Schlaff hängen Kermits grüne Beine herunter. Das Kuscheltier baumelt am Fahrerhäuschen des Hydraulikbaggers. Den Mund und die Augen weit aufgerissen. Es ist das Maskottchen von Axel Leinert, der die riesige Baumaschine steuert. Seit 16 Jahren macht er das. Kermit der Frosch ist immer dabei. Mit einem Joystick lenkt Leinert das überdimensionale Werkzeug am Arm des Abbruchbaggers, das sich in das Dach des Straßenbahndepots in Gröpelingen frisst. Nebenbei läuft das Radio in der schallgeschützten und mit Gittern gesicherten Steuereinheit des Baggers.
Dicke Betondecken, Stahlträger, Steine und Gitter zerbersten, zersplittern und zerbrechen. „Die Zange schneidet den Beton wie Butter“, sagt Anton Bartel, Projektleiter der Hagedorn Unternehmensgruppe aus Gütersloh, die mit dem Abbruch des Gebäudes der Bremer Straßenbahn AG (BSAG) beauftragt ist. Es ist das Ende für die Hallen an der Endhaltestelle, bevor das kommunale Verkehrsunternehmen mit dem Umbau der zentralen Verkehrsdrehscheibe zwischen Bremen-Nord und der Innenstadt beginnt. Dort, wo täglich fast 24.000 Fahrgäste in Busse und Bahnen ein-, aus- und umsteigen.
Schwere Brocken fallen herab, krachen knallend auf den Boden und wirbeln trotz des Nieselregens Staub auf. Zwei Bauarbeiter spritzen zudem Wasser auf die von der Baumaschine eingerissenen und zerstörten Stellen. Immer mehr Gitter, Eisenstangen und Stahlseile werden freigelegt, die unter dem Beton schlummern. Schnell werden die Einzelteile am Boden getrennt.
Bereits am 10. Februar startete das Abbruchunternehmen mit den Arbeiten im Bremer Westen. Wie Projektleiter Bartel erklärt, musste zuerst das komplette Gebäude entkernt werden. Schadstoffe wie Asbest, Polychlorierte Biphenyle (PCB) oder Polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) seien entfernt worden. Da der Asbest festgebunden gewesen sei, habe keine Gefahr für die Gesundheit bestanden. In einem ersten Schritt musste die Werkstatthalle im hinteren Bereich des Straßenbahndepots weichen, noch liegen die Sohle und das Fundament davon im Boden.

Zwei Bauarbeiter sortieren den Bauschutt, der durch den Abriss der Wagenhalle entsteht und wiederverwertet werden soll.
Die Baggerzange bohrt sich in die Mitte des Daches
Dann ging es an die 100 Meter langen Hallen, in denen die Straßenbahnen standen. „Wir haben jetzt ungefähr ein Fünftel abgerissen“, sagt Bartel, während sich im Hintergrund die tonnenschwere Baggerzange immer weiter in die Mitte des Daches bohrt. Rund 6500 Quadratmeter groß sind die Wagenhallen, in der zuletzt immer rund 30 Straßenbahnen stationiert waren. Derzeit sind diese laut BSAG-Sprecher Andreas Holling an den anderen Standorten in der Vahr, Sebaldsbrück oder der Neustadt platziert.
Ziel der Abrissfirma ist es laut eigenen Angaben, das Bauwerk möglichst nachhaltig zu zerlegen. Also die verschiedenen Baustoffe zu trennen und wiederzuverwerten. „Wir sortieren vor Ort den Bauschutt und bereiten ihn auf“, sagt Bartel. Eine mobile Brecher-Anlage zerkleinere Steine, Ziegel oder Beton in Stücke einer Größe zwischen acht Millimetern und 4,5 Zentimetern. Derzeit sei man in guten Gesprächen mit den verantwortlichen Experten der BSAG, eine Lösung zu finden, wie das Material an Ort und Stelle erneut verwendet werden kann, so der Projektleiter. „Es macht wenig Sinn, den Bauschutt abzutransportieren und dann anderen wieder herzubringen“, sagt Tina Gutmann, Sprecherin der Firma Hagedorn. Doch um den Schrott zu verwerten, müsse er möglichst „sauber“ sein. Vorerst kommt er in 36 Kubikmeter große Container. Die in der Bahnhalle liegenden Gleise werden in fünf Meter lange Stücke geschnitten, damit sie weggebracht werden können.
Am knapp 100 Jahre alten BSAG-Straßenbahndepot mit den Spitzgiebeln enden die Linien 2, 3, 5 und 10. Das komplette Areal soll erneuert werden, nicht nur die Werkstatt und die Abstellanlage, sondern auch die gesamte Haltestelle. Der Plan der BSAG sieht vor, dass der Werkstattbereich künftig an der Stapelfeldtstraße angesiedelt wird, die Straßenbahn- und Busumsteigeanlage soll parallel zur Gröpelinger Heerstraße auf die gesamte Länge des bisherigen Betriebshofs verlegt werden. Zudem sollen auch knapp 150 Beamte des Polizeikommissariats West in einen Neubau einziehen. Bis auf das Transformatorenhäuschen wird alles abgerissen. „Wir planen mit rund drei Jahren Bauzeit“, sagt BSAG-Sprecher Holling. Bis spätestens 2023 wird für diese Großbaumaßnahme ein hoher zweistelliger Millionenbetrag investiert.
Der Nahverkehr mit seinen Bussen und Bahnen soll im Bremer Westen mit dem Fahrradverkehr und Carsharing verknüpft werden. Auch die städtebauliche Einbindung des Quartiers soll besser werden. So die Ziele der Projektbeteiligten, also Verkehrsbehörde, Bremer Straßenbahn AG und Amt für Straßen und Verkehr (ASV). Der Umbau soll durch Land, Bund und die BSAG finanziert werden. Zudem soll es eine Förderung durch Mittel des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) geben.