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Michael Schirmer erläutert Bedeutung des Hochwasserschutzes in Bremen Tidenhub auf Rekordniveau

Muss Bremen umziehen? Der Meeresspiegel steigt, die Weser wird vertieft, und so gelangen immer größere Wassermassen nach Bremen. Da die Hansestadt allerdings unterhalb des mittleren Tidehochwassers liegt und die Deiche immer größeren Veränderungen standhalten müssen, liegt ein Hauptaugenmerk auf dem Sturmflutschutz, über den Michael Schirmer bei Wissen um elf sprach.
01.11.2012, 05:00 Uhr
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Von Ina Schulze

Muss Bremen umziehen? Der Meeresspiegel steigt, die Weser wird vertieft, und so gelangen immer größere Wassermassen nach Bremen. Da die Hansestadt allerdings unterhalb des mittleren Tidehochwassers liegt und die Deiche immer größeren Veränderungen standhalten müssen, liegt ein Hauptaugenmerk auf dem Sturmflutschutz, über den Michael Schirmer bei Wissen um elf sprach.

Altstadt. Jedes Jahr gibt es mehrere Sturmfluten in der Nordsee. 1962 wurden große Wassermassen in die Elbe und die Weser gedrückt. Deiche brachen, bewohnte Gebiete wurden überschwemmt. "Damals sind wir im Gegensatz zu Hamburg mit zwei blauen Augen davon gekommen", sagt Michael Schirmer. Wie der Hochwasser- und Sturmflutschutz in Bremen heute aussieht, darüber sprach der Deichhauptmann des rechten Weserufers bei Wissen um 11 im Haus der Wissenschaft.

Michael Schirmer war viele Jahre als Hochschullehrer für Gewässerökologie an der Universität Bremen tätig. Außerdem hat er sich mit den Auswirkungen des Klimawandels in Bezug auf die Weser beschäftigt. "In Bremen muss man sich mit Sturmflutschutz ganz besonders beschäftigen, da wir in der norddeutschen Küstenniederung liegen, die minus eins bis höchstens zweieinhalb Meter über den mittleren Meeresspiegel liegt", sagt Schirmer.

Würden sich Bremer die Deiche mal wegdenken und den Meeresspiegel zwei Meter höher simulieren, was dem mittleren Tidenhochwasser entspricht, dann wären viele Landflächen zwei Mal am Tag bis zu zwei Meter unter dem Wasser. "Das heißt, diese ganze Region, inklusive aller ihrer Städte, Orte, Dörfer, Industrie und Gewerbe, kann nur dort existieren, weil wir eben die Deiche haben", sagte Schirmer. Bremen wäre ohne Deiche nur ein langer schmaler Landstrich.

Zurzeit würden Deiche erhöht, weil damit zu rechnen sei, dass die Sturmfluten höher auflaufen, sagte Michael Schirmer. Um das neu einschätzen zu können, müssten die Veränderungen in der Nordsee und der Unterweser berücksichtigt werden. Denn zum einen steige der Meeresspiegel durch die Klimaveränderungen an und zum anderen habe sich die Situation durch die Vertiefung der Unter- und der Außenweser stark verändert. "Die Weser hat durch den mehrfachen Ausbau zwischen Bremen und der Nordsee einen größeren Querschnitt bekommen. Sturmfluten können Bremen nun leichter erreichen und auch die Gezeiten sind stärker geworden", sagte Schirmer.

4,10 Meter zwischen Ebbe und Flut

Inzwischen liege der Tidenhub, also der Höhenunterschied zwischen Ebbe und Flut, bei 4,10 Metern. Ein absoluter Rekord in Deutschland, auf den man nicht stolz sein sollte, erklärte Michael Schirmer. "Unsere Deiche sind keine reinen Flussdeiche mehr, sondern zu so was wie eine Küstenschutzanlage geworden." Um Bremen nachhaltig und dauerhaft zu sichern, werde auf verschiedenen Ebenen zusammengearbeitet. Die direkte Zuständigkeit liege beim Senator für Umwelt, Bau und Verkehr. Um die Pflege der Anlagen kümmern sich der bremische Deichverband und Bremenports. Der Bemessungswasserstand, nach dem die Deiche ausgerichtet werden, betrage mittlerweile sieben Meter.

Darüber hinaus gibt es inzwischen entlang der Weser, Wümme, Lesum, Ochtum mehrere Sperrwerke, die vor Sturmfluten schützen sollen. Die Nebenflüsse Lesum, Wümme und Ochtum sind an beiden Seiten jeweils mit Deichen versehen, die inzwischen auf Grund der Sperrwerke lediglich ihren Flusshochstand standhalten müssen, der in der Regel nicht so hoch ausfällt. Dazu kommt, dass es entlang der Wümme große Überschwemmungsflächen gibt, wie die Borgfelder Wümmewiesen, die das Flusshochwasser aufnehmen. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass bei starken Fluten das Wasser der Nebenflüsse zusätzlich in die Weser gedrückt wird. Für die außendeichs liegenden Gewerbegebiete habe man schon für den Objektschutz gesorgt, das heißt, Häuser mit Panzerglas ausgestattet und das Mauerwerk gesichert.

Vor allem müsse auch mehr für den Klimaschutz getan werden, um nicht in eine immer weitere Kostenspirale zu geraten, betonte Michael Schirmer. Allein die jetzigen Ausgaben betrügen rund 230 Millionen Euro. Auch Hinterlandräume müsste man sichern, für den Fall, dass eine zweite Deichlinie nötig sei. "Die Lage ist zwar ernst, aber nicht hoffnungslos", sagte der Deichhauptmann. Es sei eben wichtig, das Klima zu schützen und sich entsprechend anzupassen.

Wissen um elf am Sonnabend, 3. November, 11 Uhr, im Haus der Wissenschaft, Sandstraße 4-5: "Auf der Fährte der Cholera" . Marc H. Einsporn berichtet von Westbengalen. Der Eintritt ist frei.

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