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ÖPNV Die Straßenbahn polarisiert

In Walle wird nach einer Machbarkeitsstudie darüber diskutiert, was eine neue Straßenbahnlinie in die Überseestadt bringen würde. Nun hat das Thema den Petitionsausschuss der Bürgerschaft erreicht.
29.08.2022, 05:00 Uhr
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Die Straßenbahn polarisiert
Von Anne Gerling

Mit zwei konträren Bürgereingaben zu ein und demselben Thema hat sich aktuell der Petitionsausschuss der Bremischen Bürgerschaft zu befassen. Es geht um den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) in der Überseestadt. Genauer gesagt: Um die Frage, wie sinnvoll der Bau einer neuen Straßenbahnlinie wäre.

Mitte August war bei der Bürgerschaft eine Petition mit dem Titel „Keine Straßenbahn in der Überseestadt“ eingereicht worden, die bis zum 26. September diskutiert und mitgezeichnet werden kann. Durch den Bau einer Straßenbahntrasse würden Grünflächen zerstört und Lärm verursacht, argumentiert Petent Frank Bröcker. Quere die Linie den Europahafen, könnten außerdem Segelboote und größere Schiffe nicht mehr die Marina anlaufen. Sinnvoller sei deshalb ein Quartier-Bus mit hoher Taktung, heißt es in dem Antrag, der online in den ersten zwei Wochen von mehr als 200 Personen unterstützt wurde.

Nur wenige Tage später ging bei der Bürgerschaft ein Bürgerantrag mit dem Titel „Pro Straßenbahn in der Überseestadt“ ein, der bis zum 30. September mitgezeichnet werden kann und eine Woche nach der Veröffentlichung online 17 Unterstützer hatte. „Natürlich gehört dort die klimaschonendste und demokratischste Verkehrsinfrastruktur installiert! Für einen komfortablen Zugang ist zu sorgen und ein effektiver Lärmschutz durch Einsatz bester Entkopplung und modernster Antriebstechnik ist sicherzustellen“, heißt es darin.

Petitionsausschuss will Eingaben gemeinsam behandeln

Wie wird der Petitionsausschuss mit den gegensätzlichen Eingaben nun umgehen? „Es kommt immer mal wieder vor, dass es zu einem Themenkomplex zwei verschiedene Meinungen gibt“, sagt Claas Rohmeyer, Vorsitzender des Petitionsausschusses. So sei vor einiger Zeit aus einem Antrag zur Verkehrssituation auf der Konsul-Smidt-Straße und am Europahafenkopf eine zweite – noch konkretere – Petition hervorgegangen. Vermutlich sei der zweite nun eingereichte Antrag eine Reaktion auf die erste Petition, so Rohmeyer. Er will dem Petitionsausschuss in dessen nächster Sitzung am 9. September vorschlagen, beide Eingaben gemeinsam zu behandeln und sich auch gemeinsam die Situation vor Ort und etwaige neuralgische Punkte anzusehen: „Das macht Sinn, dann kann man das Pro und Contra gemeinsam diskutieren.“

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Mobilitätssenatorin Maike Schaefer (Grüne) gehört zu den Befürworterinnen und Befürwortern einer neuen Straßenbahnlinie: „Die Überseestadt weist eine viel zu hohe Belastung durch Auto- und Lkw-Verkehr auf. Es ist unbedingt erforderlich, das Quartier effektiv an den ÖPNV anzubinden. Davon profitieren sowohl die Bewohner der Überseestadt genauso wie die Pendler, die dort arbeiten. Neben der Verkehrsbelastung ist es mein erklärtes Ziel, wegen der immer massiver werdenden Klimakrise den Umweltverbund auszubauen. Und dazu gehört neben Fahrradpremiumrouten definitiv auch eine Straßenbahn in der Überseestadt. Zumal es dazu einen ausführlichen Beteiligungsprozess gegeben hat.“

Beteiligungsverfahren für Bürger

So hatten Anfang März 2020 rund 100 Interessierte in der Hochschule für Künste im Speicher XI darüber diskutiert, ob eine Verlängerung der Straßenbahn in die Überseestadt sinnvoll wäre und wie sie aussehen könnte. Zuvor waren in zwei Beteiligungsrunden die Verwaltung sowie die Träger öffentlicher Belange und verschiedene andere Akteure zu dem Thema zu Wort gekommen.

Die dabei gesammelten Anregungen und behördeninternen Vorgaben waren dem Dresdener Planungsbüro mit auf den Weg gegeben worden, das anschließend im Auftrag von Mobilitätsressort und Wirtschaftsressort eine Machbarkeitsstudie durchgeführt hat. Deren Sinn und Zweck war es, herauszufinden, ob und wo eine Straßenbahnlinie technisch, formal, betrieblich, städtebaulich und wirtschaftlich bestmöglich realisierbar wäre. Ende 2021 hatten die Gutachter zwei machbare Streckenverläufe präsentiert: über die Überseeinsel oder durch die Konsul-Smidt-Straße. Als im Waller Beirat dazu Mitte Juli ein Stimmungsbild abgefragt wurde, sprachen sich Grüne und Linke für die Variante Hoerneckestraße – also für eine Route über die Überseeinsel – aus. Diese Streckenführung befürwortet auch die SPD, die allerdings für den weiteren Verlauf als Alternative zum Kommodore-Johnsen-Boulevard die Herzogin-Ceciliie-Allee ins Spiel brachte. Die CDU hatte sich grundsätzlich gegen den Bau einer Straßenbahnlinie in der Überseestadt und stattdessen für einen modernen elektrischen Ringbus ausgesprochen.

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