Nachthemd statt Puzzle
1991 war ich als Pharmaziestudentin im Prüfungsstress. Von meinem Freund erhielt ich ein stabiles Paket in Weihnachtspapier. Als ich es unter dem Tannenbaum öffnete, kam ein großes Puzzle mit einem Seeschlachtmotiv zum Vorschein. Mein Kopfkino ging los: Wie schrecklich, muss ich mich bedanken, was mache ich damit, null Zeit … Aber es war nur die Verpackung! Letztendlich war es ein wunderschönes Winternachthemd.
Ina Stelling
Eine Gitarre fürs Leben
Als Kind, so etwa zehn Jahre alt, habe ich mir nichts mehr gewünscht als eine Gitarre. Meine Freundinnen wollten einen Gitarrenkurs, der von unserer Kirche angeboten wurde, besuchen und ich wollte unbedingt dabei sein. Ich liebte Musik und wollte schon lange ein Instrument erlernen. Leider sagten meine Eltern nein. Eine Gitarre war teuer und sie hatten Bedenken, dass ich schnell das Interesse am Üben verliere.
Umso größer war die Überraschung, als eine Gitarre unterm Weihnachtsbaum lag und ich zum Kurs gehen durfte. Es war eine Gitarre von Framus. Heute weiß ich, dass meine Eltern mir, trotz ihrer Bedenken, ein gutes Instrument geschenkt haben. Leider lässt sie sich nicht mehr stimmen. Das Holz hat sich über die vielen Jahre durch den Transport auf dem Fahrrad bei Wind und Wetter verzogen. Heute besitze ich mehrere Gitarren und spiele sie leidenschaftlich. Meine erste Gitarre ist seit 50 Jahren immer noch bei mir und wird in Ehren gehalten.
Heike Eihusen
Westgeld für den Walkman
Ein Geschenk, das ich bis heute nicht vergessen habe, war mein erster Walkman. 1988, ich war dreizehn und habe in Stralsund gewohnt. Er war weiß und ich sehe ihn heute noch vor mir. Das Besondere daran war, dass meine Eltern bei dichtestem Nebel in der Nacht vor Weihnachten 80 Kilometer nach Rostock gefahren sind, um ihn bei Bekannten abzuholen, die Westgeld hatten und ihn für sie besorgt hatten. In der DDR gabs die nämlich nicht.
Andrea Dillmann
Ein Spaziergang mit den Kindern
Vor ziemlich genau zwei Jahren hatte ich Corona, lag isoliert in meinem Zimmer. Auf dem Rückweg von der Toilette wurde mir schwindelig, ich wurde ohnmächtig und stürzte. Mein Mann rief den Rettungswagen. Auf der Intensivstation des Delmenhorster Krankenhauses erwachte ich. Die Ärzte erklärten mir, in Bremen sei kein Bett mehr frei gewesen. Meine Schulter war doppelt gebrochen, ich hatte eine Lungenentzündung und Vorhofflimmern. Zwei Tage kämpfte ich um mein Leben, dann kam ich auf die Coronastation. Das Personal war rührend bemüht um mich. Ich bemühte mich, wieder auf die Beine zu kommen. Nach einigen Wochen konnte die Schulter operiert werden, wieder ein Krankenhaus-Aufenthalt.
Nach erfolgreicher Reha durfte ich Weihnachten zu Hause verbringen. Der Weihnachtsspaziergang mit meinen Kindern war und ist bis heute mein größtes Geschenk.
Carmen Schmidt
Wiedersehen nach New-York-Reise
Mein Mann brauchte dringend Abstand von allem. Er hatte sich dementsprechend auf die dreimonatige Auszeit in den USA vorbereitet. Plötzlich geschah der schlimme Anschlag auf die Twin Towers in New York. Alle rieten meinem Mann nun vor dieser Reise ab. Aber er sagte nur: "So sicher wie jetzt wird es dort so schnell nicht wieder sein!" Also reiste er, ohne Handy, am 24. September 2001 tatsächlich los. Nach einer Menge wundervoller Eindrücke und Erlebnisse trat er seine geplante Rückreise an.
So stieg er am 23. Dezember 2001 in sein Flugzeug von New York über London nach Hamburg. Von dort aus sollte es dann per Bahn weiter gehen nach Bremen. Das Wetter war an diesem 24. Dezember eisig kalt.
