlage ändern, wäre außerdem Susanne Findeisen vom Referat Strategische Verkehrsplanung im Mobilitätsressort die Ansprechpartnerin. Sie sagt: „Ich verstehe den Wunsch, durch jede Straße zu gehen und dort zu gucken. Manche Sachen kann man aber nicht abstimmen. Zum Beispiel die Frage: Gelten die Regeln oder nicht?“

Der Fahrzeugbestand wachse weiter, und die Autos würden größer, weiß Findeisen: „Die Profile der Straßen wachsen aber nicht. Bisher ist es irgendwie gelaufen. Aber wir sind angehalten, alle Bedürfnisse zu berücksichtigen. Das geht über das Kfz hinaus.“ Nachdem die Initiative „Platz da!“ im November 2019 einen Bürgerantrag mit 6000 Unterschriften an die Bürgerschaft übergeben hatte, müsse die Stadt nun laut einem Beschluss aus dem Jahr 2020 gegen wildes Gehwegparken vorgehen und Barrierefreiheit herstellen. Gleichzeitig müsse auch die Feuerwehr überall durchkommen: „Wenn es bei Ihnen brennt, wollen Sie auch, dass die Feuerwehr schnell da ist.“

Verkehrsbehörde zum Handeln gezwungen

Zusätzlichen Handlungsdruck gebe es dadurch, dass das Verwaltungsgericht im Februar die Verkehrsbehörde im Grundsatz dazu verpflichtet hat, gegen das bislang geduldete aufgesetzte Parken einzuschreiten. 2021 hatte das Mobilitätsressort eine Planung für Maßnahmen zum „Parken in Quartieren“ vorgelegt. Demnach soll quartiersweise vorgegangen werden, um Entlastung zu schaffen. „Das Konzept soll ab 2023 umgesetzt werden“, so Findeisen. Dabei gebe es noch keine Prioritätenliste zur Reihenfolge der Stadtteile.

Eine Möglichkeit, den Parkdruck zu senken und wildes Parken zu verhindern, ist das sogenannte Bewohnerparken. Findeisen: „Das führen wir allerdings jeweils quartiersweise ein, nicht pro Straße.“ Auch der Bau oder die Einrichtung von Quartiersgaragen wäre ihrer Ansicht nach nicht automatisch die Lösung des Problems. Denn: „Die Erfahrung zeigt: So lange es in den Quartieren kostenlose Parkplätze gibt, fahren die Leute auch zehnmal um den Block, anstatt für 45 Euro im Monat einen Garagenplatz zu mieten.“

Zur Sache

Wie Bewohnerparken funktioniert

Das sogenannte Bewohnerparken –  früher hieß dieses System Anwohnerparken  – gilt grundsätzlich als ein möglicher Beitrag zur Verkehrswende. Dabei werden öffentliche Parkplätze in Quartieren mit besonders hohem Parkdruck zu bestimmten Zeiten ausschließlich für Anlieger mit einem entsprechenden Ausweis reserviert. Anwohner können diese Berechtigungsausweise erwerben und für ihre parkenden Besucher und Gäste –  ebenfalls gebührenpflichtige  – Tages- oder Wochenkarten besorgen. Ziel des Bewohnerparkens ist es, Dauer-Fremdparker, deren abgestellte Autos regelmäßig bestimmte Wohnstraßen verstopfen, bewusst aus diesen Gebieten zu verdrängen.

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