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Eggers-und-Franke-Chef "Ich bin mit Oldesloer Korn aufgewachsen"

Jens Gardthausen ist seit gut einem Jahr Geschäftsführer des Bremer Getränkeimporteurs Eggers & Franke. Kurz vor Silvester spricht er über das Schöne an Spirituosen und Trends.
29.12.2022, 05:00 Uhr
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Von Florian Schwiegershausen

Herr Gardthausen, wenn man bei Moët Hennessy nach so einigen Jahren Tschüss sagt, bekommt man da zum Abschied eine Flasche Dom-Perignon-Champagner in die Hand gedrückt?

Jens Gardthausen: Erst mal bekommt man viele schöne Wünsche, die über das Geschäftliche hinweggehen – zum Beispiel in Form von Bildern und anderen kleinen Andenken von Kollegen und Freunden. Und eine Flasche Champagner gibt es da bestimmt auch. Es war auf alle Fälle sehr emotional.

Und als Sie am ersten Tag bei Eggers & Franke anfingen, was haben Sie hier vorgefunden?

Das waren ja noch die akutesten Coronazeiten, in denen ich hier begrüßt wurde. Der Rotkäppchen-Mumm-CEO Christof Queisser war dafür extra nach Bremen gekommen, um mich zu empfangen. Und abends haben wir dann drei bis vier gute Weine und Sekt aus unserem Portfolio verkostet. Bis Mai habe ich die ganze Mannschaft leider noch nicht kennenlernen können, weil viele eben im Homeoffice waren. Aber im Laufe der letzten Monate hatte ich die Chance, alle Kollegen persönlich kennenzulernen. Da bin ich sehr stolz und happy, der Kapitän eines so großartigen Teams zu sein.

Was fasziniert Sie am Handel mit hochwertigen alkoholischen Getränken?

Ich bin da vor gut 26 Jahren reingerutscht. Ich bin ein norddeutscher Jung, mit Holsten Pilsener, Astra und Oldesloer Korn aufgewachsen – das findet sich durchaus auch noch in meinem Kühlschrank. Es lief über einen Zufall, aber wenn man dann in der Branche ist, entwickelt man ein Faible für feines Essen und schöne Getränke – sei es Sekt, Champagner oder hochwertige Weine und Spirituosen. Und dabei haben Sie auch noch mit unheimlich tollen Menschen zu tun. Es sind ja oft inhabergeführte Familienunternehmen mit Tradition, Häuser, die 250 Jahre alt sind oder noch älter, mit denen wir selbst auch schon über viele Jahre verbunden sind.

Wenn man auf das Portfolio von Eggers & Franke schaut, kann man ja durchaus fragen: Soll es ein Malteser oder ein Metaxa sein? Es ist alles im Portfolio mit drin.

Das Team, egal ob bei Eggers & Franke oder bei Reidemeister & Ulrichs, hat das Portfolio gut erweitert. Und das macht schon stolz, Partner aus der ganzen Welt zu vertreten und dabei auch ein Portfolio zu haben, das zeitgemäß ist.

Was meinen Sie mit zeitgemäß?

Na ja, es wird immer mehr nach Premium und Qualität geschaut. Oder es kommen neue Trends, wie in den letzten Jahren die boomende Gin-Kategorie.

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In den ersten zwei Jahren der Pandemie ist es ja auch so gewesen, dass immer mehr Menschen auf Premium gesetzt haben. Vielleicht haben sie sich langsam an qualitativ hochwertigere Getränke herangetastet.

Es ist sowohl im Wein- als auch im Spirituosenbereich ein nachhaltiger Trend zu immer mehr Premiumprodukten zu beobachten. Dabei geht der Trend auch zu mehr Bio- beziehungsweise Organic-Qualitäten, und die Kunden wollen immer mehr darüber wissen, was hinter der Marke steht. Da versuchen wir, weitere Marken für uns zu gewinnen, die in diesen Trend reinpassen.

