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250 Jahre Eggerssohn Wie der Weinhandel zum Aushängeschild Bremens wurde

Der Hamburger Johann Eggers zog nach Bremen und hoffte auf eine bessere Zukunft. Warum sein Unternehmen noch heute besteht und auf 250 Jahre Bremer Weingeschichte zurückschaut.
17.06.2023, 05:00 Uhr
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Wie der Weinhandel zum Aushängeschild Bremens wurde
Von Florian Schwiegershausen

Vor 250 Jahren gab es noch keine Vereinigten Staaten von Amerika, alle Teile in Mittel- und Südamerika waren noch spanische Kolonie und in Bremen kannte keiner die Stadtmusikanten. Denn die Geschichte veröffentlichten die Brüder Grimm erstmals 1819. Doch da ist dieser Satz aus dem Märchen, der bereits 1773 auf den späteren Weinhändler Johann Eggers gepasst hätte: "Zieh' lieber mit uns fort, wir gehen nach Bremen, etwas Besseres als den Tod findest du überall." Eggers verließ seine Heimat und zog von Hamburg-Barmbek nach Bremen, weil er an der Elbe als Bauernsohn nicht auf ein Erbe hoffen konnte.

In Bremen kam er bei einem Weinhändler unter und verdiente sich dort sein erstes Geld. Zu der Zeit war Bremen längst eine Hochburg des Weinhandels. Vor allem Rotwein wurde aus Bordeaux importiert, und wenn der in den Bremer Kellern lagerte, verbesserte er sogar noch seinen Geschmack. 80 Weinhändler soll es um 1800 in Bremen gegeben haben – und einer davon war Johann Eggers. Im Jahr 1776 hatte Eggers die junge Witwe des verstorbenen Weinhändlers Loebe geheiratet. Der hatte 1773 das Geschäft eröffnet, das von nun an unter Johann Eggers firmierte.

Das war die Geburtsstunde des Unternehmens, aus dem mit dem Eintritt der Nachfolgegenerationen die Firma Joh. Eggers Sohn wurde und gleichzeitig einer der bedeutendsten Weinimporteure Deutschlands. Wenn die heutige Geschäftsführerin Susanne Scheichl auf die 250 Jahre Firmengeschichte zurückschaut, sagt sie: "Angesichts all der Widrigkeiten und Schwierigkeiten in einer so langen Zeit ist es schon erstaunlich, dass ein Unternehmen all das überstanden hat."

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Besonders nach drei Jahren Pandemie. Das sei für manchen in Scheichls 17-köpfigen Team keine einfache Zeit gewesen. Denn Eggerssohn, wie sich die Firma heute als Teil der Unternehmensgruppe Eggers & Franke nennt, ist spezialisiert auf den Handel mit der Gastronomie und dem Fachhandel. Während die Gastronomie in der Pandemiezeit schließen musste, liefen die Geschäfte zumindest im Fachhandel, weil sich die Menschen daheim etwas Gutes gönnen wollten. Inzwischen seien die Weinliebhaber angesichts der Inflation im Premiumsegment wieder etwas zurückhaltender.

Es gelten die Werte des hanseatischen Kaufmanns

Wenn Scheichl auf die Anfänge von Johann Eggers blickt, sagt sie: "Der muss damals ja auch zu seinen Geschäftspartnern vor Ort gereist sein, nur damals war Reisen viel beschwerlicher und auch gefährlicher." Außerdem fußte das Geschäft damals auf Vertrauen und hanseatischer Zuverlässigkeit zwischen den Geschäftspartnern – man konnte schlecht irgendwo anrufen, um im Gespräch Probleme aus dem Weg zu räumen. Die Werte des hanseatischen Kaufmanns, der ein Geschäft notfalls mit Handschlag besiegelt, gelten noch heute für das Unternehmen.

Viele Gegenstände aus diesem Vierteljahrtausend sind nicht erhalten geblieben. Aber vor einigen Jahren erwarb die Geschäftsführerin durch Zufall ein Gemälde: "Im Weser-Kurier hatte jemand eine Kleinanzeige geschaltet und bot aus einem Nachlass alte Bilder an – darunter das von Johann Eggers." Das sei gerade beim Künstler, damit es für die Jubiläumsfeier am Sonntag einen neuen Rahmen erhält.

