Seit mehr als zwei Monaten herrscht Krieg in Europa – und Deutschland ist abhängig von Gaslieferungen des Kriegstreibers. Am Mittwoch hat Russland die Gaslieferungen nach Polen und Bulgarien eingestellt, hierzulande ist die Versorgung bisher stabil. Trotzdem müssen sich Großverbraucher die Frage stellen, ob sie weiter mit Gas planen können. Neben Industriebetrieben sind dies in Bremen zum Beispiel auch die Schwimmbäder. Um Wasser und Luft auf angenehme Temperaturen zu bringen, braucht es viel Energie. Die Bremer Bäder setzen dabei aber nicht nur auf Gas.
Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) aktivierte am 30. März die Frühwarnstufe im "Notfallplan Gas". In der letzten der drei Stufen, der Notfallstufe, bekäme die Bundesnetzagentur weitreichende Kompetenzen und könnte den Verbrauch direkt steuern. Zu den Möglichkeiten zählt neben dem Abschalten von Industriekunden auch die Anweisung von Großverbrauchern, mit weniger Gas auskommen zu müssen.
Verband warnt vor Engpässen
Auf die bedrohliche Kulisse hat Mitte April die Deutsche Gesellschaft für das Badewesen (DGFDB) aufmerksam gemacht. Im Leitfaden "Schwimmbäder in der Energiekrise" heißt es: "Es muss davon ausgegangen werden, dass entweder Energie fast überhaupt nicht zur Verfügung steht oder im Verlauf dieses Jahres massiv eingespart werden muss." Die DGFDB warnt davor, dass im Verlauf des Jahres die Energieversorgung stark reguliert werden könnte, damit die Speicher im Winter für die kritische Infrastruktur und wichtige Wirtschaftsunternehmen ausreichend gefüllt sind.
Der Verband bereitet die rund 7000 Hallen- und Freibäder in Deutschland mit dem Leitfaden auf zwei Szenarien vor. Bei reduzierten Energielieferungen könnte der Betrieb unter bestimmten Bedingungen weitergehen. Vorstellbar ist aber auch, dass Bäder kurzzeitig vom Netz gehen müssen. Dann ginge es auch darum, dass die Stilllegung keine technischen Schäden anrichtet.
Bei den Bremer Bädern spielen Drohkulissen wie diese derzeit noch keine Rolle. "Kurzfristig gehen wir davon aus, dass wir nur kleine Veränderungen herbeiführen können und müssen", erklärt Geschäftsführerin Martina Baden. Die Schwimmbäder hätten schon viele Maßnahmen umgesetzt, um nicht komplett von der Gasversorgung abhängig zu sein. "Zu einem großen Teil haben wir in den Bremer Bädern Fernwärme. Unsere Freibäder werden nicht geheizt, haben aber in der Regel eine Absorberanlage", erläutert die Chefin. Absorber können das Wasser durch die Strahlkraft der Sonne um zwei bis vier Grad erhitzen.
8,5 Millionen Kilowattstunden
Für den Gasverbrauch spielen die Freibäder deshalb keine Rolle. Die übrigen sieben Bäder kamen 2019 – im Normalbetrieb vor Corona – auf einen Verbrauch von rund 8,5 Millionen Kilowattstunden. So viel Gas verbrauchen in etwa 3200 Vier-Personen-Haushalte, also mehr als 12.000 Menschen. Trotzdem ist dies bei sieben Bädern eher wenig. Zum Vergleich: Die Grafttherme allein verbraucht in Delmenhorst mit einem großen Wellnessbereich und einem beheizten Außenbecken etwa 6,5 Millionen Kilowattstunden pro Jahr.

Uwe Siefke ist der technische Leiter der Bremer Bäder.
Zu erklären ist dies mit dem Einsatz von Fernwärme aus dem Netz der Stadtwerke Bremen (SWB). Von den sieben Hallenbädern setzen derzeit zwei vollständig auf dieses Prinzip. Die Wärme des Westbads stammt aus einer Abfallverbrennungsanlage im Hafengebiet. Nach Angaben von Friedhelm Behrens, Pressesprecher der SWB, kommt hierbei Gas zum Einsatz, um die Verbrennung des Mülls in Gang zu setzen. Das Vitalbad in der Vahr erhält seine Fernwärme aus dem Steinkohlekraftwerk in Hastedt. Auch für den Betrieb des neuen Horner Bads braucht es kein Gas. Das Hallenbad, das mit dem Freibadbereich am 4. Juni eröffnet wird, bekommt seine Wärme aus dem Müll-Heiz-Kraftwerk Oken. Hier nutzt die SWB Heizöl für die Verbrennung.
Das Ote-Bad nutzt eine Kombination aus einem eigenen, gasbetriebenen Blockheizkraftwerk und Fernwärme, die in Hastedt per Steinkohle entsteht. "Technisch wäre es möglich, komplett auf die Fernwärme der SWB umzustellen", erklärt Uwe Siefke, technischer Leiter der Bremer Bäder. Allerdings bezweifelt er, dass dies in einer Lage, in der die Wärme auch dringend an anderen Stellen gebraucht wird, von der SWB umsetzbar wäre.
Bundesweit haben einige Bäder bereits die Wassertemperatur gesenkt, um den Energieverbrauch zu senken. Zwei Grad weniger können laut DGFDB den Gesamtverbrauch um bis zu 25 Prozent reduzieren. Bei den Bremer Bädern ist Siefke zu einer anderen Einschätzung gekommen. "Bei einem Becken mit 900 Kubikmetern Wasser käme es bei zwei Gard weniger zu einem einmaligen Einspareffekt von 2000 Kilowattstunden. Im laufenden Betrieb wäre der Spareffekt danach aber gering, weil das Becken mit dem gesamten Gebäude eine thermische Einheit bildet", erklärt er. In Bremen habe das Westbad bereits vor Corona auf Wunsch des Badleiters die Temperatur etwas gesenkt. Eine entsprechende Entscheidung für alle Bäder gebe es nicht.