Immer wieder traten Schwaneweder an den Vorstand des Turnvereins heran, doch vor Ort auch Koronarsport anzubieten. Das gab es bislang nämlich nur in Bremen-Nord. Nach drei Monaten Entwicklungsphase und der Ausbildung einer Übungsleiterin sind jetzt 14 Teilnehmer nach der Verordnung eines Arztes und unter Aufsicht eines Arztes im Herzsport aktiv.
Schwanewede. "Können Sie mal kontrollieren? Irgendetwas stimmt da nicht." Das Summen des kleinen Blutdruckmessgerätes wird leiser, während Monika Rizzo ihre Frage an Manfred Braun richtet. Der pensionierte Gynäkologe, der schon seit längerem Herzsportgruppen betreut, greift zum Blutdruckmessgerät, stellt es noch mal ein und siehe da, der anschließend gemessene Wert ist innerhalb der Toleranzen.
Während Monika Rizzo wieder in Richtung Gruppe strebt, um in der Gymnastikhalle der Waldschule die nächsten Übungen unter Leitung von Suada Niesporek zu absolvieren, schaut ihr der Arzt leicht lächelnd hinterher. "Es macht einfach Spaß", gesteht er beim Blick auf die zumeist älteren Vertreter, die gerade eventuellen Verspannungen mit gegenseitigem "Rückenrubbeln" entgegenwirken.
Beim Jahrestreffen von Übungsleitern und Ärzten verschiedener Herzsportgruppen sei es gewesen, als Suada Niesporek ihn ansprach: "Koronarsport ist ein spezielles Angebot für Menschen, die körperlich wieder fit werden müssen. Voraussetzung dafür ist zum einen eine ärztliche Verordnung. Zum anderen muss diese Sportgruppe ärztlich betreut werden. Ich habe schon einige Erfahrungen mit Herzsportgruppen, gebe selbst Herz-Kreislauf-Training, mache Muskelsport, bin allgemein im Gesundheitssport schon seit zehn Jahren tätig. So hatte ich kein Problem damit, die ärztliche Betreuung für diese neu eingerichtete Gruppe zu übernehmen", erklärt der ehemalige Oberarzt in einer Frauenklinik, der gerade seinen 70. Geburtstag feierte, die Hintergründe.
Lücke geschlossen
Für den Vorsitzenden des TV Schwanewede, Friedrich Humborg, war von Anfang an klar, dass dieses Angebot der richtige Weg ist: "Wenn man sich den Faktor ,demografischer Wandel’ in unserer Gesellschaft ansieht, gehört solch ein Angebot in einen großen Turnverein." Der TV Schwanewede mit seinen rund 2200 Mitgliedern hat mit der Koronarsportgruppe laut Humborg jetzt "eine Lücke" geschlossen.
Dafür hat der Verein allerdings auch einiges investieren müssen. Die ärztliche Versorgung in der Koronarsportgruppe beinhaltet nämlich ebenfalls eine entsprechende Ausrüstung: Das reicht vom Defibrillator über Infusionsmaterial, Verbandszeug, Sauerstoffflasche bis hin zu Beatmungsmasken und rezeptpflichtigen Medikamenten. "Alles vom Verein bezahlt", erkärt Friedrich Humborg zufrieden. Monatlich überprüft der Arzt die Ausrüstung auf Tauglichkeit, werden in Absprache mit dem Verein die jeweiligen Ausrüstungsutensilien ausgewechselt oder auch komplett erneuert.
"Für den Fall der Fälle muss halt alles vorgehalten werden", sagt Friedrich Humborg. "Ganz so schlimm, wie es sich anhört, ist es aber nicht", macht Manfred Braun deutlich. Mit einem verschmitzten Lächeln nimmt er die von Fachleuten ausgerechnete Statistik zu Hilfe: "Demnach ist ein Herztoter erst bei 15000 Stunden Sport zu erwarten oder anders gesagt, wenn 1000 Leute 15 Stunden am Stück den Sport betreiben, könnte es möglich sein, dass es einen Herztoten gibt."
Das Lachen nach dieser Aussage des Doktors macht diese Statistik dann aber doch eher unwahrscheinlich. Allerdings macht Manfred Braun eine weitere Sache ganz deutlich: "Den Ton gibt hier die Übungsleiterin an, da mische ich mich nicht ein. Die Übungen hier sehen alle einfach und harmlos aus. Ich bin schon gut trainiert. Wenn ich allerdings ein Stunde lang hier mitmache – was ich meistens tue – dann merke auch ich die Anspannung in den Gelenken und Muskeln. Die werden nämlich alle beansprucht."
Genau so soll der Koronarsport auch sein. Neben der Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit und der Koordination dient der Koronar- beziehungsweise Herzsport auch dem Abbau von Stress, der Stärkung des Herz-Kreislaufsystems, der Normalisierung des Blutdrucks sowie der Senkung der Fettwerte im Blut. Darüber hinaus gibt es in diesem Zusammenhang auch entsprechende Ernährungstipps.
Als Übungsleiterin eigens für diesen Kursus hat sich im Übrigen Suada Niesporek ausbilden lassen. Sie hatte schon vorher verschiedene Gruppen betreut, betreut sie auch weiterhin – vom Babyturnen bis zum Rehasport wie Wirbelsäulen- und Osteoporose-Training reicht ihr Angebot. Ihren Übungsschein B für die Koronarsportgruppe hat sie eigens für dieses Angebot gemacht.
"Ich bin oft angesprochen worden, also habe ich mich mit dem Vorstand über eine Koronarsportgruppe unterhalten. Es war mir wichtig, dass die Menschen solch ein Angebot vor Ort bekommen", erklärt Niesporek. Laut Friedrich Humborg werden solche Gruppen zwar in Sportvereinen in Bremen-Nord angeboten, "die sind aber zumeist schnell überfüllt."
Der TV Schwanewede möchte das Angebot auf jeden Fall weiter ausbauen. Die derzeit 14 Teilnehmer sollen jetzt erst einmal anhand der Übungen eingeschätzt werden. Später soll es dann zwei Gruppen mit verschiedenen Schwierigkeitsgraden geben. Die Zielgruppe dieses Angebotes sind Menschen mit Herzerkrankungen, Gefäßerkrankungen wie zum Beispiel der Schaufensterkrankheit und Diabetes Mellitus. Für Mitglieder des TV Schwanewede und andere ist eine Teilnahme bei vorhandener Kapazität möglich.
Für die Rehabilitations-Herzgruppe Koronar-Sport können sich Interessierte ab sofort dienstags von 15 bis 18 Uhr und donnerstags von 9 bis 12 Uhr in der Geschäftsstelle des TV Schwanewede, 04209/989704 oder bei der Übungsleiterin Suada Niesporek unter 04209/931397 melden. Die Teilnehmer sollten Sportbekleidung und ein Handtuch mitbringen.