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Peter Wetjen hat ein Buch über die ersten Jahrzehnte der Ruder- und Segelvereine in Bremen veröffentlicht Wie es mit dem Wassersport begann

Altstadt. Anno 1836 wurde an der Alster der Hamburger Ruderclub aus der Taufe gehoben, und 1855 gründeten in Königsberg einige junge Männer einen Segelclub – das waren deutschlandweit Premieren. Es dauerte noch einige Zeit, bis auch in Bremen Wassersportvereine aus der Taufe gehoben wurden.
05.10.2017, 00:00 Uhr
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Wie es mit dem Wassersport begann
Von Detlev Scheil

Altstadt. Anno 1836 wurde an der Alster der Hamburger Ruderclub aus der Taufe gehoben, und 1855 gründeten in Königsberg einige junge Männer einen Segelclub – das waren deutschlandweit Premieren. Es dauerte noch einige Zeit, bis auch in Bremen Wassersportvereine aus der Taufe gehoben wurden. Den Anfang machte der Oberweser Segel- und Ruderverein (ORV), den 1879 fast 100 Bremer in einem Hotel in der Ostertorstraße ins Leben riefen. Drei Jahre darauf folgte die Gründung des Bremer Rudervereins (BRV) von 1882.

In der Hansestadt, so berichtet der Buchautor Peter Wetjen, seien das Rudern und Segeln aber schon früher beliebt gewesen, jedoch noch nicht in Vereinen, sondern allenfalls in losen Zusammenschlüssen von Hobbyfreunden. „Frühe Spuren führen zu Hermann Henrich Meier, dem Gründer des Norddeutschen Lloyds“, so Wetjen. Meier betrieb schon 1838 mit Gleichgesinnte den Sport auf der Weser.

Peter Wetjen stellte kürzlich auf dem Schiff „Oceana“ an der Schlachte sein druckfrisches, reich illustriertes Buch „Riemen- und Schotbruch“ vor, das die Anfänge des Wassersports in Bremen und umzu etwa bis zum Ersten Weltkrieg nachzeichnet. Aktiver Ruderer ist der 1947 geborene Bremer, der in der Altstadt wohnt, bereits seit 1959. Er war Leistungssportler, Mitglied der Nationalmannschaft und im Olympiakader 1968. Für 42 000 geruderte Kilometer erhielt er den Äquatorpreis des Deutschen Ruderverbandes. Im Bremer Ruderverein von 1882, wo er 13 Jahre lang Vorsitzender der Ruderer war, beschäftigte sich Wetjen bereits ab Mitte der 1990er-Jahre mit der Geschichte des Wassersports in Bremen.

Doch erst in den vergangenen Jahren im Ruhestand kam der promovierte Ingenieur dazu, systematisch in Archiven zu recherchieren und die Forschungsergebnisse aufzuschreiben. Er wollte nach eigenen Worten keine dröge Chronik erstellen, sondern die Entwicklung des Wassersports in den geschichtlichen und gesellschaftlichen Kontext einbetten. Dabei erfüllt sein Werk aber durchaus auch wissenschaftliche Kriterien, wie eine Prämierung belegt: Die Wittheit zu Bremen zeichnete das Buch mit dem Heimatpreis 2017 aus.

Der Segelverein Weser, 1884 von 28 Mitgliedern gegründet, ist der älteste Bremer Segelverein und auch einer der ältesten in Deutschland. Die Gründung des Vereins war eigentlich eine Ausgründung der Segel-Sparte aus dem Oberweser Segel- und Ruderverein. Ein von der Stadt zugewiesenes Grundstück an der Weser wurde zum Hafen und Liegeplatz für die Jollen. Das zunächst noch schwimmende Bootshaus wurde 1913 durch ein festes Clubhaus am Hafen ersetzt. Zu dieser Zeit wurden bereits zahlreiche Regatten vor dem Vereinsgelände, sowie an Ober- und Unterweser gesegelt. Doch bei allen Erfolgen – der Segel-Verein Weser hatte immer auch mit Problemen zu kämpfen. Die Verschlickung des Hafens und die Weservertiefung gehörten dazu.

