Die „Welt der Steine“ kommt wieder ins Kulturhaus Walle. Am Wochenende vom 4. und 5. März zeigen Sammler und Wissenschaftler Antiquitäten aus Jahrmillionen. Kenner der Materie werden beeindruckt sein. Sie haben die Gelegenheit, vor Ort mit echten Experten über Fossilien, Mineralien und die Weltgeschichte zu fachsimpeln. Doch es sind vor allem interessierte Laien aller Generationen, auf die sich die Organisatoren freuen.
Es hätte schon die vierte Ausstellung ihrer Art sein können – allerdings hatte kurz nach der noch unbekümmert gut besuchten Premiere im Frühjahr 2020 die Pandemie solchen Plänen einen Strich durch die Rechnung gemacht. Doch nun gibt es ein Wiedersehen mit Stars der Bremer Urgeschichte. Angekündigt ist zum Beispiel „Stinti“. Der gut erhaltene Unterkiefer eines ausgewachsenen Mammuts, das vor rund 39.000 Jahren irgendwo im Bremer Umland gegrast hatte, ging im Februar 2006 einem Vegesacker Stint-Fischer ins Netz. „Stinti“ machte überregional Schlagzeilen, landete in der Sammlung der geowissenschaftlichen Fakultät der Universität Bremen, und gibt der Wissenschaft nach wie vor Rätsel auf. Eine nicht minder spektakuläre Entdeckung war Bauarbeitern gelungen, die Ende des 19. Jahrhunderts die Fundamente der Eisenbahnbrücke über die Weser tiefer legten: Sie gruben den Schädel eines ausgewachsenen Wollnashorns aus. Das pelzige Rhinozeros mit einem Gewicht von bis zu drei Tonnen hatte sich über eine gute halbe Million Jahre fast auf dem gesamten eurasischen Kontinent verbreitet – bis ihm der Klimawandel den Garaus machte.
Vorträge zu Fossilien
Auf die Größe kommt es in der Urzeitforschung indes gar nicht an. Besonders stolz ist die Bremer Geowissenschaftliche Sammlung auf eine winzige Zecke. Das Insekt fand sein Ende vor rund 50 Millionen Jahren in einem Tropfen Baumharz, und ist als perfekt polierte „Bernsteinzecke“ für die Nachwelt erhalten. Sie allerdings „wird zu Hause bleiben“, erklärt Jens Lehmann. „Sie ist einfach zu klein.“ Der renommierte Paläontologe ist der Leiter der Bremer Geowissenschaftlichen Sammlung, die im Laufe der vergangenen 300 Jahre auf rund 300.000 Objekte gewachsen ist.

Die “Welt der Steine” wurde vom Förderkreis der Geowissenschaftlichen Sammlung der Universität Bremen organisiert. Martin Krogmann (v.l.), Präparator im Geowissenschaftlichen Institut sowie Jürgen Reinhardt, Werner Liebenberg, Arnim von Gleich aus dem Vereinsvorstand.
Der Wissenschaftler, dem selbst einzigartige Funde gelangen, und nach dem sogar eine eigene Fossiliengattung benannt wurde, liegt viel daran, auch die fachfremde Öffentlichkeit mit Begeisterung für die Materie anzustecken. In vier Vorträgen am Sonnabend und Sonntag wird er unter anderem erklären, wie Fossilien entstehen, wo man nach ihnen sucht, und mit welchen Methoden sie datiert werden. Martin Krogmann, seit mehr als 20 Jahren Präparator in der Geowissenschaftlichen Sammlung, kann erklären, wie er in seiner Werkstatt mit Knochen, Fossilien und Mineralien arbeitet.
Vereinsvorstand stellt aus
Neugier und Interesse wecken, mit einem Programm, das viele Zielgruppen ansprechen soll: Das ist auch das Motiv des Fördervereins „Freunde der Geowissenschaftlichen Sammlung der Universität Bremen“, der gemeinsam mit dem Geowissenschaftlichen Institut die zweitägige Ausstellung im Brodelpott organisiert hat. Die jüngsten Gäste können zum Beispiel bei einem Dino-Puzzle oder beim Saurier-Raten mitmachen, in der „Sandkiste“ von Alan Marsh fossile Haizähne fischen, oder sich unter Ludwig Kopps Mikroskop genauer anschauen, welche Tierchen sich in seinen Bernsteinen verstecken.
Der Bremer Archäo-Zoologe Hans Christian Küchelmann bringt aus seiner Werkstatt in der Überseestadt Schnitzereien aus urzeitlichen Tierknochen mit. Wer selbst ein solch urzeitliches Stück besitzen möchte, muss nicht lange suchen: Verarbeitet zu dekorativen Schau- oder Schmuckstücken wird einiges davon auch zu erschwinglichen Preisen abgegeben. Bei einer Tombola werden Fossilien, Mineralien und Bücher verlost. Das Brodelpott-Café serviert Kaffee und Kuchen.
Sämtliche Aussteller werden nur allzu gerne erklären, wann und wo sie ihre Trilobiten, Ammoniten oder Haizähne gefunden haben. Unter den Ausstellern sind auch Mitglieder des Vereinsvorstands. Das Waller Sammler-Paar Cecilie Eckler-von Gleich und Arnim von Gleich war in den vergangenen Monaten viel in Andalusien unterwegs und hat bei seinen Expeditionen kleine Wunderwerke der Natur gefunden.
Jürgen Reinhardt zeigt unter anderem einen prächtigen Ammoniten-Riesen, den er mit den eigenen Händen ausgegraben hat. „Wir sind schon die Nerds mit den Steinen“, sagt der Findorffer. „Allerdings ist die Paläontologie eine der wenigen Wissenschaften, in der Laien ernst genommen werden. Schließlich haben sie immer wieder mit ihren Funden zur Forschung beigetragen, und manche haben sich in ihren Spezialgebieten eine Expertise angeeignet, vor der selbst Wissenschaftler die Hüte ziehen.“ Das Zusammentreffen zahlreicher Spezialisten unter einem Dach können die Gäste der Ausstellung als gute Gelegenheit nutzen, eigene Fundstücke zum Bestimmungsservice mitzubringen, rät Vereinsvorstand Werner Liebenberg. „Es wird sich hier garantiert jemand finden lassen, der dazu etwas sagen kann.“