Unser siebenjähriger Sohn und ich hatten bereits den Tannenbaum geschmückt, die Geschenke darunter verteilt und auch das Essen war schon vorbereitet, als plötzlich das Telefon klingelte. Mein Mann rief an. Er hatte sich das Handy seiner Sitznachbarin geliehen. Der Zug steckte bei Verden, auf freier Strecke, fest. Die Oberleitung war vereist. Verrückt: Fast zu Hause und dann das! Niemand wusste, wann und wie es weitergehen würde. Doch schon nach einer guten halben Stunde wurde dann der Zug mit einer Diesellok angeschoben, sodass die Fahrt fortgesetzt werden konnte. Aus Bremen wurde mein Mann dann von meinem Neffen abgeholt.
Mein Sohn und ich warteten weiterhin geduldig und voller Vorfreude. Als es dann endlich gegen 20 Uhr an unserer Haustür klingelte, war die Aufregung besonders groß. Da stand er nun! Voll bepackt und unrasiert. Er sah beinahe aus wie der Weihnachtsmann. Wir weinten vor Freude. Das war für uns alle das emotionalste und glücklichste Wiedersehen. Unsere kleine Familie war wieder vereint. Jetzt konnten wir endlich den Heiligen Abend genießen.
Rosemarie Frieling
Puppenstube mit Babywiege
Die Weihnachten meiner Kindheit (ich bin Jahrgang 1962) waren eher von üppigem Essen und Trinken als von großen Geschenken geprägt. Als ich im Vorschulalter war, kannte ich meinen Vater kaum: Er war Feuerwehrbeamter und hatte damals noch 24 Stunden Dienst und 48 Stunden frei. Wenn er frei hatte, musste er schlafen und ich sollte leise sein.
Als ich im Alter von fünf Jahren war, stand eine selbst gebaute Puppenstube unter dem Tannenbaum, verdeckt von einem Bettbezug. Diese hatte mein Vater auf der Feuerwache für mich aus Holz gebaut und liebevoll eingerichtet, mit einer Wohnküche mit Babywiege und einem Wohnzimmer mit einem kleinen Fernseher, durch den man durchschauen und auf Knopfdruck immer andere Bilder ansehen konnte. Ich weiß gar nicht, wovon ich mehr beeindruckt war - von der tollen Puppenstube oder davon, dass mein mir relativ unbekannter Vater so viel Zeit geopfert hatte, um mir ein so schönes Geschenk zu basteln. Sicher gab es in den späteren Jahren größere und teurere Geschenke, aber keines hat mich bis heute so berührt wie meine Puppenstube.
Jutta Konowalczyk-Schlüter
Dankeschön im Hospiz
Ich helfe ehrenamtlich in einem Hospiz.
Dort hatten wir eine Dame zu Gast, die während Ihres Aufenthaltes im Hospiz für alle Mitarbeitenden und Ehrenamtlichen, denen sie dort begegnet ist, ein kleines Dankeschön gebastelt hat. Nachdem sie verstorben war, hat das Hospiz einen Korb bekommen, in dem für jeden von uns ein hölzerner Anhänger war, auf dem vorne „Danke" und auf der Rückseite der jeweilige Vorname stand. Dazu gab es Süßigkeiten.
Das hat mich nachhaltig beeindruckt und sehr berührt, wie ein Mensch in dieser Situation, sich so viel Mühe macht, seine Dankbarkeit auszudrücken. Das wird mir immer in Erinnerung bleiben.
Maren Martens
Überraschung aus dem Werkzeugkeller
Einige Tage vor Weihnachten werkelte mein Vater Abend für Abend in seinem Werkzeugkeller herum, was meine gespannte Erwartung auf die Bescherung noch mehr schürte.
Am Heiligabend konnte ich mein Glück kaum fassen: Neben dem geschmückten und erleuchteten Weihnachtsbaum stand ein blaues Bonanzarad. Wie sich herausstellte, hatte ich bei einem Malwettbewerb eines bekannten Spülmittel-Herstellers gewonnen und mein Vater musste das vormontierte Rad noch zusammenbauen. Damals war ich zwölf Jahre alt - und tatsächlich studierte ich späterGrafik-Design. Jetzt, mit 66 Jahren, bin ich wieder mit einem blauen Fahrrad unterwegs.
Petra Blohm
Ein Geschenk als Traditon
Zu meinem allerersten Weihnachtsfest bekam ich eine Kette von meinem Großvater. Er lebte damals in Indien, war mit meiner Großmutter 1950 dorthin gezogen und arbeitete als Ingenieur. Meine Großmutter starb Anfang 1964 und ich wurde im September geboren. Nun vermachte er mir ihre Kette, die sie immer so gerne getragen hatte, und legte einen rührenden Brief bei, in dem er die Hoffnung aussprach, mich bald persönlich kennenlernen zu können.
