In Bremen bieten viele Kitas in benachteiligten Stadtteilen nicht nur Kinderbetreuung an, sondern auch Beratung, um Eltern bei alltäglichen Sorgen und Fragen zur Seite stehen. Sie unterstützen, wenn Eltern Briefe vom Amt oder vom Jobcenter nicht verstehen, geben Hinweise, welche Hilfe Eltern sich für eine gute Entwicklung ihres Kindes holen können, und helfen, Anträge zu stellen.
In knapp 100 Kitas in der Stadt Bremen gibt es für diese Aufgaben inzwischen zusätzliche Stellen für sogenannte Kita-Koordinatorinnen. Diese Koordinationsstellen wurden seit 2018 nach und nach geschaffen. Ein kleines Forscher-Team an der Universität Bremen evaluiert derzeit, wie diese Art der Familienhilfe funktioniert und was sie bewirken kann. „Wenn morgens jemand im Eingangsbereich der Kita steht und die Eltern fragt: Haben Sie Sorgen? – dann ist das für viele deutlich niedrigschwelliger, als sich zusätzlich noch auf den Weg zu einer Beratungsstelle zu machen", sagt Sozialwissenschaftler René Böhme vom Institut Arbeit und Wirtschaft (IAW) an der Bremer Uni. Er und sein Team haben für die Evaluation Kita-Beschäftigte, Eltern und Behördenmitarbeiter befragt und in Kitas hospitiert.
Als Kita-Koordinatoren werden in der Regel Sozialpädagoginnen und Sozialwissenschaftler eingestellt. Sie sollten ursprünglich vor allem die Erzieherinnen entlasten, erklärt Böhme. "Seit Mitte 2010 nahm die Elternarbeit in den Kitas immer mehr zu, Eltern kamen verstärkt mit Fragen, Sorgen und Bescheiden vom Amt auf die Erzieherinnen zu. Das hat die ohnehin dünne Personaldecke in den Kitas zusätzlich belastet", sagt Böhme. Hier sollten die Koordinatorinnen ansetzen. Sie waren laut Böhme zuletzt vor allem als Sozialberaterinnen im Einsatz. "In der Pandemie waren viele Stellen wie das Jobcenter oder das Amt für Soziale Dienste schwerer erreichbar – die Kita-Koordinatorinnen waren präsent und haben vieles aufgefangen." Sie halfen bei Fragen zu Briefen vom Job-Center, die Eltern wegen fehlender Deutsch-Kenntnisse nicht verstehen konnten. Und sie erklärten Eltern, wie sie Wohngeld beantragen können oder eine Assistenz für ihr Kind. Zudem organisierten sie Familien-Aktivitäten in den Kitas mit, zum Beispiel Elterncafés, Familienausflüge oder ein gemeinsames Frühstück.
"Seit zehn bis 15 Jahren gibt es in verschiedenen Großstädten Versuche, Kitas in benachteiligten Quartieren besser auszustatten und die Eltern über die Kitas zu erreichen", sagt Böhme. In der Praxis habe sich gezeigt: Wenn Erzieherinnen Eltern an andere Beratungsstellen verwiesen, kämen die Eltern dort oft nicht an. Deshalb sei es ein guter Ansatz, Beratungsangebote direkt in die Kitas zu verlagern: "Dort sind die Eltern ja ohnehin jeden Tag."
Und das Angebot sei in Bremen noch ausbaufähig, urteilt Böhme: Kinderärzte könnten einmal pro Woche eine offene Sprechstunde zu Gesundheitsfragen in der Kita anbieten, oder das Amt für Soziale Dienste eine Mitarbeiterin in die Kita entsenden, die dort ansprechbar ist. "Das gibt es zum Teil bereits in anderen Städten, und das ist in meinen Augen absolut sinnvoll.“
Verschiedene Kita-Träger haben Koordinationsstellen geschaffen, die meisten sind beim städtischen Eigenbetrieb Kita Bremen angesiedelt. Allerdings gelingt die Besetzung oft nicht: Derzeit werden in 13 städtischen Einrichtungen Kita-Koordinatoren gesucht. Personalmangel und Einschränkungen in der Pandemie hätten die Familienhilfe in den Kitas zuletzt erschwert, schildert Böhme. Und viele Kitas hätten auch nicht genug Räume, um Zusatzangebote für Eltern zu machen oder ihrer Koordinatorin einen eigenen Arbeitsraum zu bieten.