Von wegen erst mal wochenlang dem Ausbilder über die Schulter schauen – bei der Bremer Agentur HMMH im Weser-Tower in der Überseestadt, die Unternehmen bei der Digitalisierung ihrer Angebote unterstützt, arbeiten Auszubildende vom ersten Tag an so eigenständig wie möglich. Denn gleich zu Beginn ihrer Ausbildung durchlaufen alle Azubis ein sogenanntes First Project. „Das ist ein reales dreimonatiges Projekt für einen echten Kunden“, so Christoph Zittlosen, der gemeinsam mit Nicole Röhrs bei HMMH für die Ausbildungsorganisation verantwortlich ist. „Die Azubis fangen an und lernen dabei Schritt für Schritt alle Werkzeuge kennen, die sie brauchen“, ergänzt Diplom-Informatikerin Röhrs: „Von Tag eins an lernen sie Eigenverantwortung.“
Voriges Jahr überarbeiteten die Azubis des ersten Ausbildungsjahrgangs zum Beispiel die Webseite für Bremens Ukrainehilfe-Projekte. Der aktuelle erste Jahrgang hat einen Auftrag für das Bremer Bildungsressort übernommen: Ranim, Cengiz, Zakaria, Taha Yasin, Akram und Hannah, die eine Ausbildung zum Fachinformatiker Anwendungsentwicklung machen, der angehende Fachinformatiker für Systemintegration Ishan sowie Sevgi (Kauffrau für Marketingkommunikation) und Julia (Duales Studium für Marketingmanagement) sollen den stark in die Jahre gekommenen Internetauftritt der Regionalen Beratungs- und Unterstützungszentren (Rebuz) auf den neuesten Stand bringen. In Bremens Norden, Süden, Osten und Westen gibt es jeweils ein Rebuz, das Schüler, Eltern, Lehrer und Schulen bei Problemen berät und unterstützt sowie außerdem Unterricht in Kleingruppen für Schülerinnen und Schüler mit besonderem Förderbedarf oder spezielle Projekte für Schulmeider anbietet.
Wie präsentiert man solch eine Einrichtung modern und ansprechend im Internet? Die neun frisch gebackenen Azubis, die sich am 1. August zum ersten Mal gesehen haben, starteten zunächst mit einer Bestandsaufnahme. Einen Tag lang analysierten sie gemeinsam mit drei Rebuz-Mitarbeitern die Schwachpunkte der bisherigen Webseite und listeten auf, welche Informationen und Services der neu gestaltete Internetauftritt bieten soll. Zwölf Wochen lang erarbeiteten sie anschließend einen Prototypen für den neuen Webauftritt. Kurz vor Weihnachten dann der große Tag: Im Rebuz West in Walle präsentierte das junge Team Vertretern der vier Regionalen Beratungs- und Unterstützungszentren und Mitarbeitern aus der Bildungsbehörde den von ihm entwickelten Prototypen.
Ein nicht mehr zeitgemäßes Design, viel Text und veraltete Bilder – vor allem diese Schwachstellen der bisherigen Webseite haben die Azubis ausgemacht. Was ihnen positiv aufgefallen ist: „Jede Region hat eine eigene Farbe, und die Texte sind informativ.“ Dieses Element empfehlen die Azubis in veränderter Form beizubehalten. Layout, Fotos und die Navigationsstruktur der Webseite haben sie überarbeitet und die Inhalte gestrafft. Wichtig war ihnen dabei unter anderem, dass Schüler, Lehrer und Fachpersonal über verschiedene Einstiege jeweils schnell und unkompliziert die Informationen finden, die sie brauchen. Das Fazit der Azubis bei der Gegenüberstellung der alten und der von ihnen gestalteten Webseite: „Hier haben wir einen Knochen – und hier einen Cheeseburger!“
Das Marketing-Team hat schließlich noch einen kurzen Film produziert, in dem die Gruppe ihr First Project in den sozialen Medien vorstellt. „Es sollte so einfach wie möglich sein“, erklärt Sevgi den Leitgedanken, an dem sie sich dabei orientiert hat. Zufriedene Gesichter nach der Präsentation – nicht nur bei den Kunden, sondern auch bei den Ausbildern. Was nämlich deutlich rüberkam: Durch die gemeinsame Arbeit an ihrem Projekt ist aus den neun Einzelkämpfern in wenigen Monaten offenbar ein gut eingespieltes und ziemlich professionell wirkendes Team geworden.