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Drei Bewerber, ein Sieger Vegesack wählt Dornstedt erneut zum Ortsamtsleiter

Heiko Dornstedt ist am Donnerstagabend erneut zum Ortsamtsleiter in Vegesack gewählt worden.
08.06.2018, 10:19 Uhr
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Nach zwei Stunden ist es entschieden: Heiko Dornstedt wird wieder Chef des Vegesacker Ortsamtes. Kaum hat die Zählkommission ihn zum Wahlsieger erklärt, steht Dornstedt nicht mehr allein zwischen den Stuhlreihen der Zuhörer. Er schüttelt Hände, bekommt Blumen und Klopfer auf die Schulter – auch von denen, die zuvor die Wahl boykottiert haben. Mehrere Beiratsmitglieder erklären zu Beginn der Sitzung das Verfahren zur Farce. Weder machen sie ein Kreuz bei den Kandidaten noch stellen sie ihnen Fragen.

Am Ende bekommt Dornstedt elf Stimmen, seine Herausforderer – zwei sind es – erhalten zusammen drei. Alle 17 Vertreter des Stadtteilparlaments sind wahlberechtigt, doch nur 14 machen an diesem Donnerstagabend davon Gebrauch. Die Bürger in Wut wollen nicht. Cord Degenhard, ihr Sprecher, vergleicht das Prozedere mit der Papstwahl. "Es gibt keine Transparenz." Er spricht von einem Maulkorb, den die Beiratsmitglieder von der Senatskanzlei bekommen haben. Gerne, sagt Degenhard, hätte er im Vorfeld mit Vegesackern über die Kandidaten gesprochen. "Das wäre demokratisch gewesen." Doch er durfte eben nicht.

Drei Bewerber

Viola Kral sagt nicht viel dazu. Die Mitarbeiterin der Senatskanzlei erklärt, dass allen Beiratsmitgliedern das Verfahren erläutert wurde und warum es so ist, wie es ist. Kral leitet den Wahlabend. Sie sitzt dort, wo sonst die Referenten während einer Beiratssitzung ihren Platz haben – neben dem Ortsamtsleiter. Sein Stuhl ist diesmal Kandidatenstuhl. Ein Bewerber nach dem anderen kommt herein und geht wieder, sobald er sich dem Beirat präsentiert und den Fragen der Fraktionen gestellt hat. Kein Kandidat soll hören, was ein Herausforderer sagt. So schreiben es die Statuten vor.

Eigentlich sollten fünf Bewerber gehört werden. Doch einer, sagt Kral, hat die Kandidatur zurückgezogen und ein anderer ist erkrankt. Sie ruft die Kandidaten in alphabetischer Reihenfolge auf. Der erste Name lautet Bülter, Andreas Bülter – 54, in Farge geboren, in Blumenthal aufgewachsen, "also ein Nordbremer durch und durch". Die Beiratsmitglieder wissen das. Sie haben seine Bewerbung gelesen. Jetzt wollen sie mehr erfahren, vor allem, wie er sich ihnen präsentiert. Bülter, früher Polizist, später Manager, jetzt Betriebsleiter eines Zulieferers für Daimler, sagt über sich, viel Erfolg gehabt zu haben.

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Und jetzt wolle er Vegesack voranbringen – mit seinem Wissen als ehemaliger Polizeibeamter und Geschäftsmann. Die Beiratsmitglieder haken nach. Sie wollen wissen, wie – und welche Pläne er hat, mehr Bürger an der Entwicklung des Stadtteils zu beteiligen und die Ortsamtsarbeit zu digitalisieren. Bülter, weißes Hemd, blau gestreifte Krawatte, sagt, dass er versuchen werde, mehr Geschäfte nach Vegesack zu holen, Menschen anzusprechen, um sie politisch zu interessieren, und den Zugang zum Internet für Ältere zu vereinfachen. Die Stadtteilpolitiker nicken. Später, in der Wahlkabine, wird keiner von ihnen hinter Bülters Namen ein Kreuz machen.