Doch noch einmal zurück ins ausgehende 19. Jahrhundert. Um 1880 explodierte die norddeutsche Wassersportszene förmlich: Nicht nur in Bremen, sondern auch im Oldenburgischen wurden Regattavereine gegründet, um dem immensen Drang nach sportlichem Wettkampf nachzukommen. Um die Jahrhundertwende schwappte die Begeisterung für den Segel- und Rudersport dann in die neu aufkommende Motorisierung von Sportbooten über. Peter Wetjen stellt in seinem Buch die Protagonisten dieser sportlichen Revolution an der Unterweser und ihre Boote vor. Berichtet wird über Erfolge, aber auch über das Scheitern und Bedingungen der wassersportlichen Wettfahrten. Bei den Regatten ließen übrigens die Wettkampfbedingungen auf der Weser nur bedingt einen fairen Vergleich zu, waren die Ruderer doch unterschiedlich starken Strömungsverhältnissen sowie einer kurvenreichen Strecke bei Wind und Wellen ausgesetzt. Konflikte gab es auch häufiger mit den Fischern. „Die Fischerei spielte im 19. Jahrhundert noch eine gewaltige Rolle“, hob Wetjen hervor. Es seien noch viele Lachse in der Weser gefangen worden.

Als „Skandal“ ging in die Annalen der überraschende Wechsel des sehr talentierten, 23 Jahre jungen Ruderers Friedrich Wilhelm Klebahn 1893 vom ORV zum BRV von 1882 ein. „Die Archivarbeit zu Klebahn und anderen herausragenden Sportlern hat mir wahnsinnig viel Spaß gemacht“, sagt Wetjen. Bereits als Schwimmer hatte Klebahn viele Medaillen errungen. 1896 wurde er in Hamburg Deutscher Meister im Rudern und verteidigte den Titel 1897 in Bremen. Bald darauf wurde er von seinem Arbeitgeber, einem Bremer Handelshaus, nach Honolulu versetzt, wo er bis ins hohe Alter blieb.

Vom Aufblühen des Wettkampfsports ab 1880 profitierten auch die einheimischen Werften – besonders die Werft von Friedrich Lürßen in Bremen-Nord, die ab 1875 den Bremer Wassersportlern die notwendigen Wasserfahrzeuge lieferte und 1913 als die größte Bootswerft Deutschlands galt. Bei der Nordwestdeutschen Gewerbe- und Industrieausstellung 1890 im Bürgerpark, einem Mega-Event für Bremen, stellte Lürßen nur unmotorisierte Segel- und Ruderboote aus, die durch hohe Handwerkskunst überzeugten. Doch muss es ihn geradezu elektrisiert haben, dass ein Hamburger Unternehmen auf dem Hollersee das erste Petrol-Motor-Boot nach dem System Daimler präsentierte. Umgehend wandte sich Lürßen der Integration von Verbrennungsmotoren in seinen Booten zu und war damit ebenfalls erfolgreich.

Auch an andere Bootsbauer und Tüftler wie etwa Carl Friedrich Haege und Johann Meyer, die heute kaum noch jemand kennt, erinnert Peter Wetjen. In diesem Zusammenhang wird auch ein kurzer Überblick über die Entwicklung der um die Jahrhundertwende stark expandierenden Stadt Bremen gegeben. Überraschenderweise sei Bremerhaven keine Wassersport-Hochburg gewesen: „Bremerhaven war eher ein Anhängsel“, sagte Wetjen.

Auch die Bremerinnen entdeckten den Rudersport für sich: 1905 wurde der erste Bremer Damen-Ruderclub gegründet. Nachdem 1877 die erste Segelregatta Bremens auf der Weser unterhalb von Vegesack mit 14 Booten ausgetragen worden war, lud im Juni 1886 der Bremer Ruderverein von 1882 erstmals zu einem Wettrudern mit acht Rennen ein, 1887 richtete er eine offene Regatta des Deutschen Ruderverbandes aus. Diese Regatten auf der Weser lockten im Bereich Osterdeich viele Zuschauer an. Für Ruhe und Ordnung sorgten sechs Schutzleute, „für deren Kosten selbstverständlich der Veranstalter aufzukommen hatte“, so Wetjen. Seit 1987 wird der Bremer Ruder-Event auf dem Werdersee ausgetragen.

Was in jüngerer Zeit der Senatspreis für Renn-Achter ist, war zu Beginn der Regattageschichte der Kaiserpreis. Er wurde von Kaiser Wilhelm II. für die Große Bremer Ruderregatta gestiftet und 1894 sowie 1896 für Renn-Vierer ausgelobt. Der Kaiserpreis, den zuletzt 1939 ein Team aus Schwerin gewonnen hatte, gilt seit dem Zweiten Weltkrieg als verschollen. Doch in diesem Jahr tauchte laut Wetjen im Internet ein Hinweis auf, wonach der Pokal in den Nachkriegswirren in der Sowjetunion gelandet sein soll.

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