Walle. „Wie komme ich denn jetzt nach Gröpelingen?“ möchte fast schon verzweifelt eine ältere Dame mit mehreren prall gefüllten Einkaufstaschen wissen, die verloren an der Bushaltestelle am Waller Bahnhof steht. Geduldig erklärt ihr ein Mitarbeiter der Bremer Straßenbahn AG (BSAG) in gelber Warnweste, dass hier vorübergehend keine Busse und Straßenbahnen mehr halten: „Die Straßenbahn 2 und die Busse 20 und 26 halten hier im Moment nicht. Sie können aber den Ersatzbus nehmen, die nächste Haltestelle ist beim Paradice.“
Bis dahin ist es ein strammer Fußweg, der zunächst einmal um die gewaltige Baustelle herum führt. Denn nicht nur Autos, Busse und Straßenbahnen, sondern auch Fußgänger und Radfahrer können die Kreuzung Waller Heerstraße / Waller Ring seit Donnerstag, 4. Juli, nicht mehr passieren. Geduld ist angesagt: Bis 21. Juli bleibt die Kreuzung komplett gesperrt. „Die Vollsperrung ist nötig, weil wir Gleise und Beton komplett rausreißen, das muss alles neu gemacht werden. Gleichzeitig nutzt das Amt für Straßen und Verkehr die Gelegenheit, um Rinnen und Borde am Rand auch neu zu machen. Die Maßnahme ist also besonders umfangreich“, erklärt dazu BSAG-Sprecher Andreas Holling und ergänzt: „Wir wissen, dass der Ersatzbus ab Waller Bahnhof nicht komfortabel ist. Aber wir haben keine Alternative, denn die Gelenkbusse können nur auf Straßen fahren, die breit genug sind.“
Rund um die Baustelle, auf der die Arbeiter Schienen anheben, fräsen und buddeln, sind kleine rote Infotafeln aufgebaut worden. Sie zeigen an, dass hier vorübergehend keine Busse und Bahnen mehr verkehren. Die Straßenbahnlinie 2 endet aktuell an der Haltestelle Doventorsteinweg, wo Fahrgäste in Richtung Gröpelingen in einen Ersatzbus umsteigen können. Eine der um die Kreuzung herum meist gehörten Fragen an diesem Tag lautet wohl: „Wo fährt denn der Bus?“
Und weil viele Leute lieber direkt fragen, als Infotafeln durchzulesen, sind 24 Kollegen der BSAG im Einsatz, um den Suchenden mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Sie weisen den Weg zum Ersatzbus und verteilen Faltblätter, auf denen genau nachzulesen ist, wann und wo in der Bauphase die Busse und Straßenbahnen fahren.
Aber nicht nur manch überraschter BSAG-Kunden braucht an diesem Nachmittag Unterstützung: Beim Waller Bahnhof rauscht aus Richtung Utbremer Kreisel eine nicht enden wollende Fahrzeugkolonne bis an den Baustellenrand heran. Offenbar haben deren Fahrer die Umleitungshinweise am Kreisel übersehen, nicht verstanden oder ignoriert: Sie hätten eigentlich gar nicht in den Osterfeuerberger Ring hineinfahren sollen, sondern stattdessen den „U7“-Hinweisen über B6, Nordwestknoten und Hansestraße zur Hafenrandstraße folgen sollen. Nun ist es zu spät: An der Einfahrt zur Baustelle müssen alle wenden und die Fahrt zurück in Richtung Kreisel fortsetzen. Es trifft an diesem Tag PKW wie LKW – und so bilden sich an der Einfahrt zum Walle-Center am Waller Ring immer wieder lange Autoschlangen.
Manch Fahrer versucht, über den Platz hinter dem ehemaligen Waldau-Theater doch noch zur Gröpelinger Heerstraße zu gelangen: Stoßstange an Stoßstange schiebt sich ein Auto-Tross über die Fläche. Am anderen Ende des Platzes allerdings ist an diesem Nachmittag ein Mann vom Sicherungsdienst im Einsatz. Sein Job: Dafür sorgen, dass keiner die Pfosten rauszieht und über die Travemünder Straße auf die Heerstraße fährt. Auch hier heißt es also: Wenden und zurück in Richtung Utbremer Ring. Der Adrenalinpegel steigt den Motorengeräuschen zufolge bei etlichen Fahrern. Einige wüste Beschimpfungen hat der Pfosten-Bewacher auch schon zu hören bekommen, wie er erzählt.
„Ich versteh’ das nicht. Wenn man hier aufmachen würde, dann kämen wenigstens hier die Autos durch“, sagt Manfred Tacke, der mit dem Rad aus der Langen Reihe herüber gekommen ist und sich das Ganze eine Weile anschaut. „Die Leute wissen doch gar nicht mehr, wo sie fahren sollen.“ Er selbst müsste eigentlich mit dem Auto von der Langen Reihe aus zu einer Arztpraxis im Walle-Center: „Aber da komme ich gar nicht hin.“
Am Vormittag sei der Theaterplatz tatsächlich noch an beiden Seiten offen gewesen, weil Unbekannte die Pfosten herausgezogen hätten, erzählt wiederum der Mitarbeiter des Sicherheitsdienstes: „Aber dann hat ein Anlieger angerufen und sich beschwert, weil die Leute hier mit 60, 70 Sachen über den Platz genagelt sind.“
Jenseits der heiß umkämpften Poller sieht die Lage nicht besser aus: Von der Heerstraße aus Richtung Gröpelingen kommend fallen scharenweise Autos in die Travemünder Straße ein, wo sie den Platz am Waldau-Theater versperrt finden und auch am Eisenbahntunnel von Pollern am Weiterfahren in Richtung Brinkstraße gehindert werden. 24 Schilder weisen Holling zufolge großräumig auf die Sperrung der Kreuzung hin – auch aus Richtung Gröpelingen aber diese werden offenbar häufig übersehen. Deutlich genervt muss deshalb auch hier ein Fahrer nach dem anderen wenden und zurückfahren.
Andere kämpfen sich über die enge Ritter-Raschen-Straße zur Langen Reihe durch, wo innerhalb von zehn Minuten 145 Fahrzeuge über das Kopfsteinpflaster poltern. Viele hätten deutlich mehr als die erlaubten 30 Stundenkilometer drauf, schildert ein Passant: „Man wird hier langsam als Anwohner ein bisschen aggressiv. Das ist echt gefährlich.“
BSAG-Sprecher Holling weiß um die Probleme, hat aber Hoffnung: „Tag eins ist immer speziell und wir hatten auch noch einen Zwischenfall auf der A27, der zusätzlich Verkehr in den Stadtteil gedrückt hat. Erfahrungsgemäß wird es bald besser.“