Auf ein ganz bestimmtes Ehepaar freut sich Hans-Jürgen Osmers besonders. Die Frau und der Mann werden auch dieses Mal wieder zu ihm nach Oyten kommen, um sich den hässlichsten Weihnachtsbaum auszusuchen, den Osmers im Angebot hat. „Sie sagen, ihnen täten die Bäume leid, weil sie sich so streng beurteilen lassen müssten“, sagt Osmers. Ihm gefällt diese Begründung. Er findet Menschen, die einen originellen Blick auf die Welt haben, spannend.
Hans-Jürgen Osmers ist von Haus aus Musiker. Und seit Corona ist er außerdem Weihnachtsbaumverkäufer. Als das Virus das Land vor knapp drei Jahren lahmlegte, hatte der heute 55-Jährige endlich die Zeit, eine Idee umzusetzen, die schon länger in seinem Kopf spukte. Die Osmers‘ pflegten früher schon Flächen, auf denen sie Tannenbäume anpflanzten. Höchste Zeit, an diese Tradition mit Elan neu anzuknüpfen.
Vier Flächen im Moor besitzt Osmers. Erst Anfang des Monats hat er wieder 300 Nordmanntannen gepflanzt und 180 Laubbäume – Eichen, Erlen, Birken und Weiden – gleich dazu. In fünf Jahren sollten die Tannen so weit sein, dass sie sich als Weihnachtsbaum verkaufen lassen. „Wenn ich einen Tag alleine im Wald war“, sagt Osmers, „geht’s mir abends wunderbar“, ein tolles Gefühl, sich körperlich verausgabt und den Kopf freibekommen zu haben.
Osmers ist sonst viel in der Welt unterwegs. Er arbeitet als Musikproduzent, Komponist, Bearbeiter und Pianist. Er unterrichtet Musiktheorie, Musikgeschichte und Liedinterpretation unter anderem an der Stage School Hamburg, hatte und hat Engagements als Musikalischer Leiter etwa an der Schaubühne Berlin, am Theater Magdeburg oder an der Berliner Volksbühne. Osmers war mittendrin in den Techno-, Gothic- und Jazzszenen in Berlin, Leipzig oder Hamburg. „Hier draußen“, sagt er und meint damit seinen Heimatort Oyten, „hier draußen komme ich wieder auf den Teppich.“
25 Jahre lang hat er in Bremen gelebt, anfangs studiert, später gearbeitet. In den nächsten Tagen wird er häufiger in die Stadt fahren. Einen Anhänger mit 30 oder 40 Bäumen hat er dann bei jeder Fahrt an sein Auto gekuppelt. Diese Bäume liefert er an Kunden aus, die zuvor bei ihm im Internet unter weihnachtsbaum-bremen.de eine Tanne bestellt haben in den Formaten S, M, L oder XL. Viele dieser Kunden, sagt Osmers, könne er inzwischen Stammkunden nennen.
Wer den Baum vorher in echt gesehen haben muss, bevor er ihn kauft, kann dies auf Osmers‘ Hof tun. Immer wieder nett sei das, sagt Osmers, und manchmal spielten sich auch große Szenen ab. „Es hat schon bitteren Streit gegeben, weil sich Paare nicht auf einen Baum einigen konnten.“ Osmers‘ Tipp in diesen Situationen: den Baum als das annehmen, was er ist, ein Produkt der Natur, das nicht in der Fabrik hergestellt wird.