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Heizung Wärmepumpen als Alternative zu Gas und Öl

Wer die eigene häusliche Gastherme durch eine Wärmepumpenheizung ersetzen will, trifft in den eng bebauten Bremer Quartieren auf zahlreiche Probleme. Neue Konzepte für gemeinschaftliche Lösungen sind gefragt.
29.03.2022, 17:00 Uhr
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Wärmepumpen als Alternative zu Gas und Öl
Von Timo Thalmann

Der Angriff Russlands auf die Ukraine und die Folgen auf dem Energiemarkt haben bei vielen Menschen das Thema Energiewende weit nach vorn auf die Prioritätenliste befördert. "Unsere Energieberatung gemeinsam mit der Verbraucherzentrale ist im Grunde seit Kriegsbeginn ausgebucht", sagt Martin Grocholl, Geschäftsführer von Energiekonsens, der gemeinnützigen Klimaschutzagentur. Wer sich dort informieren will, wie er seinen persönlichen Ausstieg aus der Gas- oder Ölheizung umsetzen kann, müsse inzwischen mit knapp einem halben Jahr Wartezeit rechnen, um einen Termin mit einem Berater zu bekommen.

Ähnlich auch das Bild im Handwerk. "Viele Leute wollen jetzt von uns wissen, wie sie ihre Gasheizung loswerden können", sagt Sascha Kirschenlohr, Geschäftsführer sowie Installateur- und Heizungsbaumeister bei der Firma Bergmann in Bremen. Die Anfragen nach Alternativen seien in den zurückliegenden vier Wochen schlagartig in die Höhe geschnellt. "Wir sind inzwischen bei Juni/Juli für den ersten Termin, nur um die jeweilige Wohnungssituation vor Ort in Augenschein zu nehmen.

Welche Alternativen zur Gas- oder Ölheizung gibt es?

Für Kirschenlohr ist das in erste Linie die Wärmepumpe, und auch bei Energiekonsens wollen sich die meisten darüber informieren. Wärmepumpen funktionieren nach dem gleichen Prinzip wie ein Kühlschrank, nur dass es nicht um die Kühlung geht, sondern hier die Abwärme genutzt wird. Gebraucht wird kein fossiler Energieträger mehr, sondern allein Strom, der dann möglichst aus regenerativen Quellen stammt, weswegen die Fotovoltaik-Anlage auf dem Dach gerne mit der Wärmepumpenheizung kombiniert wird. Moderne Luft-Wasser-Wärmepumpen genügen für den Betrieb mit der Umgebungswärme aus der Luft. Das funktioniert auch im Winter. Dafür muss ein ungefähr kühlschrankgroßes Aggregat außerhalb der Wohnung postiert werden, das der Luft die Wärmeenergie entzieht. Eine optimal eingestellte Wärmepumpe kann so aus einer Kilowattstunde Strom drei bis vier Kilowattstunden Wärme produzieren.

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Welche Voraussetzungen braucht eine Wärmepumpenheizung?

"Die Wohnung muss auch mit niedrigeren Vorlauftemperaturen warm werden können", sagt Grocholl. Das sei gewöhnlich bei Fußbodenheizungen der Fall. Allerdings brauche man die nicht zwingend. "Es läuft eigentlich immer auf eine Kombination von Dämmung und optimierten Heizkörpern hinaus." Die zweite wichtige Randbedingung: Falls Erdwärme genutzt werden soll, muss Platz für die Bohrung einer Erdsonde vorhanden sein. Setzt man auf die Energie der Umgebungsluft, wird ein Platz gebraucht, an dem das Außenaggregat stehen kann. "Die Teile entwickeln allerdings Geräusche", sagt Kirschenlohr. Auch wenn moderne Modelle inzwischen sehr leise geworden seien, empfehle er drei Meter freie Bahn, wo die angesaugte Luft wieder ausgeblasen wird. "Wenn dieser Luftstrom direkt auf eine Wand trifft, gibt's schnell Diskussionen mit der Nachbarschaft, Innenhöfe sind zum Beispiel denkbar ungeeignet."

Sind Wärmepumpen im Altbau in engen Bremer Quartieren dann überhaupt möglich?

Dafür gibt es laut Grocholl keine pauschale Antwort. Man müsse sich jedes Gebäude und das Umfeld sehr genau anschauen. "Was sicher nicht funktioniert, ist die Vorstellung, man könne eine alte Gastherme eins zu eins durch eine Wärmepumpe ersetzen, die einfach wie eine neue Gastherme installiert wird." Kirschenlohr betont die sorgfältige Planung. "Bei einer Gastherme kann man vieles auch nach dem Einbau über die Einstellungen regeln. Eine Wärmepumpe muss dagegen exakt auf die erforderliche Heizlast ausgelegt sein, sonst läuft sie nicht effizient." Beide Fachleute sehen auf mittlere Sicht den Abschied von Einzellösungen für jede Wohnung, schon wegen des Platzbedarfs einer Wärmepumpe auch im Gebäude. An die Stelle von vielen Gasthermen tritt dann eine gemeinsam betriebene Heizung. "Wenn es mehr als einen Gebäudeeigentümer gibt, sind dafür die Eigentümergemeinschaften gefragt", sagt Kirschenlohr. Wo noch Zentralheizungen mit Öl oder Gas existieren, dürfte der Umstieg daher etwas einfacher werden. Grocholl kann sich auch weitergehende Lösungen vorstellen, die einzelne Quartiere oder Baublöcke gemeinsam betreiben.

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Gibt es Beispiele für gemeinschaftliche Heizungen über ein Gebäude hinaus?

Das ganz große Beispiel ist laut Grocholl das Bremer Fernwärmenetz. Er schätzt, dass rund ein Drittel der Gebäude in Bremen aufgrund ihrer Lage technisch betrachtet anschlussfähig werden könnten. "Der weitere Ausbau und Anschluss hängt aber auch von den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ab." Davon unabhängige Konzepte sogenannter Nahwärme- oder Quartiersnetze sind laut Grocholl noch ganz am Anfang. Er nennt ein Beispiel aus Wien, wo es unter anderem möglich war, eine große Erdwärmesonde für ein kleines lokales Wärmenetz auf öffentlichem Grund zu verlegen. In Bremen hat eine erste Anwohnerversammlung in der Humboldtstraße über ein sogenanntes straßenweites „Anergie-Netz“ diskutiert, bei dem mehrere Wärme- und Energiequellen genutzt werden, unter anderem auch die Abwärme von Kühlaggregaten. "Damit könnte Bremen zum Vorreiter für so etwas in Deutschland werden."

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