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Naturoasen im Ortsteil Hohweg Wie der Brombeer-Dschungel in Walle zum Waldgarten werden soll

Ein verwildertes Grundstück und eine ehemalige Pferdeweide werden zu Waldgärten umgestaltet. Ein Umweltprojekt in Walle nimmt Formen an und schafft neue Lebensräume.
25.03.2024, 05:00 Uhr
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Von Anke Velten
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Am Anfang stand die Lust zu gärtnern. Doch aus dieser Idee ist etwas viel Größeres entstanden. In Walle haben sich Menschen zusammengefunden, die zurzeit dabei sind, zwei große Waldgärten anzulegen. Hier sollen Naturoasen für Pflanzen, Tiere und Stadtmenschen geschaffen werden. Nach monatelangen Planungen, dem Austausch mit Fachleuten und Wissenschaftlern und gründlicher theoretischer und praktischer Vorbereitung kann das Projekt nun fruchtbare Formen annehmen. Vor wenigen Tagen wurden die ersten Obstbäume eingepflanzt. Was man für ein solches Vorhaben benötigt, sind viel Idealismus, viel aktives Engagement, möglichst viel Unterstützung und vor allem viel Geduld. „Gras wächst ja auch nicht schneller, wenn man daran zieht“, weiß Martin Mauritz aus dem Kreis der Initiatoren.

Wo befinden sich denn die Waller Waldgärten?

Der erste große Waller Waldgarten entsteht am Pirolweg zwischen Hohweg und Waller Damm. Entdeckt wurde das 5000 Quadratmeter große und völlig verwilderte Grundstück vor etwa vier Jahren auf einem Spaziergang durch das Kleingartengebiet. Offensichtlich hatte das ehemalige Bauernland jahrzehntelang brachgelegen. „Die Brombeeren waren so hoch, dass man nur die Baumspitzen sah“, erklärt Mauritz. Das zweite Grundstück ist eine ehemalige Pferdeweide am Hagenweg zwischen Georginen- und Chrysanthemenweg.

Was ist ein Waldgarten überhaupt?

Unter einem Waldgarten versteht man eine Gartenanlage, die ein natürliches Waldökosystem imitiert. Im Unterschied zu einem Naturwald wird ein städtischer Waldgarten auf der Basis von Bäumen, mehrjährigen Sträuchern und Bodendeckern angelegt, die essbare Früchte liefern: Nuss- und Obstbäume, Beerensträucher, mehrjähriges Gemüse und Kräuter. Als einer der Pioniere des Konzepts gilt der britische Gartenbauer Robert Hart (1913-2000), der verschiedene Arten des ökologischen Pflanzenanbaus untersuchte und in den 1980er-Jahren ein Modell vorstellte, das die Vegetationsschichten eines Waldes nachahmt. Hart brachte auch die Idee ins Spiel, städtische Brachen in
„Forest Gardens“ umzuwandeln.

Was sind die Besonderheiten?

„Uns geht es vor allem um die Biodiversität“, erklärt der Biologielehrer. „Der Rückgang der Biomasse an Insekten und damit der Nahrungsquelle für Vögel und Amphibien ist alarmierend. Wir müssen daher die Landschaft anders gestalten.“ Durch seine Artenvielfalt sei ein Waldgarten zudem widerstandsfähiger gegenüber Klimaextremen und einseitigem Schädlingsbefall. Nach den anfänglichen Pflanzungen darf sich das Ökosystem weitgehend ungestört von menschlichen Eingriffen entwickeln. Blätter und Äste werden als Mulchmaterial verwendet. Mit der Zeit bildet sich daraus eine natürliche Humusschicht, die Regenwasser gut speichern kann. Und nicht zuletzt werde der Garten auch soziale Funktionen erfüllen, erklärt Mauritz: Die Arbeit in der Natur sei für viele Menschen eine wohltuende Abwechslung zur Schreibtischarbeit. In der geteilten Nutzung könne sich hier zudem Gemeinschaft entwickeln.

Was ist bislang passiert?

Die Idee, Waldgärten anzulegen, wurde an das Umweltressort herangetragen, das das Vorhaben praktisch und finanziell unterstützte. Mitarbeiter des Umweltbetriebs entfernten im Herbst 2020 zunächst den Brombeer-Dschungel. 2021 wurde von sieben Gründungsmitgliedern der gemeinnützige Verein Waldgarten gegründet. 2022 wurden die Pachtverträge für die beiden Gelände unterzeichnet.

Im Frühjahr 2022 stand zunächst eine große Kampfmittelräumung an, bei der unter anderem zwei Brandbomben entfernt wurden. Anschließend mussten die Grundstücke von Müll gesäubert werden: Jahrelang war das Areal am Pirolweg als illegale Deponie genutzt worden. „Es war irre, was wir hier alles wegtransportiert haben“, erzählt Mauritz. Die Monate des Jahres 2022 nutzten die Vereinsmitglieder zudem für vier Planungsworkshops mit dem Permakultur-Experten Volker Kranz und um den Boden zu belüften und aufzulockern.

Als Nächstes erhielt der Baumbestand aus alten Apfelbäumen, Eschen und Weiden einen Verjüngungsschnitt. Aus den Ästen wurde eine Benjeshecke angelegt, die gleichzeitig als Sichtschutz zum Parzellenweg dient. An mehreren Frühlingswochenenden wurden nun am Pirolweg die ersten jungen Obstbäume gepflanzt. Ein Teil konnte mit einer Spende der Fielmann AG angeschafft werden. Einige andere standen zuvor auf dem Gelände der Landesgartenschau 2023 in Höxter. Zu einem späteren Zeitpunkt soll auf einem Teil des Geländes ein Teich angelegt werden.

Werden die Waldgärten öffentlich zugänglich gemacht?

Das schließe schon die Haftungsfrage aus, erklärt Mauritz. Auf die Umzäunungen hätte der Verein gerne verzichtet, sie waren jedoch aus mehreren Gründen unvermeidlich: Sie sollen nicht nur Wild davon abhalten, die zarte Rinde der jungen Baumstämme abzuknabbern, sondern vor allem diejenigen, die weiterhin wie gewohnt ihren Schutt und Schrott auf dem Gelände ablagern. Geplant ist allerdings, dass das Gelände zum Zwecke der Umweltbildung geöffnet wird, Kinder hier die Natur erleben, Erwachsene das Konzept des Waldgartens kennen lernen können. Bis dahin ist allerdings noch jede Menge zu tun.
Freiwillige, die Lust haben, mit anzupacken, finden Kontakt über die Homepage
waldgartenbremen.wordpress.com.

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