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100-jähriges Bestehen Ein Paradies für Frösche

Der Waller Wassersport-Verein feiert sein 100-jähriges Bestehen. Er wurde am 21. August 1921 in der damaligen Gaststätte Becker gegründet.
11.08.2021, 12:07 Uhr
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Von Anke Velten

Ein nostalgischer Hauch von Jetset der 1960er-Jahre weht durch die Halle. Doch nicht für Rimini oder Saint-Tropez wurden die schicken kleinen Motorjachten mit ihren Decks aus hochglanzlackiertem honigfarbenen Mahagoni gemacht. Sie wurden in Bremen gebaut und tuckern meist gemütlich die Flüsschen und Kanäle der Stadt und der Region entlang. An den Steuerrudern sitzen Frösche. So nennen sich die rund 100 Mitglieder des Waller Wassersport-Vereins, der in diesem Monat sein 100-jähriges Bestehen feiert – im gebotenen kleineren Kreis. Viel lieber hätte man viel mehr Gäste auf die große Vereinwiese am Waller Fleet eingeladen und ihnen das Waller Frosch-Paradies gezeigt – damit sie möglichst viele davon Lust bekommen, selbst zum Frosch zu werden. 

Für Aufsehen sorgen die liebevoll restaurierten Oldtimer an den hanseatischen Küsten allemal. „Die Leute gucken immer", sagt Klaus Windhorst, Frosch seit mehr als 50 Jahren, und stolzer Besitzer eines picobello gepflegten Wellenbinders, der vor rund 60 Jahren in der Aumunder Werft von Nikolaus Meyer entstand. Es ist ein kleiner Traum von einem Boot, den sich der 69-jährige erfüllt hat: In einem Fahrzeug dieses Typs ging es in seiner Kindheit die Weser hinauf Richtung Vegesack, um nach fast dreistündiger Reise am Ritzenbütteler Sand anzulegen. Mit an Bord war nicht nur die vierköpfige Familie Windhorst, sondern auch alles, was man für einen Campingurlaub brauchte. Die Kreuzfahrt der kleinen Leute,  „das war immer ein richtiges Abenteuer", sagt der Kapitän, der in der Waller Feldmark aufgewachsen ist. Er erzählt, dass er schon als kleiner Pöks sonntags auf der Brücke am Fährwiesenweg stand, und die heimkehrenden Boote erwartete. „Für uns Kinder war das immer spannend“, erinnert sich der langjährige Vereinsvorsitzende.

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Der „Wassersportverein Waller Fleet“ wurde am 21. August 1921 in der ansässigen Gaststätte Becker  gegründet, heißt es in der Vereinschronik. Die neun Gründungsmitglieder waren Handwerker, Arbeiter und kleine Beamte aus dem Stadtteil. Schon wenige Wochen später besaß der Verein ein eigenes Bootshaus. Die Holzbaracke, so erzählen es die Annalen, war einer Siedlergemeinschaft aus dem Teufelsmoor abgekauft, und von den Mitgliedern abgebrochen, auf Pontons verladen, übers Wasser transportiert, und auf einem Schuttabladeplatz etwa in Höhe Akazienweg wieder aufgebaut worden. Der Frosch wurde schnell zur liebevollen Selbstbezeichnung und zum Wappentier des Vereins, weil die grünen Amphibien am Fleet außerordentlich zahlreich und lautstark auftraten. Innerhalb weniger Jahre überstieg die Mitgliederzahl die Hundertermarke. Doch es dauerte nur wenige Stunden, bis der Verein wieder alles verlor. Nach den Bombenangriffen vom 8. August 1944 waren vom Wassersportverein Waller Fleet nur noch zwei Bombentrichter, etliche Phosphorkanister und verkohlte Bootskörper übrig geblieben.

Die Frösche spuckten in die Hände und begannen mit dem Wiederaufbau ihres Vereins, der sich 1948 mit der Wassersportabteilung des TuS Walle zusammenschloss, und fortan unter dem Namen Waller Wassersport-Verein auftrat. Nach anderthalbjähriger eigenhändiger Arbeit konnte im August 1953 das 600 Quadratmeter große neue Bootshaus an seinem jetzigen Standort am Wiesenweg 1 eingeweiht werden. Der Klubraum dient seit 1968 als Wohnzimmer und Festsaal, die große Außenanlage ist der gemeinsamer Garten für die Vereinsmitglieder. Zum 10.000 Quadratmeter großen Grundstück gehörte auch eine Schafweide. Sie wurde 1963 in Parzellen aufgeteilt, die bis heute von älteren Vereinsmitgliedern bewirtschaftet werden. 1978 wurde auf einem Grundstück an der Lesum ein zweites Bootshaus mit Klubhaus eingeweiht, für das der Vorsitzende Jens Philippi zuständig ist.

In der Halle am Fleet und im kleinen angrenzenden kleinen Hafen liegen die Kanus, Kajaks, Motor- und Segelboote der Mitglieder, sofern sie nicht gerade privat oder in der Gruppe unterwegs sind auf Freizeitfahrten, Gruppentouren oder Regatten. Das älteste Vereinsmitglied ist noch mit Mitte 80 im Motorboot aktiv, den 80. Geburtstag überschritten hat auch das Ehepaar, das sich regelmäßig mit Paddeltouren fit hält, erzählt Windhorst. Mit den jungen Fröschen sei es aber so eine Sache, sagt Heiko Kierholz, der die Öffentlichkeitsarbeit des Vereins verantwortet. „Der Nachwuchs hat den Wassersport nicht so auf dem Zettel.“ Dabei habe doch gerade die Pandemie gezeigt, wie wertvoll die Bewegung an der frischen Luft und der Aufenthalt in der Natur sei, und hier liege der umweltschonende Urlaub quasi vor der Haustür. „Es ist einfach schön hier. Die Ruhe auf dem Wasser ist Erholung pur“, schwärmt der gebürtige Düsseldorfer, der den Wassersport zu Studentenzeiten für sich entdeckt hat. „Unterwegs gibt es immer so viel zu beobachten. Man sieht die Welt aus einer ganz anderen Perspektive. Und Abenteuer kann man auch hier erleben.“

Info

Wer selbst zum Frosch werden möchte: Nähere Informationen zum Waller Wassersport-Verein und die Kontaktdaten sind im Internet zu finden über die Adresse www.waller-wassersport-verein.de.

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