Früher war die Sache einfach: Wer eine neue Heizung in sein Haus einbauen wollte, verglich die Angebote der Hersteller und entschied sich dann für das passende Modell. Heute stehen Hausbesitzer vor viel grundsätzlicheren Fragen: Soll es überhaupt noch einmal eine klimaschädliche Gas- oder Ölheizung sein? Oder investiert man lieber in eine emissionsarme Wärmepumpe? Die Antwort ist nicht einfach, denn die Rettung des Planeten stößt in einer dicht bebauten Altbremer Reihenhaussiedlung schnell an ihre Grenzen.
Klimaneutral in 16 Jahren - bedeutet das das Aus für meine Öl- oder Gasheizung?
Fast 80 Prozent aller Wohnungen in Bremen werden mit Gas oder Öl beheizt. Bis 2038 will Bremen jedoch klimaneutral werden, also unter dem Strich keine Treibhausgase mehr ausstoßen. Bis dahin müssten auch diese Öl- und Gasheizungen theoretisch abgeschaltet sein. Bei einer durchschnittlichen Lebensdauer einer Heizung von 15 bis 20 Jahren muss das Umsteuern also jetzt beginnen. Bei der Energieberatung der Verbraucherzentrale Bremen ist das Interesse deutlich zu spüren: "Wir werden überrollt mit Anfragen", sagt Energieberaterin Inse Ewen.
Welche Alternativen gibt es zur Öl- oder Gasheizung?
Abgesehen von Fernwärme im Prinzip zwei: Wärmepumpen oder Pelletheizungen. Während ein Ölkessel mehr als 300 Gramm CO2 pro Kilowattstunde Heizwärme ausstößt und eine Gastherme fast 250, begnügt sich ein Kessel, der mit Holzpellets befeuert wird, mit gut 20 Gramm. Eine Wärmepumpe, die (in Zukunft) mit Strom aus erneuerbaren Energien betrieben wird, wäre nahezu emissionsfrei. "Der Wärmepumpe gehört deshalb ganz klar die Zukunft", sagt Stefan Schiebe, Geschäftsführer der Innung Sanitär, Heizung, Klima Bremen.
Wie funktioniert eine Wärmepumpe?
Eine Wärmepumpe funktioniert im Prinzip wie ein Kühlschrank, nur umgekehrt: Nicht die Kälte wird zum Kühlen genutzt, sondern die Wärme zum Heizen. Eine Wärmepumpe entzieht der Umgebung (Außenluft, Erdreich, Grundwasser o.ä.) Wärme. Über einen Verdichter wird die Temperatur so weit erhöht, dass daraus nutzbare Heizwärme entsteht. Das kostet zwar Strom für den Betrieb des Kompressors. Bei einer gut funktionierenden Wärmepumpe entsteht aber im Verhältnis zum verbrauchten Strom vier- bis fünfmal so viel Wärmeenergie. Wenn der Strom dann auch noch aus erneuerbaren Energien stammt, wird die Wärmepumpe zur Öko-Heizung.
Warum werden dann nicht überall Wärmepumpen installiert?
Abgesehen vom Preis (siehe unten) stellen sich in einer dicht besiedelten Stadt einige praktische Probleme: Erdwärmepumpen, die ihre Energie auch bei Minustemperaturen noch verlässlich aus dem Erdreich beziehen, können in einer Straße mit Reihenhäusern kaum installiert werden: "Das Bohrgerät kommt ja gar nicht bis in den Garten", erklärt Energieberaterin Ewen. Also kommen bei Nachrüstungen im Baubestand praktisch nur Luftwärmepumpen in Frage, die ihre Energie aus der Umgebungsluft beziehen. Auch hier allerdings wird es in einer Reihenhaussiedlung schnell eng: Weil die Pumpen Geräusche machen – bis zu 60 Dezibel, sagt Ewen, "das ist normale Gesprächslautstärke" – müssen nach der geltenden Landesbauordnung Abstände zum Nachbargrundstück eingehalten werden: mindestens 2,50 Meter. "In einem schmalen Garten stünde das Gerät also mitten auf der Terrasse", rechnet die Energieberaterin vor. Wärmepumpen der neuesten Bauart seien allerdings bereits leiser geworden, versichert Kai Schulz, Obermeister der Innung Sanitär, Heizung, Klima: Unter 40 dB sind mit ein paar Metern Abstand drin. Allerdings räumt auch Schulz ein: Von 10 Kunden, die nach einer Wärmepumpe fragen, kann er am Ende nur zweien den Einbau tatsächlich empfehlen.
Funktioniert eine Luftwärmepumpe auch im Winter bei minus 10 Grad?
In Norddeutschland kommen solche Temperaturen zwar immer seltener vor, aber gerade dann wird eine Heizung besonders dringend gebraucht. Und in der Tat: "Bei extremen Minusgraden kann es sein, dass eine Wärmepumpe nicht mehr zu 100 Prozent funktioniert", gibt Energieberaterin Ewen zu bedenken. Dann muss ein elektrischer Heizstab helfen, der viel Strom verbraucht. Hohe Vorlauftemperaturen wie eine Öl- oder Gasheizung schafft eine Wärmepumpe ohnehin nicht, jedenfalls nicht im wirtschaftlichen Dauerbetrieb. Das heißt: Das Haus muss tadellos gedämmt sein, am besten auch noch über eine Fußbodenheizung verfügen, um die Wärme optimal zu nutzen.
Dann also doch lieber ein Holzfeuer – mit einer Pelletheizung?
Holzpellets erzeugen bei der Verbrennung zwar auch CO2, aber nur so viel, wie der Baum zu Lebzeiten der Atmosphäre entzogen hat. Allerdings wäre das Verheizen frisch gefällter Bäume mit dem Klimaschutz kaum zu vereinbaren. Pellets werden deshalb aus Holzabfällen hergestellt. Und die reichen nicht zum Beheizen sämtlicher Wohnungen in Deutschland: Auf maximal zehn Prozent schätzen Experten das Potenzial. Dazu kommt auch hier ein praktisches Problem in engen Reihenhaussiedlungen: Man braucht einen Speicher, etwa so groß wie ein Öltank. Die Pellets werden ähnlich wie das Heizöl in Tankwagen angeliefert – ohne Zufahrt wird es also schwierig. Und das Umweltbundesamt rät sogar ganz davon ab, mit Holzpellets zu heizen: wegen der Feinstaubbelastung.
Sind Wärmepumpen teurer als eine Gasheizung?
Ja. Während der Einbau einer modernen Gastherme je nach Bauart für 5000 bis 10.000 Euro zu haben ist, kostet eine Wärmepumpe 20.000 bis 25.000 Euro, eine Pelletheizung sogar noch etwas mehr. Allerdings gibt es Förderprogramme, die bis zu 45 Prozent der Kosten abdecken. Außerdem werden Öl und Gas durch die steigende CO2-Abgabe von Jahr zu Jahr teurer. "Auf die gesamte Lebensdauer einer Heizung gerechnet, kann sich die Wärmepumpe lohnen", sagt Innungs-Obermeister Schulz.
Wenn in meinem Reihenhaus weder Wärmepumpe noch Pelletheizung in Frage kommen – was dann?
Bremen will sein Fernwärmenetz ausbauen. Aber das kann dauern und wird nicht jeden Stadtteil erreichen. "Viele entscheiden sich für eine Kombination aus Gastherme und Sonnenkollektoren", sagt Energieberaterin Ewen. Eine solarthermische Anlage kann zumindest einen Teil der Wärme für Heizung und Warmwasserversorgung erzeugen.