Der Winter hat bei uns bereits nachhaltig angeklopft – unter Schnee und Kälte leiden nicht nur Verkehrsteilnehmer, auch die heimische Tierwelt muss sich umstellen. Viele Tierfreunde sind gern bereit, mit ihrer Winterfütterung an Vögel und Vierbeiner die gröbste Not zu bekämpfen. Naturschüptzer warnen allerdings vor Fehlern, die gerade im Winter böse Folgen haben können.
Bremen-Nord. Der erste Schnee ist gefallen, ebenso die Temperatur. Auch die Tiere haben sich der Kälte angepasst: dicker Pelz und wärmender Winterspeck, von dem viele Tiere bis zum Frühjahr zehren, helfen den Vierbeinern durch die kalte Jahreszeit. Doch spätestens mit dem ersten Schnee, so die Landesjägerschaft Bremen, zeigen sich manche Tierfreunde beunruhigt und glauben, dass Wildtiere nicht mehr genügend Futter finden. Sie bringen Brot und Küchenreste in Parks oder an Waldränder.
"Was gut gemeint ist, kann aber schlimmstenfalls für das Tier tödlich sein", so Marko Reinhold von der Landesjägerschaft. Pflanzenfresser wie Rehe können durch gewürzte Speisereste schwere Koliken bekommen. Allesfresser wie Wildschwein, Fuchs oder Waschbär werden durch Essensreste in die Nähe der Städte gelockt. Sie verlieren durch die Fütterung ihre angeborene Scheu vor dem Menschen. Wenn aber der Waschbär die Mülltonne durchwühlt oder eine Wildschweinrotte den Garten umgräbt, ist es mit der Sympathie meist abrupt vorbei.
Hunde gehören an die Leine
Dabei gebe es durchaus Dinge, die jeder in dieser Zeit für die Wildtiere tun kann. So sollte man beispielsweise beim Winterspaziergang noch mehr als sonst darauf achten, nur auf Wegen durch die Natur zu wandern, denn jede unnötige Flucht vergeudet unnötig Energie beim aufgeschreckten Tier. Deshalb sollten Hundehalter ihren Vierbeiner unbedingt an der Leine führen, "damit es nicht zu Vorfällen wie im Revier Niederbüren kommt", so Reinhold. "Hier wurden in der Zeit von Ende September bis Ende Oktober zwei Rehkitze von einem nicht an der Leine geführten Hund getötet." Durch den heruntergefahrenen Stoffwechsel sind die Rehe schnell erschöpft und können vor dem Hund nicht mehr flüchten. Die Tiere seien dann "stark zerfetzt" qualvoll verendet. Die Landesjägerschaft Bremen bittet deshalb Spaziergänger – mit und ohne Hund – darum, sich gerade in ausgewiesenen Naturschutzgebieten an die Hinweisschilder halten.
Alle Jahre wieder wird, laut Naturschutzbund (Nabu) auch die Winterfütterung der Singvögel heiß diskutiert. Soll man Meise, Spatz und Co. ein paar Körner anbieten oder pfuscht man der Natur damit ins Handwerk? Jahrelang wurde von Naturschutzseite die Fütterung als "Verwöhnung" der Wildvögel abgelehnt.
"Wer Stimmung in eine trübsinnige Biologenrunde bringen will, muss nur anfangen, über die Winterfütterung zu diskutieren", lacht der Geschäftsführer des Nabu Bremen, Sönke Hofmann. Den Dogmatismus mancher Naturschutz-Kollegen sieht der gelernte Förster mit amüsiertem Kopfschütteln. Früher habe er auch die "Argumente" gegen die Winterfütterung nachgeplappert, gesteht Hofmann. Die Vögel würden durchs Füttern "umgepolt", gemästet, vom Zug abgehalten und der Nachwuchs würde durch das Körnerfutter Missbildungen bekommen, so die Lehrmeinung. "Das war, bevor man vom Klimawandel und seinen Einfluss auf das Zugverhalten etwas wusste." Auch futterbedingte Knochenerweichungen sind dem Naturschützer noch nicht untergekommen.
Eine Reise nach England, dem "Mutterland der Vogelfütterung", brachte Hofmann zum Nachdenken: "Die Briten füttern hemmungslos sommers wie winters und haben die gleichen Vogelarten wie wir. Wenn die Fütterung negative Auswirkungen hätte, müsste man sie in England am ehesten sehen. Doch auch auf der Insel turnen reichlich gesunde Piepmätze durchs Geäst." Der "Volkssport Vogelfütterung" habe dort eine wichtige Wirkung, so Hofmann: "Die Menschen in England haben einen viel stärkeren Bezug zu den Vögeln und ihrem Schutz." Die britische Schwesterorganisation des Nabu hat gut doppelt so viele Unterstützer bei gerade einmal dreiviertel so vielen Einwohnern.
Entscheidend für die Naturverträglichkeit der Fütterung sei die Hygiene und geeignetes Futter. "Wir empfehlen nur Futterstellen, an denen das Futter nicht mit dem Kot in Berührung kommen kann. Die klassischen Futterhäuser scheiden da aus", betont der Nabu. Diese müssten mindestens zweimal die Woche verlässlich gereinigt werden. Körnersilos, Meisenknödel und Fettblockhalter seien dagegen "wartungsfrei" und damit besser geeignet.
Auch die Qualität des Futters ist ausschlaggebend. "Viele Futtermischungen vom Discounter haben reichlich Weizenkörner als Füllstoff, den fressen aber eigentlich nur die Tauben", weiß Hofmann zu berichten. Auch die Samen der Beifuß-Ambrosie finden sich vermehrt in billigen Futtersorten. Unter der Futtersäule keimt dann die unscheinbare Pflanze, die für Heuschnupfengeplagte zur Hölle wird.
Neben den reinen Körnerfressern gibt es in der Vogelwelt auch Liebhaber von Früchten, Insekten und, ganz wichtig als Energielieferant, Fett. "Die Vielfalt an Futter ist so bunt wie die Vogelwelt selbst", so der Nabu. Für Weichfutterfresser wie Amsel und Rotkehlchen könne man alte Äpfel aufspießen, Fettblöcke mit Insekten seien aber "gehaltvoller". Der Nabu Bremen bietet sechs ambrosiafreie Futtervarianten zum Selbstmischen und diverse Fettblocksorten in seiner Geschäftsstelle in der Contrescarpe 8, montags bis freitags von 15 bis 18 Uhr an.