Osterholz-Scharmbeck. Auf den Friedhöfen der Kreisstadt sorgt die Gestaltung von Gräbern mit Kieselsteinen für Unstimmigkeiten zwischen Angehörigen und Friedhofsverwaltungen. Weil die Steine hübsch aussehen und die Grabstellen mit dieser Bedeckung leicht zu pflegen sind, werden sie gerne für die Gestaltung verwendet. Doch eine Versiegelung ist nicht erlaubt.
Jürgen Lübbert hat das meiste wieder rückgängig gemacht. Auf der Grabstelle seiner Schwiegermutter auf dem Scharmbecker Friedhof an der Langen Straße ist nur noch ein schmaler Streifen mit rötlichen Kieselsteinen bedeckt. Drumherum liegt jetzt Rindenmulch, wo vor einigen Wochen weiße Kieselsteine den Boden abdeckten. Ein Brief der Friedhofsverwaltung St. Willehadi hatte die Steine ins Rollen gebracht: Lübbert erfuhr, dass das Abdecken einer Grabstätte nicht gestattet ist. Maximal ein Viertel der Gesamtfläche dürfe mit Kies bedeckt sein, hieß es dort. Lübbert wurde aufgefordert, innerhalb von sechs Wochen das Grab umzugestalten. Das tat er auch, gleichzeitig kam bei ihm Frust auf. Wenn er vorab informiert worden wäre, hätte er sich Arbeit und Ausgaben sparen können.
Wie Grabstätten zu gestalten sind, das haben alle Kirchengemeinden in der Kreisstadt in ihren Friedhofsordnungen geregelt. Auch die Stadt hält für ihre Friedhöfe in Pennigbüttel, Hülseberg, Ohlenstedt und Garlstedt eine solche Satzung vor. In St. Willehadi ist es verboten, Gräber mit Kies oder Splitt abzudecken. Wird Kies als gestalterisches Element verwendet und deckt er allenfalls ein Viertel der Fläche ab, schreitet die Verwaltung aber nicht ein. "Das ist ein Entgegenkommen", sagt Mitarbeiterin Friederike Poggensee-Nolte.
In anderen Kirchengemeinden wie in St. Marien ist eine Abdeckung mit Kies oder Grabplatten gar nicht erlaubt, teilt Anne Bell-Mäkeler mit. Es sei zwar angedacht, diese Vorschrift zu lockern, doch ob das durchkomme, sei ungewiss. Auch die Stadt schließt eine Abdeckung mit Kies ausdrücklich aus, doch lässt sie einen Ermessensspielraum, wie Rathaus-Mitarbeiterin Michaela Windhorst erklärt. Außerdem gebe es auf dem kommunalen Teil des Friedhofs in Pennigbüttel ausgewiesene Flächen, auf denen die Gestaltungssatzung nicht greife.
Kies auf Gräbern ist bei den Friedhofsverwaltungen aus verschiedenen Gründen nicht gern gesehen. Wenn die Gräber einstürzen, was sie mindestens einmal nach der Beerdigung tun, rutschen die Kiesel ins Erdreich nach. Das bringt auf Dauer Probleme mit sich, bei der Grabpflege, einer späteren Umgestaltung oder spätestens dann, wenn auf der Fläche einmal ein neues Grab ausgehoben werden muss. "Die Steine müssen dann mühsam wieder rausgefischt werden", sagt Friederike Poggensee-Nolte.
Die Versiegelung kann zudem zur Folge haben, dass die Verwesungsprozesse unter der Erde erheblich verzögert werden. "Durch die Möglichkeit, die Grabstätte mit einer erneuten Beisetzung zu belegen, sind wir natürlich gehalten, darauf zu achten, dass diese Verwesungsstörung nicht eintritt", erklärt Anne Bell-Mäkeler von St. Marien. Einen dritten Aspekt nennt Pastor Gert Glaser von St. Willehadi: "Friedhöfe sind oft auch ökologische Nischen in einer Stadt. Wenn alles abgedeckt wird, ist das für die Tiere und Insekten uninteressant".
Friederike Poggensee-Nolte und Pastor Glaser wissen, dass vielen Angehörigen heute die Zeit fehlt, sich intensiv um die Pflege von Gräbern zu kümmern. Viele Familien lebten zudem weit verstreut. Doch es gebe auch pflegeleichte Möglichkeiten, die Gräber zu begrünen. Und im Zweifel könne die Pflege über die Kirchengemeinde organisiert oder ein Gärtner beauftragt werden. In mindestens zehn Fällen im Jahr gibt es nach Schätzungen der Friedhofsverwaltung von St. Willehadi Ärger um Kies.
Auf die Friedhofsordnung werden die Angehörigen laut Friedhofsverwaltung hingewiesen, wenn sie die Unterlagen zur Bestattung unterschreiben. Auch werde bei neuen Nutzungsberechtigten zur Rechnung ein Infoblatt beigelegt. Schließlich gebe es am Friedhof einen Aushang. Die Kirchenmitarbeiter sind sich im Klaren darüber, dass bei der Trauer um einen Angehörigen solche Aspekte in den Hintergrund rücken.