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Angebote in Bremen Ukrainische Geflüchtete haben großes Interesse an Deutschkursen

Durch den verstärkten Zuzug von Geflüchteten aus der Ukraine, aber auch aus anderen Ländern, werden mehr Deutschkurse in Bremen gebraucht. Viele, die gerne die Sprache lernen wollen, müssen warten.
22.08.2022, 05:00 Uhr
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Ukrainische Geflüchtete haben großes Interesse an Deutschkursen
Von Sara Sundermann

Durch den Zuzug von Geflüchteten aus der Ukraine wächst die Gruppe derer, die Deutsch lernen wollen. Und auch die Zahl der Geflüchteten aus anderen Ländern, die in Bremen ankommen, verdoppelte sich zu Beginn dieses Jahres laut Sozialressort im Vergleich zum Vorjahr. Und nicht jeder, der neu nach Bremen kommt, findet zeitnah einen Platz in einem Sprachkurs. "Die Nachfrage ist groß, es gibt viele, die auf einen Platz warten müssen, weil die Kurse momentan sehr voll sind", sagt Nodira Iminova von der Koordinationsstelle Sprache des Landes Bremen. Das Team der Landeskoordinationsstelle berät Geflüchtete und Zuwanderer bei der Suche nach dem passenden Sprachkurs.

"Viele suchen einen wohnortnahen Vormittagskurs", schildert sie. "Oft sind auch Kurse mit Kinderbetreuung gefragt, aber es gibt nur wenige Träger, die Integrationskurse mit Betreuung anbieten." Für die Kinderbetreuung fehlten oft geeignete Räume. "Es gibt viele Frauen, die durch Familiennachzug hierher gekommen sind, die müssen oft auf die Kinder aufpassen, weil der Mann arbeitet", sagt Iminova. "Viele von ihnen würden gern vormittags Kurse machen, weil die Kinder dann in die Kita oder Schule gehen – aber nicht alle bekommen einen Kita-Platz, und die Mütter müssen die Kinder dann mit zum Kurs nehmen."

"Sprache ist was Lebendiges"

Christine Spiess ist Dozentin an der Volkshochschule und gibt Integrationskurse für Geflüchtete, Zuwanderer und Spätaussiedler. "Manche müssen echt lange auf einen Platz warten, das ist schon hart", sagt sie. Einer ihrer Kursteilnehmer habe ein halbes Jahr lang gewartet und in der Zeit fleißig alleine via Internet Deutsch gelernt. Doch das funktioniere nur bedingt: "Sprache ist was Lebendiges, das muss man hören und sprechen." Größte Motivation fürs Deutsch lernen sei es für viele ihrer Kursteilnehmer, dass sie die Sprachkenntnisse zum Arbeiten bräuchten: "Sie wollen alle arbeiten, und sie wollen alle raus aus der finanziellen Abhängigkeit".

Ein Aspekt, warum es jetzt Wartelisten für Kurse gebe, könne auch sein, dass in der Pandemie Kurse nur in halber Größe durchgeführt werden konnten, sagt die Dozentin. "Wir hatten oft nur acht bis zehn Personen im Kurs, jetzt sind es wieder 18." Denkbar sei, dass jetzt viele die Kurse nachholen wollten, die sie zuvor nicht machen konnten.

Größere Träger für Deutschkurse sind in Bremen die Volkshochschule und das Paritätische Bildungswerk. In den Stadtteilen gibt es diverse weitere Anbieter wie zum Beispiel die Schule für Weiterbildung in Huchting, das Mütterzentrum Osterholz und das Haus der Familie in Hemelingen.

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Beim Paritätischen Bildungswerk (PBW) melden sich viele Geflüchtete: „Die Nachfrage ist da, es kommen jeden Tag etwa zehn Interessentinnen aus der Ukraine, die sich über einen Integrationskurs informieren möchten", sagt Milda Girdzijauskaite-Merold, Fachbereichsleitung beim PBW für Deutsch als Fremdsprache. „Und wir bekommen über unsere Lehrkräfte mit, dass es viele ukrainische Kursteilnehmer lernstark und lernerfahren sind." Das mache sich in der Dynamik der Kurse bemerkbar: "Das Tempo wird ein bisschen schneller“.

Kennenlernen im Kurs

Das Paritätische Bildungswerk biete bewusst keine Deutschkurse nur für Ukrainer an, so Girdzijauskaite-Merold: „Es ist auch Sinn der Integrationskurse, dass sich dort Menschen aus verschiedenen Ländern kennenlernen“. Beim PBW sei etwa jeder zweite Deutschkurs mit Kinderbetreuung kombiniert. „Wir betreuen pro Jahr etwa 200 bis 300 Kinder, das ist schon ein erheblicher Beitrag zur Kinderbetreuung.“

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Die Volkshochschule (VHS), die ebenfalls Deutsch- und Integrationskurse anbietet, bereitet sich auf einen Ansturm vor. Nach den Ferien erwarte man großen Zulauf in der Beratung für Deutschkurse, sagt Marinela Kolar Lukic, Assistenz der Fachbereichsleitung für Deutsch als Fremdsprache an der VHS. Die Beratungsteams stünden bereit.

Sie stellt auch klar: „Es fehlt sowohl an räumlichen und personellen Ressourcen, als auch damit an zusätzlichen Kursplätzen." Die große Nachfrage stelle eine Herausforderung für die VHS dar. Man habe aber in den vergangenen Jahren viele Erfahrungen gesammelt und sich auf einen starken Zulauf vorbereitet, zum Beispiel mit effektiveren Abläufen. "Wir sind zuversichtlich, dass wir die Herausforderung meistern werden", sagt Kolar Lukic. Die VHS arbeite mit Hochdruck daran, mehr Plätze zu schaffen. "Das Erlernen der deutschen Sprache sehen wir als Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Integration." Deutschkurse könnten den Menschen ein Stück Normalität, Stabilität und Perspektiven bieten.

Zur Sache

Zulassung zum Integrationskurs

Es gibt viele Arten von Deutschkursen. Die Integrationskurse, die vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) gefördert werden, sind eine davon. Integrationskurse sind für alle kostenlos, die Leistungen vom Jobcenter bekommen. Sie bestehen aus einem Deutschkurs, ergänzt um einen Orientierungskurs mit weniger Stunden, in dem zum Beispiel Wissen zur deutschen Rechtsordnung, Geschichte und Kultur vermittelt wird.

Nicht alle Zuwanderer und Geflüchteten haben gleichermaßen Zugang zu Integrationskursen. Zuerst muss eine Zulassung beantragt werden. "Ukrainer dürfen einen Antrag bei der Bamf-Außenstelle direkt in Bremen stellen, da dauert es meist nur zwei Wochen, bis die Zulassung da ist", sagt Nodira Iminova von der Landeskoordinationsstelle Sprache. Personen aus Syrien, Afghanistan, Eritrea und Somalia müssten ihren Antrag dagegen bei der Bamf-Bundeszentrale in Nürnberg stellen. "Das dauert bis zu sechs Monate und oft sogar länger."

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