Borretsch, Tomaten und Kapuzinerkresse – auf dem Balkon von Kerstin Röhl im Blauhaus in der Überseestadt grünt es derzeit mächtig. Kein Zweifel: Die Wallerin, die sich als Schriftführerin im Vorstand des Vereins Blaue Karawane engagiert, hat definitiv einen grünen Daumen. Und wenn sie über die Balkonbrüstung hinweg auf den Garten des inklusiven Wohnprojekts blickt, dann juckt es sie seit Längerem ganz kräftig in den Fingern.

Auch in Zukunft kann im neu gestalteten Blauhausgarten gemeinsam gegärtnert werden.
Geometrisch angeordnete rechteckige Rasenflächen, dazu Buchenhecken, eine Handvoll Bäume und Sträucher und ein im Viereck verlaufender breit gepflasterter Weg – so sah der Blauhaus-Gartenhof bisher aus. Das Gute an der eher schlichten Gestaltung für die Kinder aus dem Blauhaus und den Nachbargebäuden, so Röhl: „Hier haben schon viele von ihnen Radfahren gelernt.“ Aus dem Grundstück ließe sich aber ganz sicher mehr machen, davon ist sie ebenso überzeugt wie ihre Mitstreiterinnen aus der Gartengruppe. Die kümmert sich in Absprache mit der Wohnungsgesellschaft Gewoba als Blauhaus-Eigentümerin um die Gartenpflege und möchte die Fläche gerne zu einem lebendigen Ort umgestalten, der sowohl Tieren und Pflanzen als auch den Menschen aus der Nachbarschaft Raum bietet. So war vor einiger Zeit die Idee entstanden, sich um ein Förderprogramm zu bemühen, mit dem die KfW-Bank Klimaanpassungsmaßnahmen in der Stadt unterstützt: Wer in seinem Garten auf Entsiegelung, Regenwassernutzung oder Begrünung setzt, kann dafür Fördergelder erhalten.
Wie auf dem Präsentierteller
Der Antrag war erfolgreich – in einem von der auf Ökologiethemen spezialisierten Agentur Ecolo organisierten Beteiligungsprozess entwickelten die Bewohnerinnen und Bewohner daraufhin gemeinsam mit Nachbarinnen und Nachbarn Ideen für ihre Naturoase in der Überseestadt. „Priorität war dabei, dass man hier Schatten schafft – auch aus ökologischen Gründen und um den Garten als Treffpunkt attraktiver zu machen“, erzählt Röhl. Seit sie 2019 als eine der Ersten in das inklusive Wohnprojekt eingezogen ist, nutze kaum jemand die Fläche, um es sich dort zum Beispiel mit einem guten Buch gemütlich zu machen oder zu picknicken, weiß sie aus Erfahrung: „Denn man fühlt sich hier wie auf dem Präsentierteller. Was fehlt, ist etwas Schutz und dass man sich ein bisschen geborgen fühlt.“

Kerstin Röhl hat die Arbeiten von ihrem Balkon aus gut im Blick und filmt sie mit Zeitraffer.
Das soll sich mit der Umgestaltung nun ändern: Rund 30 Bäume werden gepflanzt und der schnurgerade Weg über das Grundstück mehrfach verschwenkt. Auch die Topografie wird verändert, indem der Boden in verschiedenen Bereichen modelliert wird. Zusätzlichen Schatten soll zukünftig außerdem eine von Pflanzen bewachsene Pergola spenden. Mit der Umgestaltung wird außerdem die in der Blauen Manege beheimatete Fahrradwerkstatt mehr Platz im Freien bekommen, wofür die vorhandene Spielecke etwas verändert wird. Und die Kinder, die hier so gerne Fahrrad fahren üben? „Die müssen dann ein paar Kurven fahren“, sagt Kerstin Röhl.
Umgestaltung läuft
Bis dahin dauert es gar nicht mehr lange: Nachdem mittlerweile freiwillige Helferinnen und Helfer bei einer „Mitmachbaustelle“ die Gehwegplatten und Pflastersteine vom Gelände entfernt haben, sind nun seit einigen Tagen die Gartenbauer am Werk. Sie krempeln das Gelände einmal komplett um – im Herbst werden dann auch die Bäume gepflanzt. Kerstin Röhl hat die Arbeiten von ihrem Balkon aus gut im Blick und filmt sie mit Zeitraffer: „Damit die Leute mal sehen können, wie schnell so was funktioniert. Es ist jeden Tag eine Riesen-Überraschung, was da passiert.“ Bis zum 14. August, so der Plan, soll der Blauhausgarten umgestaltet sein – das wäre eine Punktlandung zum 40. Geburtstag der Blauen Karawane, die das Blauhaus einst initiiert hat und ihren runden Geburtstag am 17. August auf dem Bremer Marktplatz feiern will.