Wie ein verhülltes Kunstwerk des Künstlers Christo mutet seit Wochenbeginn das Ortsamt Mitte an. Die Spezialisten der Gerüstbau-Firma Wilhelm Bädecker haben dem historischen, 150 Jahre alten Gebäude, das seit Mitte Dezember mit einer 22 Meter hohen, aufwendigen, tragenden Gerüstkonstruktion versehen ist, sozusagen einen grauen Hut aufgesetzt. Der Hintergrund: Nur mit diesem „Schutzmantel“ aus Bauplanen ist es einem Sachverständigen möglich, die Dachkonstruktion näher zu untersuchen.
Durch den Einsatz der lichtdurchlässigen Plastikplanen seien die Untersuchungsmaßnahmen vor Seitenwind und Regen geschützt, erläutert Landesdenkmalpfleger Georg Skalecki. „Es musste dringend gehandelt werden, um den Schaden zu beheben und Schlimmeres zu verhindern“, betont er. Die Maßnahme war erforderlich geworden, um die vorhandene Schieferdeckung entfernen und den tragenden Dachstuhl auf Schäden hin untersuchen zu können. Voraussetzung für diese Arbeiten war eine Genehmigung der Baubehörde auf der Basis eines statistischen Gutachtens, das mittlerweile vorliegt.
Weitere Wasserschäden
Am Dach der unter Denkmalschutz stehenden Villa am Dobben 91 war Mitte November ein Wasserschaden im Dachgeschoss festgestellt worden. Nach der Behebung dieses Schadens wurde allerdings festgestellt, dass die Abdichtung der bereits reparierten Schieferdeckung erneut aufgerissen war. Auslöser könnten die extrem heißen Temperaturen des Sommers gewesen sein, wurde gemutmaßt. Der Schaden belaufe sich auf insgesamt zwölf Leckagen, erläutert Peter Schulz, Sprecher von Immobilien Bremen. Zudem waren weitere Wasserschäden festgestellt worden, unter anderem an der Deckenmalerei der Empore des Musiksaals.
„In einem ersten Schritt werden nun die sogenannten Sparrenfüße freigelegt, um den Halt des Daches am tragenden Mauerwerk zu prüfen. Parallel dazu untersucht ein Sachverständiger die Holzkonstruktion“, erläutert Schulz. Das Gutachten, das bei dem Sachverständigen in Auftrag gegeben wurde, soll voraussichtlich Anfang März vorliegen. Danach ließe sich der Umfang der erforderlichen Sanierung näher abgrenzen.
Schulz betont, dass hinsichtlich der Dauer der Sanierungsmaßnahme und der dafür erforderlichen finanziellen Mittel zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Aussage getroffen werden könne. Eine Prognose kommt von Landesdenkmalpfleger Georg Skalecki: „Wir sind zuversichtlich, dass wir spätestens im Frühherbst mit der Maßnahme durch sein könnten. Die Chancen stehen zumindest nicht schlecht.“ Sobald das Gutachten des Sachverständigen und die notwendige Summe vorliege, werde Bremen Geld aus Fördermitteln des Bundes beantragen. Skaleckis Mitarbeiterin Marianne Ricci wird in engem Kontakt mit den Handwerkern bleiben, die Baubesprechungen begleiten und daraus die dementsprechenden Schlüsse ziehen.
Backstein-Gebäude 1864 fertiggestellt
Der bekannte Bremer Baumeister Lüder Rutenberg ließ das Backstein-Gebäude Am Dobben in den Jahren 1862 bis 1864 als sein Wohnhaus errichten. Es dient seit den 1970er-Jahren als Sitz des Ortsamtes Mitte. Aus den Unterlagen des Landesamtes für Denkmalpflege gehe hervor, dass das Dach Ende der 1970er-Jahre instandgesetzt worden sei. Nach eingehender Untersuchung der Nägel könne davon ausgegangen werden, dass es sich bei der Schieferbedeckung um das Originalmaterial aus den 1860er-Jahren handele, so der Sprecher.
Eines sei allerdings schon jetzt klar: Die abgetragenen, grauen Originalziegel aus Schiefer können für eine Neueindeckung des Daches nicht wieder verwendet werden. „Das wäre ein Riesen-Puzzlespiel, da nahezu alle Platten von alten Nägeln durchlöchert sind“, sagt er. Da in Großbritannien inzwischen kein Schieferaufkommen mehr vorhanden ist, kommt das Material nun aus einem deutschen Schieferbruch. „Der Betrieb des Ortsamtes kann während der Zeit der Sanierungsmaßnahme ungehindert fortgesetzt werden“, betont Schulz abschließend.