Wie kann jungen Menschen ohne Berufsausbildung beim zweiten Anlauf zu einem erfolgreichen Start ins Berufsleben verholfen werden? Auf diese Frage hat die Waller Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft (WaBeQ) mit ihrem 2008 gestarteten Ausbildungsprojekt "Integration durch Ausbildung" (IdA) offenbar eine brauchbare Antwort gefunden: Nach vier Jahren läuft das Projekt jetzt aus – die Bilanz fällt positiv aus.
Walle. Arbeitsmarktbezogene und städtebauliche Aktivitäten miteinander verknüpfen: Das war das Ziel des Ausbildungsprojekts "Integration durch Ausbildung" (IdA), das die Waller Beschäftigungs- und Qualifizierungsgesellschaft (WaBeQ) im November 2008 gestartet hat. Insgesamt 63 junge Erwachsene im Alter von 18 bis 27 Jahren, 40 Prozent von ihnen mit Migrationshintergrund, wurden dabei aufgenommen, um einen Facharbeiterbrief als Änderungsschneider, Bauten- und Objektbeschichter oder Ausbaufacharbeiter entweder in der Fachrichtung Zimmerer oder Fliesenleger zu erwerben.
Ende August läuft das Projekt aus der ersten Förderrunde des ESF-Bundesprogramms BIWAQ ("Bildung, Wirtschaft, Arbeit im Quartier") nun aus – eine gute Gelegenheit, sich einmal kritisch mit den gesammelten Erfahrungen auseinander zu setzen, meinen die Organisatoren. Das Projekt wurde von der Akademie für Arbeit und Politik der Universität Bremen evaluiert; entstanden ist dabei eine ausführliche Dokumentation mit Handlungsempfehlungen, die ab sofort erhältlich ist.
Keiner hatte einen Ausbildungsplatz
Wie können junge Erwachsene nachhaltig in den ersten Arbeitsmarkt integriert werden? Diese Frage stand für die Projektverantwortlichen im Vordergrund. Sämtliche der jungen Projektteilnehmer hatten keinen Ausbildungsplatz auf dem ersten Arbeitsmarkt gefunden beziehungsweise ihre Ausbildungen abgebrochen und waren auf Arbeitslosengeld II angewiesen. "Viele hatten sozioökonomische oder auch psychosoziale Probleme wie Essstörungen oder Drogenkonsum", schildert Ulrike Osten, die als pädagogische Mitarbeiterin seit 2009 in das Projekt eingebunden war. Denn neben der rahmenplankonformen Ausbildung in den WaBeQ-Werkstätten und WaBeQ-Baustellen beziehungsweise in Partnerbetrieben gehörte vor allem auch die sozialpädagogische Begleitung zum Projekt: Es gab Tipps zur allgemeinen Lebensführung – etwa zum Abschluss von Handyverträgen oder zum Thema Kredite – und Aktivitäten, die die Teambildung fördern, zum Beispiel eine Wanderung nach Karte oder einen Besuch im Hochseilgarten.
"Die Qualifizierungsmaßnahme kann eine positive Bilanz vorweisen", stellten jetzt Osten und Projektleiterin Sanne Masche fest: 24 Projektteilnehmer – das entspricht einer Quote von 32 Prozent – haben am Ende einen Facharbeiterbrief erworben beziehungsweise befinden sich aktuell noch in der Prüfungsphase. Sieben Teilnehmer sind außerdem noch vor der Facharbeiterprüfung in externe Betriebe übernommen worden, um dort entweder ihre Ausbildung weiterzuverfolgen oder um zu arbeiten.
"Dies ist insgesamt als ein großer Erfolg zu bewerten", meinen auch Eva Anslinger, Anjuscha Jäger und Kathrin Schultheis von der Akademie für Arbeit und Politik, die den Projektverlauf und die erzielten Ergebnisse evaluiert haben. "Die Zahl der Abbrüche ist vergleichbar mit denen in der dualen Ausbildung", sagen sie. Gründe für die hohe Zahl derjenigen, die die Ausbildung durchgehalten haben, sieht Eva Anslinger zum Beispiel darin, dass die jungen Leute an etwas mitarbeiten konnten, das anschließend deutlich sichtbar im Stadtteil verbleibt – so zum Beispiel ein Wandbild in Gröpelingen. Die WaBeQ hat außerdem laut Anslinger unter den Teilnehmern ein Zusammengehörigkeitsgefühl hergestellt – auch durch gemeinsame Fahrten in den Harz und nach Polen zum Bau einer Jugendbegegnungsstätte – sodass die Gruppe potenzielle Abbrecher aufgefangen habe. Und auch dem Stadtteil kam das Projekt zugute: Tatkräftig haben die Projektteilnehmer unter anderem am neuen Mehrgenerationenhaus in der Seewenje-straße in Gröpelingen und am Umbau eines Waller Kaisenhauses zu einem Heimatmuseum mitgearbeitet.
Inzwischen läuft im Ohlenhof das Projekt "Qualifizierung vor Ort", mit dem sich die WaBeQ in der zweiten BIWAQ-Förderrunde gegen rund 500 Mitbewerber aus dem gesamten Bundesgebiet durchgesetzt hat (wir berichteten); außerdem bereitet man sich dort gerade auf ein großes Ereignis vor: Am 6. September findet die regionale BIWAQ-Abschlusswerkstatt in Bremen statt; dort wird IdA natürlich nochmals Thema sein.
Die Broschüre "Integration durch Ausbildung", herausgegeben von Eva Anslinger und Sanne Masche in der Reihe "Bremer Beiträge zur Praxisforschung", kann ab sofort über die Akademie für Arbeit und Politik der Universität Bremen bezogen werden.