Ebenso machte Susanne Scheichl einige Flaschen Wein vom Schaffermahl aus früheren Jahrzehnten ausfindig. Dabei half ein Anruf bei Handelskammer-Präses Eduard Dubbers-Albrecht, der als Weinliebhaber bekannt ist. In seinem Weinkeller entdeckte er Rotweinflaschen mit dem Schriftzug "Joh. Eggers Sohn" auf dem Etikett. Auch das ist eine lange Tradition beim Bordeaux für das Schaffermahl: Die Weinhändler konnten sich mit ihrem Tropfen für das älteste Brudermahl der Welt bewerben – die Weinprobe entschied, wer das Rennen machte. Joh. Eggers Sohn gehörte einige Male dazu.

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Joh. Eggers Sohn und Eggers & Franke waren ursprünglich zwei unterschiedliche Unternehmen. Nachdem im Zweiten Weltkrieg alles zerstört worden war, begann das Unternehmen erfolgreich die Bespielung des Fachhandels mit Qualitätsweinen. Das lief gut bis zur Jahrtausendwende. Da kam Joh. Eggers Sohn ins Trudeln und musste Insolvenz beantragen. So erwarb die Eggers & Franke Gruppe die Namens- und Markenrechte. "Georg Heinrich Eggers, einer der beiden Gründer von Eggers & Franke, war ein Neffe und wissbegieriger Lehrling des Firmengründers Johan Eggers", erklärt Scheichl.

Spezialisiert auf Gastronomie und Fachhandel

Damit war Eggerssohn geboren: Während Eggers & Franke sich auf den Vertrieb im Lebensmitteleinzelhandel konzentrierte, war das Eggerssohn-Team zuständig für Gastronomie und Fachhandel. Scheichl stammt aus dem Salzkammergut in Österreich.  Für die Arbeit zog es sie nach Bremen, wo sie bei Eggers & Franke im Marketing begann. 2009 bot ihr der damalige Geschäftsführende Gesellschafter, Christoph Meier, die Geschäftsführung von Eggerssohn an. Was Scheichl an dem Beruf gefällt: "Es ist so schön interdisziplinär: Man muss sich mit der Geographie beschäftigen sowie mit Geologie und Biologie und auch den Zahlen."

Scheichl ist es wichtig, dass das Eggerssohn-Team für alle präsent ist, um dem Unternehmen ein Gesicht zu geben. Jeder Jahreskatalog, der etwas über die Weine und die Winzerfamilien dahinter erzählt, enthält auf den ersten Seiten ein ausklappbares künstlerisch gestaltetes Bild mit allen Beschäftigten. Sie alle feiern am Sonntag zusammen mit Freunden, Bekannten und Geschäftspartnern beim Festakt in der Oberen Rathaushalle – als Gäste sind zwei Winzer aus Südafrika dabei.

Am Montag geht es mit dem Geschäft weiter. "Auch die Zukunft wird einige Widrigkeiten bringen", sagt Susanne Scheichl. Und Jens Gardthausen, Geschäftsführer der gesamten Eggers-&-Franke-Gruppe ergänzt: "Da gilt es, jetzt an den richtigen Stellschrauben zu drehen, um auch durch die nächste schwierige Zeit zu kommen."

Info

Wein zum Firmenjubiläum

Zum Firmenjubiläum hat Eggerssohn einen Bordeaux mit dem Titel "The Lost Cask" herausgebracht. Auf der Etikette ist ein Weinfass zu sehen, das im Wasser schwimmt. Eggerssohn-Geschäftsführerin Susanne Scheichl erläutert: "Wenn mal ein Weinfass vom Schiff fiel, ruderten die Leute schnell mit kleinen Booten hinterher, um es zu ergattern." Und oft waren sie so schneller als die großen Boote. Damit erzählen sie von einer wahren Begebenheit. Außerdem hatte man auf der Schiffsroute von Frankreich nach Bremen durchaus mit Piraten zu tun, die Interesse an der edlen Fracht hatten.

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