Auch wenn in Bremen so manchem Eggers & Franke ein Begriff sein dürfte, wissen bestimmt viele Verbraucher nicht, wenn sie sich eine Flasche aus dem Supermarktregal greifen, bei wie vielen Marken Eggers & Franke im Vertrieb dahinter steckt. Oder?

Ganz früher kam der Rotwein ja hier bei Eggers & Franke in Fässern an und wurde dann in Flaschen abgefüllt. Das ist eine lang gewachsene Tradition, die einen mit Stolz erfüllt. Ludwig von Kapff feiert in diesem Jahr das 330-jährige Jubiläum. Heute vertreten wir über 300 Marken, welche über unsere verschiedenen Firmen den Weg ins Regal oder in das Restaurant finden.

Auch bei Marken wie Osborne besteht ja eine langjährige Beziehung zu Eggers & Franke.

Wir haben in diesem Jahr den Vertrag mit Osborne verlängert, der bereits seit 44 Jahren besteht. Für diese Verlängerung durfte ich dann nach Andalusien fliegen. Ein anderes Beispiel ist der Wein der Familie Rothschild: Da arbeiten wir fast seit 100 Jahren zusammen. Solch langfristigen Partnerschaften sind aber auch eine Stärke von Eggers & Franke. Das verbindet.

Heute wird viel mehr zu einer Marke erzählt, weil es Verbraucher interessiert.

Es ist aber nicht nur dieses „Storytelling“. Am Ende muss auch die Qualität stimmen. Da sind die Teams bei uns aber eingespielt und haben die Erfahrung, worauf es bei der Lieferantenauswahl ankommt.

Vertriebler sind ein bisschen wie Heinzelmännchen. Sie bringen die Ware ins Regal – nicht wahrnehmbar für Verbraucher.

Vertriebler im Handel sind heutzutage aber eher Berater. Wir unterhalten uns mit den Eigentümern der Supermärkte, wie man Ware darstellen kann – auch zusammen mit dem Bereich Food. Heute sehen Sie oft Weine an der Fleischtheke positioniert oder im Gemüsebereich. Da geht es oft auch darum, eine Erlebniswelt für den Konsumenten zu kreieren. Dieses Fachwissen, welches unsere Kollegen im Vertrieb haben, ist schon viel wert. Für uns als Importeur ist es wichtig, als Partner des Handels auch diese Vertriebsrolle zu haben. Und da müssen Sie vor Ort sein, das können Sie nicht am Telefon machen.

Bei der Jahresbilanz in diesem Jahr konnte man es bereits erfahren: Wie sehr hat der Handel Eggers & Franke umsatzmäßig getragen im Gegensatz zur Gastronomie?

Durch die Pandemie wurde mehr daheim konsumiert. Aber die Gastronomie hat wieder angezogen, weil seit Anfang des Jahres die Menschen auch wieder mehr rauswollten. Da sind wir zufrieden, dass sich das wieder so entwickelt hat.

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Was war in Ihrem ersten Jahr bei Eggers & Franke die schwerste Geburt?

Ich liebe es, mit Menschen zusammenzuarbeiten. Und dann fange ich hier an und kann mit den Menschen nicht persönlich sprechen, weil alle wegen der Pandemie im Homeoffice sind. Da habe ich versucht, bestmöglich in all den Videokonferenzen zu zeigen, dass ich ein Chef zum Anfassen bin. Das ist einfach wichtig, wenn da ein neuer Geschäftsführer kommt. Das als schwere Geburt zu bezeichnen, würde aber nicht ins Bild passen. Wenn man in dieser Branche länger unterwegs ist, fühlt man sich schnell gut aufgehoben und sieht so die eine oder andere Stellschraube.

Sie waren vorher bei Moët Hennessy. Inwiefern wollen Sie Eggers & Franke auch mehr im hochpreisigen Bereich voranbringen?

