Wie man Städtebau, Naherholung und den durch den Klimawandel immer notwendigeren Hochwasserschutz unter einen Hut bringt, das ist ab sofort am Wendebecken am Rande der Überseestadt zu bestaunen: Am Mittwoch ist dort der neue Strandpark „Waller Sand“ offiziell eröffnet worden.
Er gilt als europaweites Vorzeigeprojekt. Hier können die Bremer nun picknicken, den Blick zum Molenturm schweifen lassen, sich ans nahe Meer erinnern und die Silhouette von Waterfront, Getreideverkehrsanlage, BLG-Kühlhaus und Holz- und Fabrikenhafen bestaunen. Mit dem Bau des Stadtstrandes ist der Hochwasserschutz im Bereich des Wendebeckens um 50 Zentimeter auf nunmehr 8,40 Meter erhöht worden.
Dass Bremen diesen neuen Freizeitort hinzubekommen hat, hängt tatsächlich sogar unmittelbar mit dem Hochwasserschutz zusammen. „Hätten wir nur Mittel aus dem Generalplan Küstenschutz zur Verfügung gehabt, dann wäre hier jetzt eine Spundwand“, sagte Umweltsenator Joachim Lohse (Grüne), dessen Haus das Projekt gemeinsam mit dem Ressort von Wirtschaftssenator Martin Günthner (SPD) umgesetzt hat.
Glücklicherweise, so Lohse, sei vor fünf Jahren die damalige Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) in Bremen zu Besuch gewesen und habe das Programm „Nationale Projekte des Städtebaus“ um das Thema Hochwasserschutz erweitert. Dies war der erste Impuls, aus dem sich allmählich eine Idee zur Neugestaltung des Areals herauskristallisierte:
Im Frühjahr 2015 machte erstmals der Begriff der „Weichen Kante“ die Runde. Grün und sandig statt stählern und steinig sollte der Bereich am Wendebecken werden und den Menschen mehr Zugang zum Fluss ermöglichen.
Ein weiteres Plus: Die Stadt hatte die Chance, einen Großteil der 9,8 Millionen Euro teuren Neugestaltung aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (Efre) und über Bundesmittel zu finanzieren. Am Ende ist das Projekt dennoch teurer geworden als zunächst gedacht: Im März wurde bekannt, dass die Kosten für das Projekt gut 1,1 Millionen Euro über den ursprünglichen Kalkulationen liegen. Im April 2015 wurde das Projekt für das Programm Nationale Projekte des Städtebaus angemeldet, rund zwei Jahre später wurde losgebuddelt.
Doch zuvor war dabei noch einmal die Diskussion um das Miteinander von Wohnen und Industrie in der Überseestadt aufgeflammt: Die Initiative Stadtbremische Häfen (ISH) reichte im Juli 2015 zusammen mit der J. Müller AG als Betreiber der Getreideverkehrsanlage eine Klage gegen mögliche gastronomische Angebote am neuen Stadtstrand beim Verwaltungsgericht ein. Die Hafenwirtschaft befürchtete, dass sich Besucher von Kiosken oder fest installierten Imbissen an Gerüchen oder Geräuschen stören könnten. Man einigte sich schließlich darauf, direkt im Uferbereich keine Gastronomie zuzulassen.
Nun ist alles fertig: Von der Deichkrone an der Kommodore-Ziegenbein-Allee aus führen Holzbohlenwege zum Uferweg am Wasser, für Kinder gibt es Wasserspiele und Netze laden zum Beachvolleyball ein. Die Größe des neuen Strandparks entspricht etwa der Fläche von drei Fußballfeldern. Insgesamt sind seit August 2017 etwa 175 000 Kubikmeter Sand aufgeschüttet worden. Ein exakt berechneter Neigungswinkel sowie eine neue Steinschüttung verhindern, dass das Wasser den Sand wieder wegschwemmen kann.
Neuer Freizeit- und Naherholungsort
„Der Sand muss sich noch setzen. Deswegen werden die letzten Bänke und Wege erst 2020 kommen“, sagte Andreas Heyer, Vorsitzender der Geschäftsführung der Wirtschaftsförderung Bremen (WFB). Insbesondere ist der neue Freizeit- und Naherholungsort für die Menschen in Walle und Gröpelingen gedacht. „Wir haben es geschafft, dass von Mai bis September an den Wochenenden hier eine Fähre fährt. Es wäre toll, wenn der Betrieb verstetigt werden könnte“, sagte Ulrike Pala, die das Ortsamt West leitet.
Für alle Besucher, egal woher, gilt dabei aber: Auch wenn es sich viele im Vorfeld gewünscht hatten – das Schwimmen ist wegen des Schiffsverkehrs im Wendebecken am Waller Sand definitiv nicht erlaubt.
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