Wenn in der Stadt privat investiert wird, stößt das in der Regel auf Wohlwollen. Da nehmen Menschen viel Geld in die Hand, wagen etwas und winnen vielleicht auch, wie das Motto der Bremer Kaufleute lautet. Das hilft ihnen selbst, aber auch dem Gemeinwesen. Wenig Aufmerksamkeit bekommt dabei, dass es oft die öffentliche Hand ist, die den Projekten Schub verleiht. Einerseits mit planerischer Unterstützung, indirekt aber auch finanziell. Wer den Staat als Mieter und Nutzer gewinnt, auf Jahre hinaus und zu einem ordentlichen Zins, hat einen unschätzbaren Vorteil. Das ist die sichere Bank, auf der sich gut sitzen lässt. Fünf Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit:
Ganz frisch ist die Vereinbarung, im sogenannten Tabakquartier in Woltmershausen ein Zentrum für Kunst zu etablieren. Bis zum Frühjahr 2022 entstehen auf rund 5500 Quadratmetern neben 20 Atelierräumen unterschiedlichen Ausmaßes zwei Theatersäle samt Backstage-Bereich, zwei Studios für technisch zeitgemäße Audio- und Videoproduktion sowie mehrere weitere Räume für Probenarbeit und Ausstellungen, Gastronomie, Büro- und Lagerzwecke. Zugutekommen soll die Einrichtung der freien Kunst- und Kulturszene. Der Mietvertrag mit dem Investor, dem Bremer Projektentwickler Justus Grosse, wird nach Mitteilung der Kulturbehörde demnächst unterschrieben. Er hat eine Laufzeit von 15 Jahren und umfasst zwei Fabriketagen und ein Kellergeschoss. Bremen investiert laut Behörde insgesamt 12,5 Millionen Euro, darin sind die Ausbauarbeiten und die Miete enthalten.
Justus Grosse profitiert auch anderer Stelle vom Raumbedarf des Staates. Ende 2019 ist "Bömers Spitze" fertig geworden, ein 47 Meter hohes Bürohaus auf der Ecke An der Muggenburg/An der Reeperbahn in der Überseestadt. Als Hauptmieter eingezogen sind die Geschäftsstelle von Kita Bremen und die Umweltbehörde – sie allein belegt mit 5725 Quadratmetern die Hälfte der Gesamtfläche auf den 13 Stockwerken. Justus Grosse hat nach eigenen Angaben 40 Millionen Euro in das Gebäude investiert. Der Vertrag mit dem Umweltressort wurde für 15 Jahre abgeschlossen. Die durchschnittliche Miete in dem Hochhaus liegt laut Grosse bei 11,50 Euro je Quadratmeter.
7700 Quadratmeter öffentlicher Nutzung wird es im "Lebendigen Haus" sein, dem ehemaligen Lloydhof am Ansgarikirchhof. Im Dezember zieht dort nach dem Umbau die Wirtschaftsförderung Bremen (WFB) ein. Nach WFB-Angaben hat der Mietvertrag eine Laufzeit von zehn Jahren. Die städtische Gesellschaft bringt auf fünf Obergeschossen ihre drei bisherigen Standorte zusammen: die Bremer Touristik-Zentrale in der Findorffstraße, Bremen Online in der Faulenstraße und den WFB-Stammsitz im Kontorhaus am Markt. Im "Lebendigen Haus" entstehen neben den Büroflächen ein Apartmenthaus mit 50 Einheiten auf 2000 Quadratmetern und Wohnungen auf 1600 Quadratmetern. Diese Einheiten werden nach Darstellung des süddeutschen Projektentwicklers Denkmalneu bis zum 30. Juni kommenden Jahres an die Mieter übergeben. Offen bleibt, wer die rund 3000 Quadratmeter im Erdgeschoss nutzt, dafür wurde noch niemand gefunden.
Wenn die WFB umgezogen ist, kann ein weiteres Projekt Fahrt aufnehmen. Wieder ist es eines, das zum Start mit dem Pfund wuchern kann, einen Mieter gefunden zu haben, der außer jedem Zweifel steht. Das Kontorhaus am Markt wird von Christian Jacobs aus der Bremer Kaffeedynastie entwickelt. Er packt im sogenannten Balgequartier auch die historische Stadtwaage und das benachbarte Essighaus in der Langenstraße an. In das Kontorhaus zieht unter anderem das sogenannte Stadtmusikantenhaus ein. Das Projekt ist von Bremens Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) angeschoben worden und soll wie alles im Balgequartier Ende 2024 fertig sein. Der Bund hatte im November zugesagt, sich an den Kosten zu beteiligen. Aus Berlin fließen 4,9 Millionen Euro, Bremen muss den gleichen Betrag obendrauf packen. Das Ausstellungshaus mit einem Mix aus Bildung und Unterhaltung wird sich auf zwei Geschosse verteilen. Gemietet wird es von der Stadt, über den Betreiber entscheidet eine Ausschreibung.
Den ganz dicken Fisch hat der Investor für das ehemalige Sparkassengelände am Brill an der Angel. Das israelische Brüderpaar Samuel und Pinchas Schapira hat das elf Hektar große Gelände zum Jahreswechsel übernommen, nachdem die Sparkasse mit ihrer Hauptverwaltung in den Technologiepark an der Universität gezogen war. Der Kaufpreis soll bei 50 Millionen Euro gelegen haben. Zwischenzeitlich hatten die Schapiras nach Entwürfen des Architekten Daniel Libeskind geplant. Es sollten vier Türme entstehen, der höchste mit hundert Metern. Nachdem das am Widerstand der Baubehörde gescheitert war, will der Investor nun den Bestand entwickeln. Zu Hilfe kommt ihm die Universität. Sie will auf dem Areal einen zweiten Standort errichten und einige Tausend Studierende mitbringen. Nach den Umbau- und Renovierungsarbeiten könnte es laut Uni-Rektor Bernd Scholz-Reiter bereits in zwei Jahren soweit sein. Auch eine Mensa soll es geben. Geplant wird in erster Linie mit den Fachbereichen Sozial- und Geisteswissenschaften.