Sturmtief „Zoltan“ hat am Donnerstag die Bundesrepublik erreicht und Teile Niedersachsens und Bremens lahmgelegt. Wegen umgestürzter Bäume kam es auf den Straßen sowie im Zugverkehr zu Einschränkungen. Der Bürgerpark Bremen warnte vor dem Betreten seiner Anlagen, die Stadt Bremerhaven sagte für Freitag den Schulunterricht ab und der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) vermeldete Hochwassergefahr – auch für die nächsten Tage. Zudem wurden bundesweit mehrere Weihnachtsmärkte geschlossen, darunter die im Land Bremen.
Nach der Entscheidung, den Weihnachtsmarkt und den Schlachtezauber nicht zu öffnen, werden Polizei, Feuerwehr, Marktverwaltung und Schaustellerverband an diesem Freitagmorgen erneut über die Wetterlage beraten. Das sagte Susanne Keuneke, Vorsitzende des Verbands der Schausteller und Marktkaufleute. Die Entscheidung, am Donnerstag nicht zu öffnen, sei richtig gewesen. „Natürlich wollen wir alle gerne Geld einnehmen, aber die Sicherheit geht vor.“ Die Einnahmeeinbußen eines Wochentags seien für die Stände zu verkraften. Am Wochenende hätte es sie härter getroffen.
Eine Statistik, wie oft beliebte Märkte oder Volksfeste wetterbedingt abgesagt werden mussten, gibt es in Bremen nach Auskunft von Christoph Sonnenberg, Sprecher im Wirtschaftsressort, nicht. Aber: Im Jahr 2013 waren die Bremer Weihnachtsmärkte schon einmal wegen eines Sturmtiefs abgesagt worden. Damals wütete „Xaver“, wie eine Recherche im WESER-KURIER-Archiv ergab.
Feuerwehr rückt mehrfach aus
„Zoltan“ zwang die örtlichen Feuerwehren zu mehreren Einsätzen. Rund 30 Einsätze waren es ab dem Vormittag, hauptsächlich wegen abgebrochener Äste und einiger umgestürzter Bäume, berichtet Christian Patzelt von der Feuerwehr Bremen. In der Bürgermeister-Spitta-Allee war ein Baum auf eine vierspurige Straße mit Wassergraben gestürzt und hatte dabei nur knapp eine Bushaltestelle verfehlt. Verletzt wurde niemand. Die Einsatzkräfte mussten den Baum zerteilen. Die Straße war während der Arbeiten etwa eine halbe Stunde lang voll gesperrt.
Die Freiwilligen Feuerwehren im Blockland und in Borgfeld hatten bis zum Donnerstagnachmittag noch keine sogenannte Vor-Alarmierung von ihren Berufskollegen aus Bremen erhalten. „Wir sind in Bereitschaft, hoffen jedoch darauf, dass es ruhig bleibt“, teilte der Blocklander Wehrführer Harald Kropp mit. Ähnliches berichtet Markus Theuerholz, Wehrführer der Freiwilligen Feuerwehr in Borgfeld. „Wir werden uns jedoch darauf einrichten, dass es zu einem längeren Einsatz kommt“, sagte er am Donnerstagnachmittag. Vorbereitet werde für den Notfall ein Löschfahrzeug mit neun Leuten Besatzung. Zusätzlich könnte ein Mannschaftstransportfahrzeug ausrücken: „Mit Pumpen, Schläuchen, Kettensäge und Absperrband“, kündigte der Wehrführer an.
Das Sturmtief forderte auch die Ortsfeuerwehren in Lilienthal oder in Oyten: An mehreren Stellen stürzten auch dort Bäume auf die Straße. Im Lilienthaler Kutscherweg entstand hoher Sachschaden: Ein Baum fiel auf ein Auto, das am Seitenrand abgestellt war. Der Stamm landete auch auf einem angrenzenden Carport, der durch den Aufprall weitgehend zerstört wurde.
Schwere Sturmflut erwartet
Wie Lilienthals Gemeindebrandmeister Andreas Hensel berichtete, wurde durch den Sturm außerdem ein Baum an der Tankstelle an der Entlastungsstraße der Wümme-Gemeinde umgerissen, der dann auf einen dort abgestellten Anhänger fiel. Am Truperdeich knickte ein Telefonmast um. Aufmerksam beobachtet wurde auch die Lage an der Hexenberger Straße, wo akute Hochwassergefahr besteht. Der Dauerregen hat die Pegel an den Abläufen steigen lassen, die in Seebergen für Probleme sorgen könnten.
„Zoltan“ zieht auch noch an diesem Freitag über Deutschland. In Bremen wird am Morgen eine schwere Sturmflut erwartet, also mehr als 2,50 Meter über dem mittleren Wasserstand, wie Jens Wunsch vom Lagezentrum Katastrophenschutz mitteilt. Bekannte Bereiche würden überflutet, etwa der Weg am Osterdeich oder die Schlachte. Die Hochwasserschutzlinie werde nicht übertreten, „es besteht keine Gefahr“, so Wunsch.
Für einige Bereiche außerhalb der sogenannten Hauptdeichschutzlinien wird laut einer Mitteilung der Feuerwehr Bremen eine Räumung dieser Bereiche an diesem Freitagmorgen vorbereitet. Betroffen sind demnach die Pauliner Marsch, der Bereich Im Suhrfelde östlich der Karl-Carstens-Brücke, das Parzellengebiet an der Hanseatenkampfbahn in Rablinghausen sowie Teile des Stadtwerders. Dort gehe es um die niedriggelegenen Bereiche zwischen dem Kuhhirten und dem Werdersee östlich des Christophwegs, das Weserufer östlich der DGzRS und der gesamte Bereich östlich des Café Sand. Die Räumung erfolgt durch die Polizei Bremen.
Die Rettungseinheiten der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) sei auf alle Eventualitäten vorbereitet, berichtet Nils Sander. „Die Erfahrung zeigt, dass bei angekündigten Sturmfluten eher weniger passiert als erwartet.“ Viele wüssten, was sie ihren Schiffen zutrauen könnten, und blieben lieber im Hafen.
Weihnachtscircus spielt weiter
Während vereinzelt Veranstaltungen wie die Weihnachtsmärkte in Bremens Innenstadt, aber auch eine Mahnwache der Verdi-Kampagne „SOS Kita“ buchstäblich ins Wasser fielen, laufen andere weiter. „Wir spielen ganz normal“, berichtet etwa Antonia Walter, Sprecherin des Roncalli Weihnachtscircus auf der Bürgerweide. Es gebe Sturmstangen im Zelt. „Alles ist gesichert und verankert.“ Der Veranstalter vom Vegesacker Winterspaß hofft dagegen, am Sonnabend wieder öffnen zu können.
Laut der Deutschen Bahn können alle Fahrgäste, die ihre geplante Reise aufgrund des Sturms verschieben möchten, ihr Ticket zu einem späteren Zeitpunkt nutzen. Die Zugbindung ist demnach aufgehoben. Das Ticket gilt dabei für die Fahrt zum ursprünglichen Zielort, auch mit einer geänderten Streckenführung. Sitzplatzreservierungen können kostenfrei storniert werden.
Wegen des Sturmtiefs müssen sich Reisende auch auf Behinderungen auf dem Weg zu den Ostfriesischen Inseln einstellen: Am Freitag werden keine Fähren zur Insel Wangerooge fahren, auch von der Insel wird kein Fährverkehr stattfinden. Fähren von und nach Norderney fallen ebenso aus.