Obacht! Ein Lastwagen drängt sich in der Carl-Ronning-Straße durch die schmale und scharfe Kurve vor dem Eingang zum Parkhaus Mitte und touchiert um ein Haar einen der Studierenden, die sich dort versammelt haben. Das Auto stoppt abrupt, setzt dann aber seine Fahrt fort. Ein Beispiel, wie es an dieser Stelle mitten in der Stadt zugeht. Wagen um Wagen, ein Verkehr sondergleichen. Beredter konnte nicht zum Ausdruck kommen, was an diesem Tag das Thema ist: Autos möglichst raus aus der Innenstadt, den Menschen den Vorzug geben, auch der Natur, kurz: die Aufenthaltsqualität erhöhen. "Interspace. Die nachhaltige Stadt", heißt das Projekt von 20 Master-Studierenden der Hochschule und der Hochschule für Künste. Eine Jury hat für die aus ihrer Sicht besten Beiträge jetzt Preise vergeben.
Den ersten Platz belegt das "AusBauHaus". Janusz Kendel und André Mey haben sich mit dem ehemaligen Horten-Kaufhaus beschäftigt. Als die Preisträger und ihre Entwürfe draußen in der Carl-Ronning-Straße gewürdigt wurden, mussten sich die Teilnehmer nur kurz umdrehen, um das Gebäude mit seiner Wabenfassade in den Blick zu nehmen. Kendel und Mey denken das Haus unter anderem als offenen Marktplatz, der rund um die Uhr geöffnet ist. Auf den fünf großflächigen Ebenen, die mit dem Fahrstuhl "Rakete" verbunden werden, könnte es nach den Vorstellungen der beiden Studierenden Sammel- und Tauschbörsen geben, freie Werkräume, Ateliers und Module für Kurzzeitwohnen.
Tatsächlich soll das Gebäude eigentlich abgerissen werden. Der Bremer Unternehmer Kurt Zech will die Fläche zusammen mit dem Parkhaus Mitte, das ebenfalls verschwinden soll, und dem denkmalgeschützten Karstadtgebäude neu entwickeln. Zechs Problem: Er konnte sich mit dem Eigentümer der Immobilie nicht über den Kauf einigen. Jetzt zieht erst einmal ein Möbelhaus ein. Aber wer weiß, was die nächsten Optionen für die Zukunft sind.
Ausgezeichnet wurde auch das Projekt "Kulturraum". Es zielt auf ein Gebiet, das zurzeit in aller Munde ist: Domsheide, Obernstraße und Martinistraße. Die Studierenden Raphael Ardler und Lasse Röthemeyer stellen sich vor, die Straßenbahn über einen Stadtring fahren zu lassen. Obernstraße und Domsheide wären in dem Fall verkehrsfrei. In der Martinistraße würden künftig Bahnen fahren. Der Wettbewerbsbeitrag plumpst in eine aktuelle und sehr aufgeheizte Debatte über die Straßenbahnverlegung.
Es gibt die Ideen von Sitzmöbeln, aus denen heraus Veranstaltungen stattfinden könnten, die von einer App gesteuert werden. "Zwischenräume" wiederum nimmt sich die sogenannten C-Lagen mit ihren kleinteiligen Garagenstrukturen vor und knüpft damit an ein neues Projekt der Wirtschaftsbehörde an, genau solchen Räumen mit einem Förderprogramm neue Dynamik zu verleihen. Schließlich der Vorschlag, den Domshof temporär mit einer Schicht zu belegen, die der sogenannten Bremer Düne nachempfunden ist.