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Investor weist Vorwürfe zurück Weiter Stillstand im Güldenhaus-Quartier

Bremen braucht dringend neuen Wohnraum. Dennoch rottet unweit der Hochschule Bremen mit dem Güldenhaus-Quartier am Hohentorsplatz in der Neustadt ein großer Gebäudekomplex seit über zehn Jahren vor sich hin.
17.10.2016, 00:00 Uhr
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Von Karin Mörtel

Bremen braucht dringend neuen Wohnraum, auch gerade – wie berichtet – für die vielen Studenten. Dennoch rottet unweit der Hochschule Bremen mit dem Güldenhaus-Quartier am Hohentorsplatz in der Neustadt ein großer Gebäudekomplex seit über zehn Jahren vor sich hin, an dessen Stelle für Wohnbebauung reichlich Platz wäre.

Neustädter Lokalpolitiker sowie mehrere Bürgerschaftsfraktionen haben sich in den vergangenen Jahren sehr verärgert darüber gezeigt, dass es auf dem etwa 10.000 Quadratmeter großen Gelände der verlassenen Schnapsfabrik am Rande der Innenstadt nicht vorwärts geht. Und auch der Bausenator würde studentisches Wohnen oder andere kleinteilige Wohnkonzepte an dieser Stelle sehr begrüßen – das hatte er zuletzt vor knapp einem Jahr in einer Fragestunde der Bremer Bürgerschaft bekräftigt. Doch getan hat sich seither immer noch nichts.

Als Schuldiger für den ungeliebten Dornröschenschlaf der Gebäude wurde das Bremer Wohnungsbau-Unternehmen Müller & Bremermann gesehen. Denn dieses hatte 2004 in einer Zwangsversteigerung für 1,38 Millionen Euro den Zuschlag für das Güldenhaus-Quartier erhalten.

Noch kein Bauantrag

Einen Bauantrag hat der neue Eigentümer aber seither nicht eingereicht. Zwar haben zwischenzeitlich Verhandlungen mit der Hochschule Bremen über die Schaffung eines Campus und den Bau von Studentenwohnungen mit einem geschätzten Investitionsvolumen von 25 Millionen Euro stattgefunden. Doch 2013 riss der Gesprächsfaden plötzlich ab. Seither versuchen der Neustädter Beirat sowie die Bürgerschaftsfraktionen von SPD und Grünen den politischen Druck auf den Investor zu erhöhen, um die Entwicklung dieses „Schandflecks“ endlich voranzutreiben.

Doch nun geht wiederum der beschuldigte Geschäftsführer Marco Bremermann in die Offensive und gibt den Schwarzen Peter für das Scheitern des Campus-Projektes an die Hochschule Bremen weiter: „Seit 2007 lag ein unterschriftsreifer und beiderseitig juristisch geprüfter Mietvertrag vor, doch 2013 hat die neue Hochschulkanzlerin dann alles wieder infrage gestellt und schließlich die Verhandlungen einseitig abgebrochen“, gibt er zu Protokoll. Er ärgere sich darüber, in der Öffentlichkeit als derjenige dargestellt zu werden, der absichtlich wichtige Schlüssel-Immobilien für die Stadt verkommen lasse. „Wir hätten das gerne gemacht und hatten bereits weit über 100.000 Euro Planungskosten in das Projekt gesteckt, aber ohne die Ankermieterin konnten wir das nicht machen. Es ist nicht unsere Schuld, wenn die Hochschule plötzlich nasse Füße bekommt“, stellt er seine Sicht der Dinge dar.

Verhandlungen unglücklich gelaufen

Tatsächlich bescheinigen Beobachter der Abläufe, dass die Vertragsverhandlungen etwas unglücklich für beide Seiten gelaufen seien. Sowohl Bremermann als auch die Hochschule hätten jeweils auf Sicherheiten des Gegenübers gewartet, ohne die sie nicht zum nächsten Schritt bereit gewesen seien.

Aus der Hochschule Bremen will sich hingegen niemand zu dem Vorwurf Bremermanns äußern, alleinig Schuld am geplatzten Campus-Projekt zu sein. „Wir müssen nach vorne blicken und geben zu den damaligen Vorfällen keine Stellungnahme ab“, sagt Pressesprecher Ulrich Berlin. Die Hochschul-Leitung sei weiterhin unglücklich darüber, dass das Projekt mit Bremermann nicht zustande gekommen sei, „aber wir müssen jetzt dringend den Neubau für unser International Graduate Center realisieren, das wir eigentlich im Güldenhaus-Quartier unterbringen wollten“, verweist er auf die derzeitigen Prioritäten der Hochschule. In der Baubehörde überwiegt das Bedauern über die verpasste Chance, die innenstadtnahe Immobilie endlich nutzbar zu machen. Auch Städtebaufördermittel, die für einige Jahre dem Investor im Sanierungsgebiet Hohentor zur Verfügung gestanden hätten, seien mittlerweile anderweitig ausgegeben worden.

„Es fehlte schlicht der Glaube daran, dass es dort mittelfristig noch zu einer Umsetzung kommt“, begründet der Sprecher des Bausenators, Jens Tittmann, diesen Schritt. Dennoch sei man weiterhin im Gespräch mit dem Investor, „und wir arbeiten gemeinsam daran, es doch noch zu einem guten Ende zu führen“, so der Sprecher.

Investor beklagt Einstellung in Politik und Verwaltung

Bremermann bescheinigt der Stadtverwaltung und Politik in der Hansestadt unterdessen eine Einstellung, die Investoren eher behindere als fördere. „Was in anderen Städten möglich ist, klappt in Bremen nicht“, sagt der Investor. Dennoch sei er „im guten Dialog mit dem Amt“ und sei dazu bereit, als nächsten Schritt eine städtebauliche Machbarkeitsstudie in Auftrag zu geben, so wie sie der Baubehörde vorschwebt. Der von Bausenator Lohse vor einem Jahr noch veranschlagte Termin dafür – im Jahr 2015 – ist allerdings verstrichen.

„Ich will zunächst die Stoßrichtung wissen, die die Studie haben soll, denn bunte Bilder alleine bringen nichts“, beschreibt Bremermann seine Bedenken. Sei dies klar, könne der Auftrag dafür vergeben werden. Bevor die Bagger allerdings auf dem Gelände der ehemaligen Schnapsbrennerei tatsächlich anrücken, dürften noch Jahre ins Land ziehen. Denn die Kapazitäten des Unternehmens sind derzeit offenbar ausgereizt. Bremermann: „Bis 2020 sind wir komplett verplant.“

Das Bremer Unternehmen Güldenhaus hatte im Jahr 1999 seine Spirituosen-Produktion an dem Standort in der Neustadt eingestellt. In acht Besitzer-Generationen waren dort seit 1818 erfolgreich Spirituosen wie zum Beispiel der bekannte Doppelkorn „Eiswette“ gebrannt worden. Seit nunmehr 17 Jahren rotten die Gebäude vor sich hin. Seit 2009 gibt es in einem Teilbereich eine Paintball-Halle als Zwischennutzer.

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