- Worum geht es?
- Was ist der Status Quo?
- Gibt es Konflikte?
- Was sagen die Bewohner dazu?
- Wie geht es nun weiter?
- Was sagen Ortsamt und Beirat?
Vor fast sechs Jahren besetzte eine kunterbunte Karawane von Menschen mit Kleinbussen, Anhängern, Bau- und Wohnwagen ein Grundstück am Hagenweg, um dort ihre Vorstellungen von einer selbstverwalteten und solidarischen WG auf Rädern zu verwirklichen. Die Stadt beschloss: Lasst die jungen Leute doch einfach mal machen, und auch der Waller Beirat sagte mehrheitlich sein Wohlwollen zu. Doch noch immer ist das Wohnprojekt „Ölhafen“ ein Provisorium ohne gesicherte rechtliche Grundlage, und noch immer fragen sich benachbarte Parzellisten, warum dort erlaubt ist, was direkt nebenan nicht sein darf. Der Vertreter der Senatorin für Bau, Mobilität und Stadtentwicklung bekam im Rahmen der Waller Beiratssitzung die Ungeduld zu hören. Auf viele Fragen gab es noch keine Antworten.
Worum geht es?
Das rund 0,8 Hektar große Grundstück befindet sich in einem Kleingartengebiet am Rand des Naherholungsgebiets „Grüner Bremer Westen“. Dauerhaftes Wohnen ist dort prinzipiell nicht gestattet. Der Waller Beirat hatte sich zunächst gegen die Besetzung gesträubt, verständigte sich Anfang 2019 aber auf einen Beschluss, der die Unterstützung der alternativen Wohnform zusagte. Auch die damalige Bausenatorin Maike Schaefer hatte sich für eine Legalisierung ausgesprochen. Zu diesem Zweck müssten rechtskonforme Voraussetzungen geschaffen werden. Ein Runder Tisch wurde ins Leben gerufen, der nach Auskunft von Arend Bewernitz, Leiter der Abteilung Stadtplanung und Bauordnung im Bauressort, mehrfach aber zuletzt Mitte 2021 tagte.
Was ist der Status Quo?
Laut Bewernitz befindet sich die Ölhafen-Initiative rechtlich noch immer unterhalb des Status der Duldung. Er rechne aber mit dem Aufstellungsbeschluss für ein Bauleitverfahren im ersten Quartal 2025. Üblicherweise dauere das Verfahren eineinhalb bis zwei Jahre. In diesem Falle handele es sich allerdings um einen „komplexeren“ Prozess: Das Baurecht sehe eine solche Wohnform nicht vor, und in ganz Deutschland gebe es nur wenige vergleichbare Beispiele, die planungsrechtlich abgesichert seien. Eine pragmatische Lösung wäre es, das Areal als „Sondernutzungsgebiet“ auszuweisen. Ob das Bauleitverfahren erfolgreich abgeschlossen werden könne, sei noch nicht abzusehen, sagte der Behördenvertreter.
Gibt es Konflikte?
Der Beiratsfraktion Bündnis Deutschland (BD) käme ein Scheitern zupass, der Partei ist die „illegale Besetzung“ ein Dorn im Auge. Fraktionssprecherin Tanja Häfker berichtete von „zahlreichen Beschwerden“ aus der Nachbarschaft und behauptete: „Es brodelt gewaltig.“ Nicht vermittelbar sei zudem, warum in anderen Parzellen das Aufstellen eines Wohnwagens verboten und auch die zulässige Höhe der Zäune begrenzt sei, während sich die Ölhafenbewohner mit einem Zaun von 2,50 Metern verbarrikadierten. Im März dieses Jahres hatte die BD-Bürgerschaftsfraktion dem Senat eine umfangreiche Liste vorgelegt, in der unter anderem nach ordnungswidrigen Nutzungen und aktenkundigen Delikten aus dem Kreis des Bauwagenplatzes gefragt wurde. Polizei und Staatsanwaltschaft seien in diesem Zusammenhang keine Straftaten bekannt, hieß es. Eine Ortsbegehung habe keine Hinweise auf eine Nutzung als Schrottplatz oder Pkw-Werkstatt ergeben, ergänzte Bewerentz auf Nachfrage.
Was sagen die Bewohner dazu?
Viele Gerüchte entstünden, wenn man nicht den direkten Kontakt zueinander suche, erklärte ein Vereinssprecher. Mit vielen benachbarten Kleingärtnern habe sich inzwischen ein guter, mitunter sogar freundschaftlicher Kontakt entwickelt. „Wir wissen, dass nicht alle mit uns zu tun haben wollen“, so der junge Mann. „Aber dafür können wir nichts.“ Der Zaun sei notwendig geworden, nachdem das Areal wiederholt attackiert worden sei. „Wir holen bei rechten Strukturen etwas hervor, was schon vorher existierte“, vermutete der Vereinssprecher. „Wir sind nur schuld daran, dass Neonazis sichtbarer werden.“
Wie geht es nun weiter?
Im Rahmen einer Bürgerschaftsdebatte habe der Senat kürzlich bekräftigt, dass er weiterhin hinter dieser Wohn- und Lebensform stehe, so Bewerentz. Mit dem Verein habe man sich auf eine Liste von „Minimalkriterien“ zur Gefahrenabwehr verständigt, die die Bewohner mittlerweile weitgehend erfüllt hätten. Dazu zählten die Entsorgung von Abwasser und Müll sowie der Brandschutz. Die Zusammenarbeit zwischen Behörde und Verein sei konstruktiv, bestätigten beide Seiten. Die Bauordnung plädiere für ein „Nichteinschreiten“ so lange, bis Baurecht für eine langfristige Perspektive geschaffen sei, so Bewernitz.
Was sagen Ortsamt und Beirat?
Unverständnis wurde in Beirat und Publikum über die Dauer des Verfahrens geäußert. Beiratsmitglied Jörg Tapking (Linke) wandte ein, dass man in vielen wichtigen Fragen ein gutes Stück vorangekommen sei. Es sei nach wie vor wichtig und richtig, Lösungen für die berechtigten Anliegen der Kleingärtner zu finden, betonte Sebastian Schmugler (SPD). Dazu zähle vor allem die Frage der Wasserversorgung und der Umgang mit den Kaisenhäusern. Der Waller Quartiersausschuss werde sich damit befassen, hieß es. „Beirat und Bürger haben ein großes Interesse daran, dass ein Zustand geschaffen wird, der auf rechtlich sicheren Füßen steht“, hatte Ortsamtsleiterin Cornelia Wiedemeyer eingangs gemahnt. Und es sei den Kleingärtnern „nicht vermittelbar, dass mit zweierlei Maß gemessen wird“.