Wenn sich auf dem Zeugnis schlechte Noten finden, sind die Gründe nicht immer für alle Eltern und Kinder nachvollziehbar. An der Bremer Grundschule werden sogenannte Kompo-Lei-Zeugnisse verteilt – Bewertungsbögen, auf denen Lehrerinnen und Lehrer festhalten, was die Kinder im Einzelnen können und was nicht. Sollte das Zeugnis schlecht ausfallen, raten Elternsprecherinnen und Lehrerinnen: "Eltern sollten dem Kind zunächst mit Verständnis begegnen, damit es nicht sofort dichtmacht. Es ist wichtig, dass das Kind die schlechte Bewertung nicht als Drama auffasst." Gerade bei introvertierten Kindern sei es wichtig, eher Mitgefühl und Hilfsbereitschaft zu zeigen. Genau das Gleiche gelte für Lehrerinnen und Lehrer – Aufgabe der Pädagogen sei es, das Kind ebenfalls erst einmal fragen, woran es liegt.
Wenn das allerdings nicht zum gewünschten Ergebnis führt, raten Experten den Eltern, das Gespräch mit der Lehrkraft zu suchen. "Lehrerinnen und Lehrer kennen die Kinder und können gezielter sagen, wo es hakt." Es gebe die Möglichkeit, zum Beispiel als Unterstützung einen Hausaufgabenplan zu entwerfen, den der Lehrer oder die Lehrerin abzeichnet – oder einen Smiley gibt, wenn es gut gelaufen ist.
Wenn Eltern mit der Notengebung überhaupt nicht einverstanden sind, gebe es noch den Weg, sich an die Fachkonferenz zu wenden, sagt eine Elternsprecherin. Kann man immer noch nicht nachvollziehen, wie die Note zustande gekommen ist, könnten Eltern im nächsten Schritt ein Gespräch mit der Schulleitung suchen. Auch den Zentralelternbeirat könne man kontaktieren. Zudem bestehe die Möglichkeit, ein formloses Anschreiben an das zuständige Schulamt zu richten. Dieses werde Kontakt mit der Schulleitung aufnehmen und den Fall besprechen.
Eltern können schließlich einen Anwalt für Schulrecht heranziehen. Grundsätzlich gilt: Sollen Schulnoten oder Zeugnisse angefochten werden, müssen sie als erheblich eingestuft werden. Rechtsanwalt Tim Brinkmann von der Kanzlei Trentmann in der Obernstraße hat bereits mehrfach Klagen gegen Benotungen angestrengt, sowohl in Bremen als auch in Oldenburg. Er nennt ein Beispiel – wenn etwa bei der Zulassung zum Abitur in Mathematik nur ein Punkt fehlt. In diesem konkreten Fall sei dann per Eilantrag geprüft worden, ob die Benotung korrekt gewesen ist. Neue Zensuren gibt es vor Gericht nicht: "Die Gerichte maßen sich nicht an, Noten anstelle der Schule zu vergeben."
Brinkmann führt mit Eltern und Schülern zunächst ein Gespräch, um die Chancen einer Klage einzuschätzen. Die Noten, um die es bei rechtlichen Schritten geht, müssen relevant sein für die Versetzung, den Wechsel an eine andere Schule oder für den Abschluss. Seiner Erfahrung nach beschreiten Eltern diesen Weg häufiger nach der 10. Klasse oder im Vorfeld der Abiprüfung. Der Anwalt macht aber deutlich: "Es bleibt dort schwierig, wo bei der Benotung ein Beurteilungsspielraum besteht."