Gut 80 Seiten stark ist das Papier, durch das sich Bremens Beiräte in den vergangenen Wochen gearbeitet haben, um dazu nun dem Wirtschaftsressort ihre Stellungnahmen zukommen zu lassen: Das Gewerbeentwicklungsprogramm (GEP) 2030 ist der strategische Leitfaden dafür, wie sich die bremische Wirtschaft in den nächsten Jahren weiterentwickeln soll. Noch ist es ein Entwurf; Anfang kommenden Jahres soll die Bürgerschaft das Konzept offiziell beschließen. Simone Geßner, Referatsleiterin für Gewerbe- und Regionalplanung im Wirtschaftsressort, ist derzeit in einem regen Austausch mit der Ortspolitik. Mitte November hat sie das Papier dem Gröpelinger Beirat vorgestellt, Anfang Dezember war sie zu Gast im Fachausschuss Überseestadt, Arbeit und Wirtschaft des Waller Beirats.
Was steht im GEP?
Mit dem GEP sollen die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, Schlüsselbranchen wie den Automobilbau, die maritime Wirtschaft oder die Luft- und Raumfahrt zu stärken und zukunftsorientiert weiterzuentwickeln. Die Grundlage des GEP bilden acht Leitlinien, aus denen 16 Entwicklungsziele definiert wurden, die jeweils konkrete Handlungsstrategien beinhalten. "Wir sehen Bremen weiterhin als produktive wachsende Stadt“, zitiert Geßner Leitlinie Nummer eins. Weitere Punkte sind Nachhaltigkeit und Klimaschutz, eine aktive Liegenschaftspolitik oder die integrierte Stadtentwicklung und der Erhalt des Handwerks. Denn, so Geßner: „Das Handwerk ist wichtig. Wie wir feststellen, wird es zunehmend aus der Stadt verdrängt. Es ist aber maßgeblicher Teil einer Stadt der kurzen Wege.“
Was ist für Gewerbegebiete geplant?
Eines der 16 im GEP genannten Ziele ist die Weiterentwicklung der bestehenden Gewerbegebiete – im Westen sind dies das Gewerbegebiet Riedemannstraße/Reiherstraße in Oslebshausen sowie die Gewerbegebiete Bayernstraße und Utbremen in Walle. Geßner hofft, dass das Gewerbegebietsmanagement, das die Wirtschaftsförderung Bremen (WFB) 2020 als Pilotprojekt in vier Gebieten auf den Weg gebracht hat – darunter Riedemannstraße/Reiherstraße und Utbremen – verstetigt auf weitere Gebiete übertragen werden kann.
Weiterentwickeln – damit sei vor allem eine qualitative Weiterentwicklung gemeint und nicht, dass etwa das Gewerbegebiet Bayernstraße räumlich erweitert werden soll, unterstrich Geßner dabei auf eine Nachfrage aus dem Publikum im Ortsamt. Als eine konkrete Verbesserung, die im Gewerbegebiet Utbremen erreicht wurde, führt sie die Umwandlung der Kohlenstraße in eine Einbahnstraße an. Ein besonderes Pilotprojekt zur Bestandsentwicklung in Oslebshausen ist wiederum der Klimawaldpark, der zwischen dem Gewerbegebiet und der Wohnanlage Wohlers Eichen angelegt wird und in dem zukünftig Anwohner wie Beschäftigte spazieren gehen oder ihre Mittagspause verbringen können.
Welche Rolle spielt der Autobahn-Ringschluss?
Auch die Industriehäfen oder der Bremer Industriepark (BIP) an der Schnittstelle Grambke/Industriehäfen als robuste Gewerbe- und Industriestandorte sollen laut GEP gesichert werden; die sechste Baustufe des BIP als nachhaltiges Industriegebiet ist geplant. Mit dem „Zukunftsband“ A281 nach der Fertigstellung des Wesertunnels werden außerdem Industriepark, Industriehäfen, Neustädter Hafen und GVZ zukünftig eng vernetzt, wodurch sie nach Auffassung des Wirtschaftsressorts stärker als ein gemeinsamer Wirtschaftsstandort wahrnehmbar werden. Einen Wunsch hatte bei der Vorstellung des GEP in Gröpelingen Bernd Brejla, Sprecher der Linksfraktion, Geßner dazu mit auf den Weg gegeben: „Dass Sie auch die Menschen mitnehmen, die hier wohnen. Und nicht nur an die Unternehmen denken.“
Was meint „urbane Produktion“?
Ein weiteres Ziel, das im GEP genannt wird: In verschiedenen Quartieren soll die urbane Produktion und eine Nutzungsmischung ermöglicht und nachhaltig entwickelt werden. Solch ein Quartiere gibt es in Walle zum Beispiel zwischen Schulze-Delitzsch-Straße, Nordstraße, Hansestraße und Steffensweg, wo in den kleinen Wohnstraßen traditionell auch etliche kleine Handwerks- und Gewerbebetriebe ansässig sind. Als Beispiel für urbane Produktion und urbane Landwirtschaft nennt Geßner außerdem die Union-Brauerei mitten in Osterfeuerberg und die Gemüsewerft in der Überseestadt. Karsten Seidel von der Waller Grünen-Fraktion möchte zu diesem Aspekt Walle als Stadtteil für ein entsprechendes Pilotprojekt ins Spiel bringen.
Wie geht es mit der Überseestadt weiter?
Eines der größten in Geßners Ressort verwalteten Projekte ist die Überseestadt, die ebenfalls weiterentwickelt wird. Gerade wurden dort zum Beispiel in Beteiligungsverfahren Ideen zur Optimierung der Grünanlagen „Hilde“ (Hilde-Adolf-Park) und „Franz“ (Franz-Pieper-Karree) gesammelt. Außerdem wird unter anderem an der Hafenstraße ein neuer Platz gestaltet und an der Straße Am Kaffee-Quartier entsteht Wohnraum.
2023 soll außerdem gemeinsam mit den Wallern zwischen Herzogin-Cecilie-Allee und Eduard-Suling-Allee/Am Holzhafen die „Hafenkante Nord“ entwickelt werden – ein „besonders attraktives Gewerbegebiet“ im Übergangsbereich zwischen der Wohnbebauung an der Weser und dem Industriebereich am Holz- und Fabrikenhafen. Aktuell wird Geßner zufolge eine Machbarkeitsstudie dazu erstellt, ob dabei der Erhalt von Schuppen 17 möglich wäre.
Mehrere Waller hatten zu diesem Gebiet vor einigen Jahren den Wunsch formuliert, den Grünstreifen zu erhalten, der sich an der alten Kaimauer des ehemaligen Überseehafens vor Schuppen 17 entwickelt hat. Diese Anregung wird Geßner zufolge bei der Entwicklung des Areals mitbetrachtet – schließlich bräuchten auch Gewerbestandorte Grünflächen, um attraktiv zu sein.