Röhrende Motoren und durchdrehende Reifen: Die Geräuschkulisse im Heimatviertel ist in manch lauen Sommernächten neuerdings durchaus Formel-1-verdächtig. Zunehmend scheint nämlich die Raser- und Autoposer-Szene die Hafenstraße für sich zu entdecken, die vom Hansator aus hinter den Häusern der Heimatstraße vorbei durch zwei 90-Grad-Kurven zum Überseetor verläuft. Aus der ersten dieser Kurven heraus, so haben es Anwohner beobachtet, werden immer wieder hoch motorisierte Fahrzeuge gestartet. Dafür bremsen die Fahrer gezielt an dieser Stelle, wenden dann mitten im Kurvenbereich und bringen ihr Fahrzeug in Position, wobei sie ordentlich Krach machen.
„Immer wenn gutes Wetter ist, gibt es hier Burnouts oder auch mal kleine Wettrennen“, berichtet Anwohnerin Karin Schlechtinger. Besonders schlecht seien dabei die Anwohner am oberen Ende der Heimatstraße dran: „Für die gibt es nämlich neben dem Verkehrslärm von der Hafenstraße quasi als ‚Bonus‘ noch die Motorräder, die mit 120 Sachen die Hafenrandstraße runterbrettern.“
Zwei Anzeigen erstattet
Schlechtingers Nachbar Peter Pagel hat wegen nächtlicher Ruhestörungen auf der Hafenstraße in den vergangenen Monaten zweimal Anzeige bei der Polizei erstattet. Bislang allerdings erfolglos – obwohl er in einem Fall sogar bei einem Wendemanöver das Kennzeichen deutlich erkennen, notieren und an die Polizei weitergeben konnte. Derselbe Diepholzer Wagen sei ihm wenige Wochen später erneut mit einem ähnlichen Manöver aufgefallen, erzählt Pagel: „Da dachte ich noch: So blöd kann man doch nicht sein, das nochmal zu machen, wenn man schon eine Strafanzeige hat.“ Die Anzeige sei aber offenbar nicht richtig aufgenommen worden, wie seine Nachfrage bei der Polizei ergab: „Der Vorgang war nicht auffindbar. Da frage ich mich, warum man dann überhaupt noch die Polizei rufen soll.“
So störend das Autoposer-Motorengeheul für Pagel und andere Anlieger ist: Mehr noch belastet die Bewohner der kleinen Reihenhäuser an der Heimatstraße, dass nach ihrem Eindruck auch viele Autos zu schnell auf der Hafenstraße unterwegs sind. Denn die scharfe Kurve direkt hinter ihren Häusern werde leicht unterschätzt, weshalb es dort in der Vergangenheit mehrfach zu Unfällen kam, bei denen Anwohner Erste Hilfe leisteten und die Unfallstelle sicherten. Und obwohl vor etwa drei Jahren der Fahrbahnbelag erneuert wurde und seitdem griffiger und sicherer ist, schlafen manche hier aufgrund ihrer Erlebnisse bis heute schlecht und befürchten neuerliche Unfälle, wie Anwohner Bodo Oppermann erzählt.
Schnelle Lastwagen
Besorgniserregend finden Pagel, Oppermann und Schlechtinger dementsprechend auch, dass praktisch rund um die Uhr auch Lkw mit unüberhörbar hohem Tempo durch die Hafenstraße rauschen – obwohl dort seit mehr als zehn Jahren von 22 bis 6.30 Uhr ein Lkw-Nachtfahrverbot gilt. Einmal hat Pagel gesehen, wie nach 22 Uhr ein Polizeiwagen direkt hinter einem Lkw fuhr – der dort zu dieser Zeit eigentlich nicht hätte unterwegs sein dürfen: „Die haben aber nichts gemacht. Und so lange die Polizei nichts macht, wird das immer mehr.“ Was die Anwohner sich konkret wünschen: Mehr Kontrollen und Blitzer – vor allem abends und nachts – sowie eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 Stundenkilometer.
Die Polizei erreichen Sprecher Nils Matthiesen zufolge „ab und zu“ Beschwerden über Raser in der Überseestadt – insbesondere in der Konsul-Smidt-Straße und auf dem Kommodore-Johnsen-Boulevard, wo es vor wenigen Wochen dann auch Geschwindigkeitskontrollen zwischen 17.30 und 23 Uhr gegeben habe: „Im genannten Zeitraum wurden insgesamt 918 Autos gemessen, von denen 83 zu schnell waren. In der Konsul-Smidt-Straße war ein Fahrzeug mit einer Geschwindigkeit von 82 bei erlaubten 50 km/h unterwegs und stellte damit den Negativrekord auf. Auf dem Kommodore-Johnson-Boulevard war ein Auto mit 59 km/h bei erlaubten 30 km/h Spitzenreiter.“
Fahrer stand unter Drogen
Ein 22-Jähriger, der sein Auto am Kontrollort stoppte und nach Feuer fragte, sei aufgrund seines auffälligen Verhaltens überprüft worden: „Dabei wurde er positiv auf Drogen getestet. Gegen ihn wurde eine Anzeige wegen Fahrens unter Drogeneinfluss gefertigt.“ Bei zwei weiteren Autofahrern hätten sich außerdem aus gesundheitlichen Gründen Zweifel an einer Weiterfahrt ergeben: „Beide beendeten die Fahrt freiwillig.“ Dies zeige, dass es für die Sicherheit im Straßenverkehr weiterhin Kontrollen geben müsse. Und die Bremer Polizei werde auch in Zukunft "stationär und mobil" kontrollieren.
„Spezifische Beschwerden zur Hafenstraße“ habe man bislang aber nicht erhalten, so Matthiesen, der rät: „Wenn Anwohner sich von Lkw, Posern oder zu schnellen Autofahrern gestört fühlen: Rufen Sie uns. Trotz Zweifeln an der Wirksamkeit: Das Anzeigenverhalten ist wichtig, um Erkenntnisse zu sammeln und geeignete Maßnahmen gegen Raser und Poser zu ergreifen.“