Eine Schallplattenbörse habe es in Bremen schon viel zu lange nicht mehr gegeben. So dachten es sich Roberta Menéndez und Henning Bosse, und sie machten sich auf, das zu ändern. Darum lädt das Kulturhaus Walle (Brodelpott) nun für Sonntag, 4. Juni, zu seiner ersten Plattenbörse ein.
Die Standplätze waren im Nu vergeben. An insgesamt 50 Tischmetern können Musikfans auf die Suche nach Schätzen gehen, die sie immer schon gerne hören und besitzen wollten, mit Gleichgesinnten schnacken und fachsimpeln. Auch CDs, Musikkassetten, T-Shirts, Bücher, Poster und andere Memorabilien dürfen von den ausschließlich privaten Verkäuferinnen und Verkäufern feilgeboten werden – solange sie sich um Musik und Bands drehen. Der Eintritt ist frei, ein genussvoller Nachmittag versprochen.
Brodelpott-Café ist geöffnet
Einen „Sonntagnachmittag für Musikbegeisterte“ kündigt das Kulturhaus an. Das Brodelpott-Café wird dafür geöffnet und Kaffee, Kuchen und Snacks anbieten. Auf der Bühne werden Platten aufgelegt. Die Organisatoren gehen von viel Interesse aus der ganzen Stadt aus. Denn die gute alte Schallplatte ist durchaus nicht von Gestern – und auch nicht ihre Liebhaberinnen und Liebhaber. „Vinyl boomt auch bei der jungen Generation“, weiß der Waller Unternehmer und Bandmusiker Henning Bosse. „Viele Leute ärgern sich jetzt, dass sie vor Jahren ihre Plattensammlungen abgestoßen haben.“ Für echte Musikliebhaber gab es dagegen keinerlei Trennungsgrund, erklärt der 51-Jährige: „Sie lieben das Haptische einer Vinyl-Schallplatte und den warmen, bauchigeren Klang. Dagegen klingt eine CD seelenlos.“
Nach Angaben des Bundesverbands Musikindustrie (BVM) drehen sich in Deutschland immerhin noch neun Millionen Plattenspieler regelmäßig. Dabei schien spätestens Ende der 1980er-Jahre das letzte Stündlein für den Vinyl-Tonträger zu schlagen: Die Compact-Disc kam auf den Markt und verdrängte die schwarzen Scheiben. Auch die CD spielt heute keine dominante Rolle mehr. Doch parallel zum Aufstieg des Audio-Streamings geschah etwas Unerwartetes: Die Schallplatte als Medium zum Hören, Anschauen und Anfassen wurde wiederentdeckt.
Marktanteil der Vinylplatte steigt
Seit 2007 wächst der Marktanteil der Vinylplatte langsam und stetig. Nach Angaben des BVM hat sich der jährliche Vinyl-Umsatz seit 2001 fast verzehnfacht und hält aktuell einen Marktanteil von sechs Prozent. Einen auffälligen Wachstumsschub erlebte die deutsche Musikbranche im Jahr 2021, als der Vinyl-Umsatz im Vergleich zum Vorjahr um 20 Prozent stieg.
Dass das „Vinyl-Revival“ nicht nur die Generation erfasst hat, die mit der LP aufgewachsen ist, zeigt die Tatsache, dass junge Stars wie Adele und Harry Styles ihre neuen Alben mittlerweile ganz selbstverständlich auch auf Vinyl veröffentlichen. Im vergangenen Jahr verkaufte die US-amerikanische Sängerin Taylor Swift mehr LPs als CDs ihres aktuellen Albums „Midnight“. Bei den 20- bis 39-Jährigen steht die Vinyl-LP hoch im Kurs und hat einen „recht hohen Coolness-Faktor“, wie es eine Marktstudie im Auftrag des BVM formuliert. Für sie seien Vinyl-Alben „Ausdruck der Liebe zur Musik und eines authentischen Lifestyles“. Zwangsläufig stieg damit auch das Interesse am Second-Hand-Markt – an Schallplatten, die man nirgendwo mehr neu kaufen kann.
Freier Eintritt
Bis vor einigen Jahren hatte es auch in Walle noch mehrere Plattenbörsen gegeben, erzählt Bosse. „Ich fand es immer sehr schön, dort mit anderen Musikfans ins Gespräch zu kommen.“ Offene Türen für seine Idee rannte er bei Kulturhaus-Geschäftsführerin Roberta Menéndez ein. Sie sagt: Sollte die erste Plattenbörse des Hauses so gut angenommen werden wie erhofft, dann wird es bestimmt nicht die letzte sein.
Die Plattenbörse im Kulturhaus Walle, Schleswiger Straße 4, läuft am Sonntag, 4. Juni, von 11 bis 17 Uhr. Der Eintritt ist frei. Nähere Informationen: www.kulturhauswalle.de.