Axel Nietfeld aus Walle hat ein Problem mit der Postbank. Gern würde er sich mit dem Geld von seinem Sparbuch ein E-Bike kaufen, doch die Postbank lässt ihn nicht. Jedes Mal muss sich der 20-Jährige von der Mitarbeiterin anhören lassen: "Auf dem Sparbuch ist eine Legitimationssperre." Die Mitarbeiterin bekomme diese Sperre nicht raus. "Sie kann auch nicht sagen, woran das liegt", berichtet Nietfeld. Dabei handelt es sich bei ihm sogar noch um ein Papiersparbuch – also so eins, wie es Generationen von Interrail-Zugreisenden auf ihre Europatour als bargeldlose Geldquelle dabei hatten. Das Sparbuch hatte sein Vater 2008 für ihn angelegt. Axel Nietfeld hatte in der Vergangenheit auch etwas darauf eingezahlt und kann auf Papier genau darlegen, wieviel auf dem Sparbuch ist, und dass es seinen Namen trägt.
Doch anscheinend gehört auch er zu den vielen, die durch die IT-Probleme bei der Postbank nicht an ihr Geld kommen. Seit Jahresbeginn zählte der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) nach eigenen Angaben 1700 Beschwerden von Kunden wegen Problemen mit der Postbank und ihrem Baufinanzierer DSL. Das waren demnach zwischen Januar und September fast dreimal so viele wie im gesamten Vorjahr. Die Postbank ist mit ihrer IT zur Konzernmutter Deutsche Bank umgezogen. Danach waren plötzlich Konten gesperrt und Mietzahlungen der Kunden wurden nicht mehr ausgeführt.
Deutsche-Bank-Chef soll handeln
Doch die Rufe nach Entschädigung der Betroffenen kommen nun auch aus dem Bundestag. Die verbraucherpolitischen Sprecherinnen der Ampel-Fraktionen schrieben in einem Brief an den Deutsche-Bank-Chef Christian Sewing: „Wir als verbraucherpolitische Sprecherinnen der regierungstragenden Ampel-Fraktionen fordern Sie auf, den Menschen, denen durch Ihr Handeln oder Ihre Untätigkeit Unrecht widerfahren ist, freiwillig eine angemessene Entschädigung zukommen zu lassen“, wie „Zeit“-Online am Montag berichtete. Die FDP-Politikerin Judith Skudelny hält demnach für Menschen, die monatelang nicht an ihr Geld kamen, eine Pauschale von 150 Euro pro Person für angemessen. Der vzbv forderte von der Deutschen Bank, Verbraucher schnell und unbürokratisch zu entschädigen und einen vollständigen Schadensausgleich schriftlich zuzusichern.
Die vzbv-Chefin Ramona Pop sagte, gesperrte Konten, nicht ausgeführte Mietüberweisungen oder verzögerte Anschlussfinanzierungen könnten schwerwiegende Folgen haben. „Doppelt fatal“ sei es, wenn Kunden bei solchen Problemen keine schnelle Hilfe bekämen. Verbraucher hätten berichtet, dass sie widersprüchliche Aussagen von Mitarbeitern des Kundenservices bekämen. Bei der IT-Umstellung seit dem vergangenen Jahr wurden schrittweise zwölf Millionen Kunden der Postbank mit sieben Millionen Deutsche-Bank-Kunden in Deutschland auf einer Plattform zusammengeführt. Nach all den Beschwerden sprach der Konzern zuletzt von großen Fortschritten bei der Behebung der Probleme. Das betreffe besonders Pfändungsschutzkonten, auf denen verschuldete Menschen Guthaben vor der Pfändung schützen können, und Auszahlungen von Baufinanzierungen bei der DSL-Bank, sagte ein Sprecher Ende vergangener Woche. „Im Bereich der Aufhebung der von Pfändungen betroffenen Konten liegen wir nun mit durchschnittlich zwei Arbeitstagen wieder im Plan“, sagte der Sprecher. Die Probleme beschäftigen auch die Finanzaufsicht Bafin, die einen Sonderbeauftragten für die Deutsche Bank bestellte. Er soll überwachen, dass die Einschränkungen zügig beseitigt werden.
Laut Sprecher nehme man jede Kundenbeschwerde ernst und erstatte in berechtigten Fällen den bei Kunden entstandenen Schaden. Doch die Fortschritte, von denen die Postbank spricht, scheinen bisher am Sparbuch von Axel Nietfeld vorbeigegangen zu sein. Am Mittwoch startet er einen neuen Versuch, um endlich an sein Geld zu kommen.