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Bezahlsender erhöht Gebühren Viele Wirte zeigen kein Fußball mehr

Bremen-Nord. Viele Wirte, die Fußball in ihrer Kneipe zeigen, überlegen, ihr Abonnement beim Bezahlsender Sky zu kündigen. Einige haben es schon getan. Der Grund: Die Gebühren steigen ab September erheblich.
25.07.2013, 05:00 Uhr
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Viele Wirte zeigen kein Fußball mehr
Von Julia Ladebeck

Bremen-Nord. Wer Fußball gerne in geselliger Runde bei einem frisch gezapften Bier guckt, könnte künftig Probleme bei der Suche nach einer Kneipe haben, in der die Bundesliga-Spiele gezeigt werden. Zahlreiche Nordbremer Wirte überlegen derzeit, ihr Abonnement beim Bezahlsender Sky zu kündigen. Einige sind den Schritt bereits gegangen. Der Grund: Die Gebühren steigen ab September erheblich.

Katrin Mosel hat ihre Kündigung an Sky bereits abgeschickt. "Die Fußball-Ära im Tinto geht Ende August zu Ende", sagt die Inhaberin des Vegesacker Restaurants "Tinto". Der Schritt ist ihr offenbar nicht leicht gefallen. Wütend, empört, traurig sei sie, "immerhin zeigen wir Fußball seit der Eröffnung im April 2006 und haben ein festes Stammpublikum". Doch die massive Erhöhung um 52 Prozent, von 343 Euro auf 521 Euro monatlich, war der Wirtin dann doch zu happig.

Vor etwa sechs Wochen habe sie die Mitteilung von Sky bekommen, dass die Preise steigen. Nicht nur über den Inhalt habe sie sich geärgert, auch über die Aufmachung des Schreibens. "Es sieht aus wie Werbung. Groß wird angekündigt, was sich angeblich alles verbessern wird und unten steht klein, dass es teurer wird."

Sky begründet die Veränderung mit der Einführung einer "neuen, ausgewogeneren Angebots- und Preisstruktur", bei der Aspekte wie Bevölkerungsdichte, Kaufkraft und Sportaffinität in der Region eine Rolle spielen würden. Bisher berechnete Sky die Gebühren nur nach der Quadratmeterzahl eines Lokals. "Auf Nachfrage hat mir ein Sky-Mitarbeiter am Telefon erklärt, die Wirtschaftlichkeit und Kaufkraft der Standorte seien ermittelt worden. Bremen-Nord sei dabei gleichzusetzen mit der Bremer Innenstadt. Es wäre ja schön, wenn es so wäre, hat aber mit der Realität ja nichts zu tun", sagt Katrin Mosel ärgerlich.

Brief an Bezahlsender

Thomas Derzak, der seit Jahren regelmäßig zum Fußball gucken ins "Tinto" geht, hat stellvertretend für eine 25-köpfige Fan-Gruppe einen Brief an den Bezahlsender geschickt: "Die Geselligkeit und die tolle Atmosphäre im Tinto genießen wir alle sehr. Wir würden es sehr schade finden, wenn wir in dieser geselligen Runde auf die Übertragungen von Sky verzichten müssten. Deswegen möchten wir Sie bitten, Ihre Preispolitik noch mal zu überdenken..." "Darüber habe ich mich sehr gefreut", sagt die Wirtin, "aber ich fürchte, das wird nichts nützen."

Auch in der Kneipe "Große Freiheit" müssen die Gäste künftig auf Fußballübertragungen verzichten. Heiko Grebesich, der auch das "Muddy" am Vegesacker Bahnhof betreibt, hat sein Abonnement für die Kneipe ebenfalls gekündigt. Mehr als 400 Euro monatlich hätte ihn das Abo künftig gekostet. Der Wirt findet: "Die nutzen ihre Monopolstellung ganz schön aus. Es gab in den letzten Jahren immer wieder Preiserhöhungen, aber 4800 Euro im Jahr zu bezahlen – das sehe ich nicht mehr ein."

Im "Muddy" können Fußball-Fans die Bundesliga-Spiele vorerst weiterhin sehen. "Da will ich es dieses Jahr noch mal durchziehen und gucken, wie es läuft." Das Problem der Wirte ist nämlich außerdem: Wenn der Lieblingsverein schwächelt, dann kommen nicht mehr so viele Fans zum Fußball gucken.

Wolfgang Freese, Wirt der "Gaststätte zum Gummibahnhof" in Burgdamm, überlegt ebenfalls, das Sky-Abo zu kündigen. "Ein Zusatzgeschäft ist das sowieso nicht, ich habe das bisher eher als Werbefaktor gesehen", sagt er. Immerhin würden bei Kosten von rund 4800 Euro jährlich und 34 Spieltagen im Jahr etwa 140 Euro pro Tag anfallen. "Bei einem normalen Spiel kommen vielleicht 30 Gäste, bei besonders attraktiven Spielen auch mal 50", erzählt er, "da lohnt sich das nicht." Bis zum Ende des Jahres läuft sein Vertrag noch. "Bis dahin gucke ich, wie es läuft und entscheide dann, was ich mache."

Abo lohnt nicht

Petra Nickel, Betreiberin des Hotels "Union" in Blumenthal, hat bereits vor rund drei Jahren gekündigt. Sie sagt: "So viel Bier kann ich gar nicht verkaufen, dass sich das lohnen würde." Und auch Haydar Sevgilik, Inhaber des Restaurants "Artemis" im Bockhorner Weg, hat Sky schon längst den Rücken gekehrt. "Ich habe im vergangenen Jahr gekündigt, weil die Preise fast jedes Jahr erhöht wurden."

Im Lokal "Hafenwirt – Vegesacker Junge" können die Nordbremer weiterhin Fußball schauen. Wirtin Luzie Taube wird an den Spieltagen aber künftig einen Mindestumsatz von zehn Euro pro Person festlegen, denn auch sie muss ab September 100 Euro mehr an Sky bezahlen, "und das ist ganz schön viel", findet auch sie.

Zähneknirschend behält Udo Schmidt, Wirt des "Horizont" in Vegesack, das Abonnement – trotz Preiserhöhung um 30 Prozent. "Ich bin entsetzt, der Preis ist eine Unverschämtheit", sagt er. Die höheren Gebühren will er dennoch nicht an seine Gäste weitergeben. "Ich trage als Wirt eben das Risiko." Nach Angaben von Sky bietet das neue Berechnungsmodell für einige Gaststätten-Betreiber Vorteile. Kneipenbesitzer in ländlichen Gebieten zahlen angeblich weniger. In Bremen-Nord profitiert davon offenbar kein einziger Wirt.

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