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Öffentliche Toiletten Mehr öffentliche Toiletten gefordert

Die Bürger von Bremen-Walle fordern mehr öffentliche Toiletten, doch der Haushalt der Stadt lässt wenig Spielraum. Ein Blick auf andere Städte offenbart, dass Bremen im Vergleich weit hinten liegt.
07.12.2023, 06:00 Uhr
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Von Anke Velten

Gepflegte öffentliche Toiletten dort, wo man sie braucht, sind eigentlich kein Luxus. Für viele Menschen sind sie ein dringendes Bedürfnis. Den Waller Beirat erreichten kürzlich zwei separate Bürgeranträge, in denen die Stadt aufgefordert wird, öffentliche Notdurftanlagen im Waller Park und an der Wartburgstraße einzurichten. Zu Letzterem hieß es beispielsweise als Begründung, dass Toiletten in erreichbarer Nähe vor allem im Sinne der betagteren Marktbesucherinnen und –besucher seien.

Der Waller Bauausschuss lud die zuständige Mitarbeiterin der Bremer Stadtreinigung zur Sitzung ein, die die möglichen Varianten öffentlichen Toilettenbaus vorstellte und erklärte, warum das alles gar nicht so einfach ist. Das Fazit: Die Chancen für neue öffentliche Toiletten im Stadtteil sind in Walle gleich Null. Dafür ist der bremische Haushalt zu klamm. Der Vergleich mit anderen Städten zeigt: Auch in diesem Bereich liegt Bremen ganz weit hinten.

Undankbares Arbeitsgebiet

Im Jahr 2018 wurde die Zuständigkeit für die städtischen Toiletten auf die Bremer Stadtreinigung (DBS) übertragen. Zuvor sei der Arbeitsbereich „wie ein Wanderpokal im öffentlichen Dienst“ herumgereicht worden, erklärte Bettina Hohmann, deren Referat die öffentlichen Bremer Klos zugeteilt wurden. Es sei „ein undankbares Thema“, gestand die Referatsleiterin. Übernommen habe die DBS ein „abgewirtschaftetes“ Gebiet.

Über Corona-Sondermittel habe man einiges aufarbeiten können. Neue Toilettenanlagen wurden unter anderem am Werdersee installiert. Als „riesiges Erfolgsmodell“ hätten sich die Toilettenanlagen am Hauptbahnhof herausgestellt, die Mitte September in Betrieb genommen und laut Hohmann seitdem schon mehr als 100.000 Mal genutzt wurden. Das Team sei klein, die finanziellen Möglichkeiten begrenzt. Bei Neuanlagen müsse daher priorisiert werden.

Innenstadt bevorzugt

Im Fokus stehe dabei zunächst die Innenstadt. Dort sei man zurzeit auf der Suche nach einem Gebäude, in dem eine personalgeführte Toilette eingerichtet werden könne. Das Problem, so die Referatsleiterin: „So etwas möchte kaum ein Vermieter im Haus haben.“ Aus den Stadtteilen gebe es eine lange Wunschliste für öffentliche Toiletten.

Die Kosten für den Neubau einer Anlage variieren erheblich – vom mobilen Dixi-Klo, das je nach Reinigungsintervall für 6000 bis 9600 Euro Jahresmiete aufgestellt werden kann, bis zur großen barrierefreien Modultoilette, wie sie an der Schlachte zu finden ist. Anschaffungspreis: 200.000 Euro, Kosten für Bau und Installation: bis zu 80.000 Euro.

„Das Entscheidende sind aber die weiteren Kosten für die Unterhaltung“, so Hohmann. „Da muss das Geld her!“ Selbst eine einfache Urinal-Rotunde verursache dauerhafte Kosten von jährlich bis zu knapp 10.000 Euro. Bei der großen Modulvariante fallen laut DBS jährliche Unterhaltungskosten von 75.000 Euro an. Die günstigste Option sind die „netten Toiletten“, bei denen gastronomische Betriebe ihre Sanitäranlagen für die Öffentlichkeit zur Verfügung stellen und für den Zusatzaufwand einen städtischen Zuschuss von durchschnittlich 1000 Euro pro Jahr erhalten. In Bremen beteiligen sich zurzeit rund 100 Betriebe an der Aktion. Die Übersichtskarte auf der DBS-Homepage führt sechs „nette Toiletten“ in Findorff auf, und jeweils vier in Walle und Gröpelingen. Das bislang einzige Angebot dieser Art in der Überseestadt befindet sich in einem Restaurant an der Überseepromenade.

Unfassbare Zerstörungswut

Ein großer Posten im Budget sind die Reparaturkosten nach absichtlicher Zerstörung. „Es wird alles kaputt gemacht, was kaputt gemacht werden kann“ so die Referatsleiterin. Die blitzblanken neuen Container am Werdersee seien innerhalb von Tagen mit Graffiti und Tags besprüht worden. Schlimmer noch als die optische Verunreinigung: Die „Vandalismusexzesse“, die die Anlagen selbst unbrauchbar machen. „Es werden selbst die Böden eingetreten“, so Hohmann.
Die überwiegende Mehrheit der Nutzerinnen und Nutzer behandele die Anlagen pfleglich. Der kleine Rest „kommt und macht kaputt.“ Wer das Stichwort „Vandalismus in öffentlichen Toiletten“ in die Suchmaschine eingibt, sieht sofort: Es ist eine Problematik, die die meisten Städte kennen. „Manchmal ziehen öffentliche Toiletten auch Probleme an“, so die DBS-Vertreterin.

Wie es in anderen Städten aussieht

Der Vergleich mit anderen Städten zeigt aber auch: Beim Angebot an öffentlichen Toiletten ist Bremen auffallend geizig. Die DBS betreibt stadtweit 13 öffentliche Toilettenanlagen. Die Kosten für Reparaturen, die regelmäßige Reinigung und die allgemeine Unterhaltung betragen rund 820.000 Euro pro Jahr. Besucher der rheinland-pfälzischen Landeshauptstadt Mainz – mit weniger der Hälfte der Einwohner Bremens – finden im deutlich kleineren Stadtgebiet doppelt so viele Toiletten. Die Stadtreinigung der Hansestadt Hamburg – rund viermal so viele Einwohner wie Bremen – betreibt mehr als zehn Mal so viele öffentliche Toiletten und investiert jährlich 2,5 Millionen Euro in deren Unterhaltung.

Mehr als 50 stille und überwiegend barrierefreie Örtchen gibt es in Hannover. Der Münchner Stadtrat setzt gerade einen Beschluss um, die Zahl der öffentlichen Toiletten um 34 neue Anlagen „signifikant“ zu erhöhen – vor allem dort, wo der öffentliche Raum für die nicht kommerzielle Nutzung zur Verfügung gestellt wird, wie an Spielplätzen. Auch in Berlin, wo der größte Teil der insgesamt 460 öffentlichen Toiletten an einen externen Betreiber ausgelagert wurden, wird die Zahl stetig größer.

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