Dagmar Händler-Bertling bekommt dagegen drei Stimmen. Sie ist die zweite Herausforderin von Heiko Dornstedt – und aufgeregt. Das erklärt sie gleich. Noch nie hat sie sich für ein öffentliches Amt wie dieses beworben. Mit Verwaltungsarbeit, auch daraus macht sie keinen Hehl, kennt sie sich nicht aus. Dafür aber mit Coaching und der Motivation von Mitarbeitern. Händler-Bertling, 58, verheiratet, zwei Kinder, arbeitet in der Erwachsenenbildung. Sie hat erst Wirtschaftswissenschaften, dann Sozialpädagogik studiert. Sie sagt, dass sie das für eine gute Mischung hält, um die Arbeit in einem Ortsamt zu bewältigen. "Ich kann Zahlen interpretieren und behalte den Menschen hinter diesen Zahlen im Blick." Den Rest würde sie schon noch lernen.

Händler-Bertling will Perspektiven für junge Menschen schaffen

Auch, wo was in Vegesack eigentlich ist. Dagmar Händler-Bertling, gebürtige Düsseldorferin, kennt sich aus in Bremen, nur im Norden "noch nicht ganz so gut". Sie hat in Walle gewohnt, im Ostertorviertel, in Schwachhausen. Jetzt lebt sie in Findorff. Die Kandidatin, dunkler Rock, dunkler Blazer, zuckt mit den Schultern, dann lacht sie. Das macht Händler-Bertling öfter. Sie sagt, dass sie gut auf Menschen zugehen kann – und dass sie das auch nutzen würde, um dem Stadtteil neue Impulse zu geben. Perspektiven für junge Menschen wolle sie schaffen, Gespräche mit Firmen führen, um den Wirtschaftsstandort weiter voranzubringen, und das Miteinander fördern – auch digital: Zum Beispiel mit einer Übertragung von Beiratssitzungen im Internet.

Bei Heiko Dornstedt kommen Fragen, die den anderen Kandidaten nicht gestellt werden konnten. Die Fraktionen wollen wissen, was denn gut gelaufen ist in den vergangenen zehn Jahren seiner Amtszeit und was schlecht. Dornstedt, es ist seine zweite Kandidatur, hat sich vorher den Fraktionen wie jeder andere Bewerber vorstellen müssen – auch wenn ihn die Fraktionsmitglieder längst kennen. Gut gelaufen, meint Dornstedt, 61, seit 1975 im öffentlichen Dienst, erst im mittleren, dann im gehobenen, sei die Gründung der Willkommensinitiative für Flüchtlinge. Und schlecht lief und läuft nach seinen Worten noch immer die Zusammenarbeit mit den Behörden. "Sie dazu zu bringen, einen Beschluss des Beirates auch umzusetzen, ist nicht leicht."

Dornstedt will seine Arbeit fortsetzen

Um das Mittelzentrum zu stärken, setzt Dornstedt auf "die Fortsetzung seiner Arbeit" sowie "die Kommunikation mit Vereinen und Verbänden". Seine Tür, sagt er, stehe immer offen. Damit künftig noch mehr Menschen an Entscheidungen beteiligt werden, will er Bürgerbefragungen wie beim Programm "Zukunft Zentrum Vegesack" wiederholen. Die drei wichtigsten Projekte im Stadtteil sind für ihn der Hochwasserschutz, die Entwicklung des Haven Höövt und der Bezirkssportanlage Oeversbergs: "Die Vereine müssen endlich Planungssicherheit bekommen, damit sie in ihre Anlagen investieren können."

Dornstedt hat die Wahl zwar gewonnen, wird aber erst zu einem späteren Zeitpunkt von der Senatskanzlei ein weiteres Mal zum Ortsamtsleiter berufen – nach Ablauf der Widerspruchsfrist. Und wenn kein Kandidat die Wahl anfechtet wie schon so oft.

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