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Ehegattennotvertretungsgesetz Neue Regelung für Ehepartner im Notfall

In einem akuten medizinischem Notfall entbindet das neue Ehegattennotvertretungsrecht den behandelnden Arzt von seiner Schweigepflicht gegenüber dem Ehepartner. Was regelt es genau?
16.04.2024, 05:00 Uhr
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Neue Regelung für Ehepartner im Notfall
Von Ulrike Troue
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Wer von der Polizei über einen Unfall seines Ehepartners informiert wird, befindet sich in der Regel erst mal in einem emotionalen Ausnahmezustand. Umso schlimmer war das, was ein Bremer Ehepaar danach im Krankenhaus erlebte. "Als meine Frau vor einigen Jahren nach meinem schweren Unfall in der Notaufnahme nur meinen Motorradhelm in die Hand gedrückt bekam, aber keine Auskunft von der Schwester, war sie völlig fassungslos", erinnert sich ein Bremer, der nicht namentlich genannt werden möchte. Dabei habe die Polizei ja seine Ehefrau informiert und sie sich auch entsprechend ausweisen können.

Die meisten Menschen gehen in einer Ehe selbstverständlich davon aus, dass sie auch füreinander vertretungsberechtigt sind. "Das war aber ein Irrglaube", sagt Marion Bosse, Fachkraft in der Betreuungsbehörde. Bosse macht auf ein neues Gesetz aufmerksam, das diesen Automatismus nun unter gewissen Voraussetzungen in Gang setzt: die Ehegattennotvertretung.

Was versteht man unter der Ehegattennotvertretung?

Die Ehegattennotvertretung ist am 1. Januar 2023 als gesetzliche Regelung in Kraft getreten (BGB, Paragraf 1358). "Seitdem können sich Ehe- und eingetragene Lebenspartner im Bereich der Gesundheitssorge vertreten, sofern bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind", erklärt Marion Bosse. "Die Notvertretung greift, wenn ein Partner akut erkrankt und behandlungsbedürftig ist, er sich selbst nicht mehr äußern und selber keine Entscheidungen mehr treffen kann", führt sie aus. Vorher war eine solche rechtliche Vertretung nur möglich, wenn eine entsprechende Vollmacht oder Patientenverfügung vorgelegen hat.

Darf jeder Partner den anderen in so einer Situation vertreten?

Nein. Es gibt Gründe, die eine Notvertretung ausschließen: So muss die Ehe beispielsweise als gelebte Gemeinschaft bestehen. Bei Trennung oder Scheidungsabsicht besteht dieses Recht nicht. "Es ist grundsätzlich auch möglich, die Notvertretung abzulehnen", führt Bosse aus. "Man muss das im Vorfeld mündlich oder schriftlich nur zum Ausdruck bringen." Der Widerspruch könne auch im zentralen Vorsorgeregister hinterlegt werden. "Das ist allerdings mit Kosten verbunden", merkt sie an.

Was bedeutet diese neue Regelung für die behandelnden Ärzte?

Die Ärzte müssen mit dem Ehepartner ein Gespräch führen, um zu klären, ob die Voraussetzung für die Notvertretung erfüllt sind oder Ausschlussgründe vorliegen. Dazu befragen sie ihn und dokumentieren das Gespräch. "Wird eine Notvertretung erforderlich, wird auch der Zeitpunkt dokumentiert, zu dem die akute Behandlungsbedürftigkeit eingetreten ist", sagt Bosse. Mit dem Datum beginne die Notvertretung, die für maximal sechs Monate gilt.

Warum wurde die Ehegattennotvertretung eingeführt?

"Wenn akuter Behandlungsbedarf nach der Erstversorgung in einem medizinischen Notfall bestand und der Betroffene seine Belange selber nicht mehr regeln konnte, gab es niemanden, der über gravierende ärztliche Eingriffe entscheiden konnte – nicht über weitere lebenserhaltende Maßnahmen mit all ihren möglichen gesundheitlichen Konsequenzen oder deren Beendigung", sagt Bosse. Bis dahin hatten Ärzte nur die Möglichkeit, beim Betreuungsgericht eine vorläufige Betreuung zu beantragen.

Worin unterscheiden sich Vorsorgevollmacht und Notvertretung?

Eine Vollmacht ist viel weitgehender. Darin könne jeder frei entscheiden, für welche Angelegenheiten des Lebens er eine Vorsorgevollmacht erteilen will – ob für medizinische oder pflegerische Belange, Wohn- und Heimangelegenheiten, die Vermögenssorge oder steuerrechtliche Angelegenheiten, erläutert Bosse.

Info

Einrichtungen oder Institutionen, die an einer Informationsveranstaltung zur Ehegattennotvertretung Interesse haben, können sich unter der Telefonnummer 361-13561 oder per Mail an Marion.Bosse@afsd.bremen.de melden.

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