Beckröge verdient sein Geld mit dem Durst anderer Leute. Längst liefert der Großhandel bundesweit Getränke aus. Als in den 1990er-Jahren Größen wie die Rolling Stones und Marius Müller-Westernhagen im Stadion spielten, kümmerte sich Beckröge um die Getränke.
Dabei fing vor 150 Jahren alles in einer Kneipe an. Bei Hermann Hinrich Beckröge in der Wirtsstube in der Katharinenstraße 15 konnten die Gäste das Bier nicht nur trinken, sondern auch gleich mitnehmen. Er begann, es in Siphons mit bis zu eineinhalb Litern Volumen zu verkaufen. Daraus entstand Beckröges Geschäftsidee: Dann bring' ich den Leuten das Bier doch direkt nach Hause – damals mit einer Pferdekutsche.
Schwarzbiere und bayerische Biere
Und Beckröge baute die Angebotspalette aus. „Hinzu kamen bayerische Biere, zum Beispiel aus Kulmbach, und außerdem Schwarzbiere“, weiß mit Uwe Lammers einer der heutigen Beckröge-Geschäftsführer zu berichten. Für den Liefererfolg gab es auch einen anderen Grund: Damals durften die Damen in öffentlichen Lokalen noch kein Bier trinken, also ließen sie es sich nach Hause kommen.

Per Pferdekutsche lieferte Beckröge das Bier in die Haushalte. Zur Kundschaft gehörten auch Frauen. Denn die durften vor 150 Jahren in einem öffentlichen Lokal kein Bier trinken.
1920 waren um die fünf Pferdegespanne unterwegs. Und was man heute autonomes Fahren nennt, hatten die Pferde damals bereits eingebaut: Sollte der Kutscher beim Liefern selbst einen über den Durst getrunken haben, fanden die Pferde den Weg auch allein nach Hause.
Nach dem Krieg vorerst nur Molkebier
Der Getränkegroßhandel ging von einer Generation an die nächste. Doch 1944 zerstörte der Bombenhagel alle Betriebsgebäude. Johann Hinrich Beckröge, der damals die Geschicke führte, baute mit seinen Söhnen alles wieder auf. Die ersten drei Nachkriegsjahre handelte die Firma mit Molkebier, bevor sie wieder "echtes" verkaufen durfte.

Das Geschäft läuft. Vor dem Zweiten Weltkrieg besteht der Fuhrpark aus vier Pferdekutschen und einem Auto.
Über die Jahre ging die Firma dazu über, nur noch Kneipen, statt Privatkunden zu beliefern. 1987 war das Jahr des großen Einschnitts: Der damalige Geschäftsführer Heinz Jürgen Beckröge hatte keine Nachfolger. An ihn kann sich Lammers selbst noch erinnern: „Ich studierte und hatte mit meinem Bruder zusammen an der Schwachhauser Heerstraße, Ecke Prager Straße, das Bistro Sowieso. In unserem Mietvertrag war festgeschrieben, dass Beckröge unser Lieferant ist.“
Wieder ein neuer Wirt
Beckröge verkaufte seine Firma an die Familie Nordmann in Wildeshausen. Lammers erinnert sich: „Nordmann stellte sich mir vor, wir verstanden uns gut. Der besuchte uns regelmäßig auf ein Kräusen.“ Er schien irgendwie Gefallen an Lammers zu finden. Der studierte damals noch Nautik und wollte sich damit auch ausgiebig Zeit lassen. „Das mache ich, bis ich nicht mehr zur Bundeswehr gezogen werde“, war sein Plan. Denn Seeleute bis zum 27. Lebensjahr mussten nicht zum Bund.
Bei einem Kräusen im Jahr 1990 fragte Nordmann nach Lammers Meinung über Beckröge. Der legte los: „Die Logistik bei Dir funktioniert nicht. Wenn Dein Lkw bei uns vor der Tür hält, kann es sein, dass genau gegenüber auch einer Deiner Lkw hält, weil Dein Disponent das nicht auf ein Fahrzeug plant.“ 14 Tage später fragte Nordmann bei Lammers an, ob er nicht bei Beckröge anfangen wolle.