Diese Strategie besteht bei der Eggers & Franke Gruppe ja bereits. Wir orientieren uns da natürlich an den Konsumenten und ihren Anlässen, schauen wie wir den bereits bestehenden Premiumbereich noch weiterentwickeln können. Es gibt keine Kategorie, in der wir nicht schon Premiumpartner sind.

Und welchen Trend sehen Sie?

Das sind zum Beispiel die alkoholfreien Spirituosen. Wir haben bereits als alkoholfreien Gin Humboldt Freigeist im Portfolio, und da schauen wir, in welchen anderen Premiumbereichen wir den Trend ebenso verfolgen können. Es gibt ja immer mehr Menschen, die gesünder leben wollen, ohne auf den Genuss zu verzichten.

Was wollen Sie weiter bei Eggers & Franke bewegen?

Da ist zuerst mal das klare Signal an alle im Team, an alle Partner und auch alle zukünftigen Kollegen: Für uns ist der Bremer Standort wichtig. Hier kommen wir her, und hier wollen wir ein Team sein. Wir sind stolz darauf, dass wir zur Rotkäppchen-Mumm-Gruppe gehören und dadurch auch Synergien schaffen können. Wir sind und wollen ein interessanter Arbeitgeber sein, mit einem dynamischen Team, mit vielen Gestaltungsmöglichkeiten – gerade auch für junge Arbeitnehmer. Wir bilden aus und sind ein Arbeitgeber mit vielen mobilen Arbeitsmöglichkeiten. Und mein Ziel ist, dass wir da auch weiter als Trendsetter am Markt agieren.

Und was haben Sie sich noch vorgenommen?

Wenn es nach mir geht, würde ich mich freuen, wenn es heißt: Geh zu Eggers & Franke ins Team, denn da macht es Spaß, zu arbeiten. Beim Portfolio kann man vielleicht noch die eine oder andere Marke hinzuholen. Und als Drittes: Wenn man das Wachstum der letzten drei Jahre sieht, was das Team hier in Bremen erwirtschaftet hat, dann muss man das auch im Backoffice abbilden können. Und da sind wir dabei, uns besser aufzustellen. Zum Beispiel docken wir uns an die SAP-Schnittstelle von Rotkäppchen-Mumm an. Das hilft uns, unser Geschäft besser zu steuern. Auf Digitalisierung setzen wir in allen Bereichen, zum Beispiel auch in der Gastronomie, Getränkekarten schneller und einfacher zu erstellen.

In der Gastronomie lief in den letzten Jahren ja noch viel analog ab.

Da unterstützen wir die Gastronomen mit einer digitalen Bestellplattform, wo man direkt auf dem Smartphone die Bestellungen eingeben und an den Außendienst versenden kann. Wir wollen ein Lieferant auch mit Tools, also Werkzeugen, sein.

Also immer mehr in Richtung eines kompletten Services für die Kunden?

Heutzutage im Lebensmitteleinzelhandel und der Gastronomie im Vertrieb zu arbeiten, bedeutet: Sie verkaufen, Sie beraten, Sie gestalten Weinkarten, Sie machen Weinschulungen, Sie moderieren vielleicht ein Dinner im Restaurant. Jetzt geht es da weiter mit der Digitalisierung. Das ist so vielfältig, was diesen Beruf so interessant macht. Das wissen viele nicht. Und ganz nebenbei haben Sie mit den schönsten Marken zu tun, die es auf der Welt gibt.

Das Gespräch führte Florian Schwiegershausen.

Zur Person

Jens Gardthausen (57)

ist seit Herbst 2021 Geschäftsführer des Bremer Traditionsunternehmens Eggers & Franke und kennt sich mit hochwertigen Spirituosen aus. Denn von 1995 bis 2019 war er für das Unternehmen LVMH in unterschiedlichen Funktionen tätig – zuletzt als Geschäftsführer von Moët Hennessy Deutschland. Danach war er International Director von Maison Belvedere Distillery mit Sitz in New York City und Zyrardow.

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