Die Gewerkschaft IG Metall ruft ab Donnerstag an allen Standorten von Airbus Operations und Premium Aerotec zu Warnstreiks auf. Grund dafür seien gescheiterte Gespräche zwischen der Konzernleitung und der Gewerkschaft hinsichtlich der geplanten Umstrukturierung des europäischen Flugzeugbauers. Diese beinhaltet unter anderem die Auslagerung der Fertigung von Einzelteilen und Kleinkomponenten in ein neues Unternehmen. Betroffen wären davon laut IG Metall die Airbus-Standorte in Hamburg und Stade sowie bei Premium Aerotec in Nordenham, Varel, Bremen und Augsburg, wo unter anderem Rumpfsektionen, Fußbodenstrukturen und Flügelkomponenten gefertigt werden. Von der neuen Bundesregierung erwartet die IG Metall, dass sie sich klar auf die Seite der Gewerkschaft stellt.
"Airbus sucht die Eskalation"
„Die letzte Verhandlung hat gezeigt, dass Airbus die Eskalation sucht", sagte an diesem Mittwoch Daniel Friedrich, Bezirksleiter der IG Metall Küste, die bundesweit die Verhandlungsführerschaft für die Gewerkschaft übernommen hat. "Die Geschäftsführung hat Vereinbarungen zum weiteren Vorgehen wieder zurückgenommen und ist nicht bereit, ein faires Zukunftspaket für alle Beschäftigten und Standorte mit uns abzuschließen“, so der Verhandlungsführer weiter. „Uns bleibt deshalb nur, den Druck zu erhöhen und mit weiteren Warnstreiks für eine soziale Absicherung der betroffenen Kolleginnen und Kollegen zu kämpfen. Sollten wir nicht zeitnah zu einer Lösung kommen, laufen wir auf einen Großkonflikt zu.“
Geplant sind Arbeitsniederlegungen teilweise über mehrere Schichten und Tage. Vor der Aufsichtsratssitzung von Airbus Operations am Donnerstag in Hamburg gibt es eine Protestaktion, zu der Delegationen von allen Standorten erwartet werden. Wegen der aktuellen Corona-Lage plant die Gewerkschaft eine Demonstration auf dem Werksgelände mit maximal 150 Teilnehmern. Am Standort Hamburg soll die Arbeit von Freitag, 6 Uhr, bis Sonntag niedergelegt werden. In Bremen ist das bei Airbus Operations und Premium Aerotec für Freitag von 5 bis 24 Uhr vorgesehen. Derzeit gibt es nach Gewerkschaftsangaben in Bremen bei Airbus Operations noch 2300 Arbeitsplätze und bei Premium Aerotec 400. Auch an allen anderen Standorten sind an diesen Tagen Warnstreiks geplant.
„Mit seinem Vorgehen gefährdet der Arbeitgeber den weiteren Hochlauf und die Auslieferungsziele", sagte Holger Junge, Konzernbetriebsratsvorsitzender von Airbus. Statt einer Spaltung der Belegschaft brauche es Perspektiven für die Beschäftigten. "Wir wollen, dass an allen heutigen Standorten von Airbus und Premium Aerotec die Arbeitsanteile abgesichert werden und dass wir an den Zukunftsprogrammen in gleichem Umfang beteiligt werden." Dabei geht es unter anderem darum, welche Arbeitspakete auf die verschiedenen Standorte verteilt werden, wenn in den nächsten Jahren die Fertigung der nächsten Flugzeuggeneration ansteht.
Dass die Gewerkschaft auch Unterstützung von der neuen Bundesregierung erwartet, kommt nicht von ungefähr: Vom Airbus-Konzern gehören Deutschland elf Prozent. Es gibt Befürchtungen, dass Arbeitspakete künftig von Deutschland nach Frankreich verlagert werden. Das Nachbarland besitzt ebenfalls elf Prozent vom Airbus-Konzern. Von den verschiedenen Landesregierungen gebe es bereits reichlich Unterstützung für die Ziele zur Standortsicherung, so Junge. "Das erwarten wir auch von der neuen Bundesregierung." Denn in Frankreich finde das bereits seit längerer Zeit statt. Junge erinnerte daran, dass Airbus eine Schlüsselrolle einnehme, wenn es um den Luftfahrtindustriestandort Deutschland gehe. "Wenn wir in Deutschland als Airbus in diesem Konstrukt nicht stark aufgestellt sind, dann wird der Standort insgesamt an Bedeutung verlieren."
Airbus-Chef wendet sich in Schreiben an die deutsche Belegschaft
Unterdessen hatte sich Airbus-Chef Guillaume Faury in einem internen Schreiben an die deutsche Belegschaft gewandt und darin die IG Metall nach dem neuerlichen Warnstreikaufruf mit heftigen Worten attackiert: In den vergangenen 20 Monaten hätten Airbus-Beschäftigte „ein unglaubliches Engagement und eine bemerkenswerte Solidarität an den Tag gelegt, um Airbus in der Corona-Pandemie durch eine beispiellose Krise zu tragen“, schrieb Faury. „Dass diese enorme Gemeinschaftsleistung nun in Frage gestellt wird, indem Aktivitäten blockiert werden, finden wir unangemessen und respektlos gegenüber all jenen, die Tag für Tag so viel für Airbus geben.“ Im April hatte der Airbus-Chef unter anderem angekündigt, dass Anfang 2022 Teile von Airbus Operations und große Teile von Premium Aerotec mit seinen insgesamt rund 13.000 Beschäftigten in einer neuen Tochtergesellschaft aufgehen soll.
Unerwähnt blieb im Schreiben von Faury, dass im vergangenen Jahr bereits 5000 Arbeitsplätze abgebaut wurden – davon 500 in Bremen - im Rahmen des Rationalisierungsprogramms „Odyssee“ als Reaktion auf die gedrosselte Produktion im Corona-Krisenjahr. Dafür wurden laut IG Metall über eine Milliarde Euro ausgegeben, um Mitarbeiter freiwillig dazu zu bewegen, aus dem Unternehmen auszuscheiden. "Dass jetzt aber wieder über 1000 Leiharbeiter eingestellt werden sollen und im nächsten Jahr noch mehr, um den anstehenden Hochlauf der Produktion zu gewährleisten, zeigt, wie falsch dieser Weg des Managements gewesen ist", so Friedrich. "Wir wollten den Weg durch die Krise mit allen Mitarbeitern gehen in Kombination mit Kurzarbeitergeld." Dann wäre man schon jetzt mit erfahrenen Mitarbeitern für den Produktionshochlauf aufgestellt gewesen.