Von der Kneipe in die Geschäftsführung
Der holte sich von seinem Bruder das Okay, schenkte ihm den Bistro-Anteil und wechselte in den Getränkegroßhandel. Der andere heutige Geschäftsführer, Klaus Kreienborg, hatte als gelernter Hotelkaufmann drei Monate zuvor bei Beckröge angefangen. Jürgen Nordmann als weiterer Beckröge-Geschäftsführer kümmert sich mehr um das Brauereigeschäft. Denn nach der Wende übernahm sein Vater die Stralsunder Brauerei, aus der die Störtebeker Braumanufaktur entstand.
Von da an lenkten Lammers und Kreienborg die Beckröge-Geschicke, mussten sich anfangs selbst ein wenig zurechtfinden. Beim Ausbau des Geschäfts ging es darum, größere Objekte hinzuzubekommen. Also bauten sie die Netzwerke zur Gastronomie und zur Brauerei, vor allem zur Beck’s-Braurerei, aus. So erinnert sich Lammers an den damaligen Beck's-Chef Josef Hattig: „Der hat uns bei einigen Sachen Rückenwind gegeben, um diese jungen Leute, also uns damals, zu unterstützen.“ Gleichzeitig kümmerten sie sich um einen einheitlichen Auftritt, damit man Beckröge auch als Marke erkannte.
Der erste große bundesweite Kunde
In den 1990-Jahren kamen entscheidende Sprünge hinzu, wie es Lammers beschreibt. Die Alex-Gruppe eröffnete ihre Gastronomie in Bremen am Hanseatenhof und auf dem Domshof. Beckröge erhielt den Zuschlag. Warum das so wichtig war laut Lammers? „Im Getränkegroßhandel hilft vor allem Reputation – wenn man von einem Großkunden den Zuschlag erhält, dann sagen andere: Wenn der denen vertraut, dann kann ich denen auch vertrauen.“
Das Vertrauen der Alex-Gruppe wuchs. Beckröge begann, für die Gruppe die Getränkelieferungen deutschlandweit zu organisieren. Sie arbeiteten mit Partnern zusammen, die nach den Regeln der Bremer agierten. Der Vorteil für die Gastronomiekette: Statt vielen regionalen Ansprechpartnern gab es in Zukunft nur noch einen. Weitere Großkunden wie die Cinemaxx-Kette kamen hinzu.
Getränke für Rockkonzerte
Das Unternehmen wuchs durch Zukäufe: 1998 übernahm Beckröge Bier Klein, 2008 kam Dökel hinzu. Und noch ein großer Schritt wurde gemeistert, wie Lammers erzählt: „Wenn das mit Gastronomie funktioniert, warum denn dann nicht auch mit Festivals?“ Also kontaktierten sie Agenturen, mit denen sie im Weserstadion eh schon kooperiert hatten. In Köln fand man den künftigen Partner.
Aber dann stand Lammers vor der nächsten Frage: „Wie bekomme ich zum Konzert vor Ort unsere Leute hin und zurück?“ Seine Idee: Wenn eine Band im Tourbus übernachten kann, warum dann nicht auch unsere Leute? Die Idee rechnete sich. Bis heute fahren die Beckröge-Teams im Tourbus zum Konzerteinsatz.
Die Expansion nach Hamburg
Die neue Lagerhalle in Arsten 2010 brachte den nächsten Schub. Sie war so gebaut und isoliert, dass sie keine Heizung braucht. Lammers sagt: „Das sparte Material und Zeit, und der Fahrer musste nicht selbst kommissionieren.“ Auch die Leergutsortierung wurde in die Halle verlegt. 2014 kam das Vertriebsbüro in Hamburg hinzu, bei dem die Lieferung über Partner erfolgt. Rückblickend stellt Lammers fest: „Ich glaube, wir haben es ganz gut geschafft, dem Gastronom zu vermitteln, was wir an Dienstleistung liefern können und was nicht.“
Inzwischen hat Beckröge 140 Beschäftigte, doch bei dem Arbeitskräftemangel könnten es laut Lammers einige mehr sein. Was für Geschäftsführer immer wichtig war: Die Beschäftigten bei allem immer gut mitzunehmen. Deshalb sollen sie an diesem Sonnabend ausgiebig den 150. Geburtstag feiern, am Montag folgt der offizielle Teil im Bremer Rathaus.