- Was ist das Besondere am Team?
- Was hat die Überseewiese mit der Überseekirche zu tun?
- Welche Aktivitäten gab es 2021?
- Was hat Corona verändert?
- Und wie geht es weiter?
In der Ladenzeile zwischen der Bäckerei Rolf und dem Kinderhaus Hafen ist seit November 2019 auch die Überseekirche zu finden. Das ökumenische Projekt im Erdgeschoss der Wohnanlage „Hafenpassage“ an der Konsul-Smidt-Straße 33 bietet „Programm, Begegnungen und Beratung für Menschen mit oder ohne Religionszugehörigkeit“ und möchte die Überseestadt mit Leben füllen und ihr „eine Seele geben“. Träger sind die Bremische Evangelische Kirche (BEK) und der Katholische Gemeindeverband in Zusammenarbeit mit dem Evangelischen Gemeindeverbund Immanuel & Walle und vielen anderen Kooperationspartnern.
Was ist das Besondere am Team?
Das Besondere an der Überseekirche: Zum Team gehört neben Koordinatorin Danielle Balmer, Pastorin Sophia Fürst und Pastor Gunnar Held und FÖJler Patrick Schalthöfer auch eine Kraft, die speziell für das Quartiersmanagement verantwortlich ist. Die BEK hat für diese Stelle eigens ergänzende Drittmittel eingeworben. „Die Idee war, als Kirche auch andere Ausdrucksformen auszuprobieren“, sagt Sozialwissenschaftlerin Brenda Berning, die ich seit September im Auftrag der Überseekirche als Quartiersmanagerin um die vordere Überseestadt kümmert. „Ich sehe meine Aufgabe darin, ein Netzwerk zu entwickeln und zu pflegen, Bedarfe zu sammeln und weiterzutragen und Kontakte zwischen unterschiedlichen Nutzergruppen zu fördern“, sagt die gebürtige Ostwestfälin, die seit mehr als zehn Jahren in Bremen lebt, sich schon lange mit sozialer Stadtentwicklung und Quartiersentwicklung beschäftigt und auch bereits in diesem Bereich gearbeitet hat. „Die Überseestadt ist stadtentwicklungsmäßig sehr interessant“, findet die 34-Jährige, die unterstreicht: „Was mich insbesondere an der Stelle gereizt hat, war die Stadtteilarbeit.“
Was hat die Überseewiese mit der Überseekirche zu tun?
Ein Tätigkeitsschwerpunkt der Quartiersmanagerin ist die Überseewiese: Berning koordiniert die Zwischennutzung und Aktivitäten auf der 11.000 Quadratmeter großen Brachfläche gleich vis-à-vis der Überseekirche. Dass das Areal seit dem Sommer 2020 als temporärer Quartiersplatz genutzt werden kann, ist der Gewoba zu verdanken, die die Fläche auf Anregung der Überseekirche bis Herbst 2023 für die Allgemeinheit von der Wirtschaftsförderung Bremen (WFB) gepachtet hat. Daran geknüpft war, dass sich jemand um das Miteinander der Menschen dort kümmert. Berning: „Die Fläche wird von Anwohnern, Familien, Unternehmern und Arbeitnehmern genutzt. Das ist wirklich faszinierend – die Frage ist dabei aber, wie man diese Gruppen miteinander in Kontakt bringt und ob sie das überhaupt wollen.“ Das Thema Freiflächen spiele in der Überseestadt eine große Rolle, so die Sozialwissenschaftlerin. Denn während es für Jugendliche immerhin den Skatepark gebe, seien die Angebote für Kinder vor Ort rar: „Das Franz-Pieper-Karree wird kaum als Freifläche wahrgenommen.“
Welche Aktivitäten gab es 2021?
Trotz Corona war es 2021 rund um die Überseekirche recht lebendig. Seit dem Frühjahr gibt es auf der Überseewiese eine Tischtennisplatte, ein Volleyballfeld, eine Boulebahn und Hügel zum BMX-Rad-Fahren. Anfang November wurde ein Labyrinth aus Steinen angelegt: Der lange verschlungene Weg lädt dazu ein, beim Gehen die Gedanken schweifen zu lassen – eine beeindruckende Erfahrung, wie von einigen zu hören ist, die es ausprobiert haben. Das Team konnte während der Pandemie außerdem nicht nur die Öffnungszeiten in der Überseekirche aufrecht erhalten und weiter zum monatlichen Gottesdienst „Übersee Prayer“ einladen, sondern hat auch noch verschiedene neue Angebote erfunden. Etwa die „Überseekirche to go“. Gunnar Held: „Dabei sind wir mit Bollerwagen und Beach Flag durch den Ortsteil gezogen und haben 'kompetent Leute angequatscht'.“ Oder auch die „Geh-Spräche“, bei denen sich jeweils zwei Menschen auf einem gemeinsamen Spaziergang über ein bestimmtes Motto austauschen. „Erstaunlich war“, so der Waller Pastor, „dass dieses Angebot ausschließlich von Leuten von außerhalb der Überseestadt wahrgenommen worden ist.“ Als Reaktion auf anonyme Hassbotschaften rief die Überseekirche außerdem dazu auf, „Liebesgrüße“ an die Nachbarschaft zu verfassen, die sie in ihrem Schaufenster ausstellte.
Ein echtes kulturelles Highlight war Held zufolge das „Gong-Konzert“, zu dem Ende gut 70 Besucherinnen und Besucher auf die Überseewiese kamen. Im November beteiligte sich die Überseekirche an der Aktion Kunsthafen Walle und lud zu Treffen an der Feuerschale ein. Im Dezember wurden draußen Weihnachtslieder gesungen und es gab beim Hafen-Advent Waffeln, Glühwein und Nikolaus. Eine für Alleinstehende am 24. Dezember geplante Weihnachtsfeier musste pandemiebedingt leider ausfallen, bedauert Held: "Dafür war der Raum zu klein.“
Im Oktober war der Landessportbund mit seinem Sport-Mobil auf der Überseewiese und zu Ostern und im Sommer stellte das Team Ferienprogramme für Kinder auf die Beine. Ostern hätten leider nur zehn Kinder mitgemacht, so Held: „Aber das Sommerferienprogramm ist gut angekommen, da waren etwa 30 Kinder dabei.“
Was hat Corona verändert?
Er habe bei vielen Menschen eine große Verunsicherung durch Corona wahrgenommen, sagt Pastor Gunnar Held: „Die Pandemie hat gezeigt, dass wir nicht alles im Leben im Griff haben. Und es gibt auch Verunsicherung, was mit Veranstaltungen ist.“ Der Bedarf an Gesprächen und Begleitung sei groß. Das Paradoxe daran: „Die Menschen kommen nicht von alleine auf uns zu. Wenn wir sie dann aber ansprechen, ergeben sich oft lange und intensive Gespräche.“ Held ist überzeugt: „Die größten Leidtragenden der Pandemie sind Kinder und Jugendliche und alle, die alleine leben und nicht oder nicht mehr arbeiten.“
Und wie geht es weiter?
Aktuell baut das Team ein neues Nachmittags-Angebot für Kinder im Grundschulalter auf und auch ein regelmäßiger Familien-Treff ist im Entstehen. Und die Überseewiese? „Wir sind der festen Überzeugung, dass sie für die Menschen erhalten werden muss“, sagt Held: „Denn das ist die letzte große unbebaute Fläche in der Überseestadt.“