Am Ende ruht die ganze Achterbahn auf Holzklötzen. Eine beachtliche Auswahl in diversen Größen liegt für dieses Fundament bereit. "Ohne ginge es nicht, muss ja alles ordentlich ausgerichtet sein", sagt Juniorchef Walter Schneider. Wie Bierdeckel unter einem wackeligen Tisch gleichen die Klötze und Bretter unter dem eisernen Grundgestell die Unebenheiten der Bürgerweide aus. Sonst käme "Heidi the Coaster" auf ihren knapp 1000 Quadratmetern Grundfläche schnell in Schieflage. Im Grunde hängt die ganze Statik der 430 Meter langen Strecke von den richtigen Hölzern ab. "Das ist hier in Bremen aber wirklich harmlos, es gibt Plätze, da müssen wir für den Höhenausgleich so hoch bauen, dass man unter der Achterbahn durchgehen kann", sagt Schneider. Dann allerdings sei das Holz ausgereizt, in dem Fall kämen sogenannte Pyramiden aus Metall zum Einsatz.
Auf insgesamt acht großen Anhängern tourt Schneider mit Heidi durch die Lande, in Bremen war er zuletzt 2019. "Da war ich noch der kleine Klötzeschlepper", sagt er, denn der Juniorchef ist heute erst 19 Jahre jung. Als Spross gleich mehrerer verbandelter Schaustellerdynastien – seine Mutter ist eine geborene Bruch, seine Oma hieß Robrahn – ist er auf den Volksfesten der Republik groß geworden. Dass er vor seinem 20. Geburtstag sechs Mitarbeiter anleitet, den Bauplan der Achterbahn komplett im Kopf hat und den 45-Tonnen-Kran bewegt, empfindet er als nichts Besonderes. "Das ist schon mein Ding hier."

Juniorchef Walter Schneider steuert den 45-Tonnen Kran. Für das 19-Jährige Schaustellerkind nichts Ungewöhnliches.
Ursprünglich kommen die Schneiders aus Bielefeld, inzwischen ist München der Firmensitz. "Die Chancen auf das Oktoberfest sind größer, wenn man dort auch lebt", sagt der Junior. Dort erlebte "Heidi the Coaster" 2019 ihre Premiere. Aktuell ist er mit seiner Mannschaft und den acht Sattelschleppern vom Kramermarkt in Oldenburg angereist, zuvor war man in Augsburg. Zehn Tage liegen zwischen den beiden norddeutschen Volksfesten. Das reicht, um der Bahn während des Aufbaus eine Grundreinigung zu verpassen. "Soll ja gut aussehen hier, Bremen ist schon wichtig für uns, das gehört zu den richtig guten Standorten", sagt der Schausteller.
Neben der Rheinkirmes in Düsseldorf und dem Oktoberfest zählt er den Freimarkt zu seinen Lieblingsplätzen. Das hat auch mit der Dauer von 18 Tagen zu tun. Ein Fahrgeschäft dieser Größenordnung habe zehn bis zwölf Veranstaltungen im Jahr – unterm Strich also um die 150 Tage, an denen Einnahmen erzielt werden können, rechnet Schneider vor. Daran habe Bremen schon einen großen Anteil.

Holzklötze und Bretter gleichen die Unebenheiten der Bürgerweide aus. Am Ende ruht die gesamte Achterbahn auf solchen Klötzen.
Doch bevor die Kasse klingelt, muss weiter gebaut werden. Schneider verteilt Anweisungen in einer Mischung aus deutsch, englisch, rumänisch und bulgarisch. Was wie zusammengehört, hat er im Kopf, unterstützt durch einige Nummerierungen auf den Gerüstteilen. Optisch geht es schnell voran. Sobald der erste Teil des Untergrunds ausgerichtet ist, geht es auch schon in die Höhe. Schneider bewegt den Kran mit den tonnenschweren Bauteilen, die Arbeiter bugsieren die Gerüste und Schienenstränge millimetergenau an die richtigen Stellen. Dazu müssen sie bei Regen und Wind in mehreren Metern Höhe herumturnen. Trotz der Sicherheitsgurte keine Arbeit für jedermann. "Es ist immer schwer, gute Leute zu finden", sagt Schneider. Nur für den Mindestlohn mache das keiner mehr.
Auf besseres Wetter zu warten, das für den kommenden Tag vorhergesagt ist, geht aber auch nicht. "Wir müssen pünktlich fertig werden", weiß der Chef. Denn wenn ein Fahrgeschäft am Starttag nicht laufe, sei der Platz für die kommenden Jahre verbrannt. Seine Mitarbeiter müssen also dem Regen trotzen, er selbst schiebt sich Halsbonbons in seinen angekratzten Rachen und klettert wieder ins Führerhaus des Krans.

Die Arbeit in der Höhe ist nicht Jedermanns Sache.