Ich habe den Brief bis heute aufbewahrt. Meine Mutter bekam die gleiche Kette, beide handgefertigt von einem Inder. Inzwischen ist auch meine Mutter verstorben und hat ihre Kette meiner Tochter Rebecca, ihrer Enkelin, hinterlassen. Eines Tages wird meine Enkelin Hanna meine Kette bekommen – mein Großvater hat eine Tradition begründet, die wir sehr gerne weiterführen werden. Ein wunderbares Geschenk.
Gesine Wiechmann
Abschied als Geschenk
Einfach mitzuerleben, in der eigenen und gewohnten Umgebung, wie ein erfülltes Leben zu Ende geht. Nach gut 50 Jahren Ehe hatte ich das Glück, meine anvertraute Lebenspartnerin zu verabschieden. Viele Jahre war meine Frau nicht mehr in der Lage, unsere gemeinsame Wohnung zu verlassen. Tag und Nacht durfte ich sie pflegen. Sie ertrug ihre Hinfälligkeit, ohne dabei zu klagen. Im Laufe der Zeit verlängerten sich die Aufenthalte in ihrem Bett immer mehr, sodass die Verpflegungsaufnahme, die Körperpflege, der Toilettengang stark eingeschränkt werden mussten.
Am 8. November 2024, gegen 23 Uhr, durfte ich von meiner geliebten Ehefrau Abschied nehmen. Der Übergang vom Leben geschah schmerzlos und in Würde. Ich war nicht fähig und in der Lage, wahrzunehmen, wie das vor meinen Augen ablief. Obwohl ich im Nachhinein hätte merken müssen, dass meine Frau schon Tage vorher keine feste Nahrung mehr aufnehmen konnte. Sich häufig erbrach. Eine kurzfristige Umstellung auf eine flüssige Nahrung blieb auch ohne Erfolg.
Mit 88 Jahren war es trotz allem ein erfülltes Leben. Am 19. November 2024 wurde ich 83 Jahre alt. Nach unserer beiden Meinung wird die Seele nicht hier auf der Erde bleiben, sondern nur die Körperhülle. Und das beruhigt mich.
Jörg-Udo Lehmann
100 Mark statt Bettwäsche
Zum ersten Mal dürfen meine Schwester und ich 1970 selbst über das Geld bestimmen, das uns Opa jedes Jahr zu Weihnachten zukommen lässt. In den letzten Jahren gab es immer nur Bettwäsche, ausgesucht von meiner Mutter.
"Kinder, ihr braucht was für die Aussteuer, ihr werdet noch an mich denken und froh sein, dass ihr die Bettwäsche habt", sagte sie jedes Jahr, wenn wir das große Paket auswickelten, und die Freude darüber ausblieb.
Im Schrank unseres Kinderzimmers stapeln sich die Wäschepakete. Mit meinen 14 Jahren hält sich die Freude darüber in Grenzen. Inzwischen wusste ich auch, dass ein großes Paket nicht zwangsläufig auch große Freude verursacht. Mit den Jahren wird man schlauer. In diesem Jahr gibt es keine Täuschung. Selbstbestimmung, 100 Mark eigenhändig auf den Kopf hauen, alles alleine aussuchen.
Ich fahre in die nächstgrößere Stadt Eschwege. Und da ich mir in den vergangenen Wochen schon ganz genau überlegt habe, wofür ich meine 100 Mark ausgeben will, betrete ich den Plattenladen und komme schon kurze Zeit später wieder heraus mit einer "Reinhard Mey Live" Doppel-LP.
Ich bin überglücklich! Und so liegt am Heiligen Abend auf meinem Geschenke-Sessel das tollste Weihnachtsgeschenk seit Jahren. Daneben liegt noch ein blauer Trainingsanzug mit zwei weißen Streifen an Ärmel und Beinen (der von Adidas mit drei Streifen war zu teuer). Ein Weihnachtsfest, das ich noch lange in Erinnerung behalten sollte.
Übrigens: Das LP-Cover riecht heute noch genauso wie vor 54 Jahren und trägt mich sofort zurück zum Weihnachtsfest 1970. Die Bettwäsche gibt es übrigens auch noch. Nicht kleinzukriegen, beste Qualität, hält ein Leben lang – und ich benutze sie.
Hanna Itzigehl