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Kommentar über die Zukunft der Deutschen Bank Am Stellenabbau ist nicht nur die Digitalisierung schuld

Voraussichtlich 20.000 der weltweit 91.000 Jobs will die Deutsche Bank in den kommenden Jahren abbauen. Warum die Digitalisierung in diesem Fall nur zum Teil schuld ist, kommentiert Florian Schwiegershausen.
05.07.2019, 18:14 Uhr
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Am Stellenabbau ist nicht nur die Digitalisierung schuld
Von Florian Schwiegershausen

Die unruhigen Zeiten bei der Deutschen Bank gehen weiter. Sie steht vor einem großen Umbau, 20.000 der weltweit 91.000 Jobs sollen wegfallen. Betroffen ist vor allem der Investmentbereich, größtenteils in den USA. Allein hier hat die Deutsche Bank in den vergangenen fünf Jahren Strafbescheide in Höhe von mehr als zehn Milliarden Euro angesammelt – alles aus dem übertriebenen Ehrgeiz heraus, um jeden Preis an der Weltspitze mitspielen zu wollen.

Nun will sich Deutschlands größte Bank wieder mehr um die Kunden in Europa kümmern. Dazu will sie laut Medienberichten einen eigenen Bereich mit Extra-Vorstand für Firmenkunden schaffen. Das Geschäft soll von den Privatkunden getrennt werden. Dieser Schritt zeigt gleichzeitig, dass sich die Deutsche Bank auf die Bereiche besinnt, in denen in Zeiten der Digitalisierung in Zukunft Umsatz zu machen ist. Und in denen auch weiterhin Bedarf für persönliche Beratung und Kundenansprache besteht. Wer also vorrechnet, dass beim Geldinstitut knapp jeder vierte Job abgebaut werden soll, kann das nicht so einfach auf die lokale Ebene runterbrechen.

Im Verbreitungsgebiet der Deutschen Bank Bremen hat das Geldinstitut 16 Filialen mit 135 Mitarbeitern. In der Hansestadt sind die letzten drei Standorte am Domshof, in Schwachhausen und in Vegesack. Es wurden also in den vergangenen Jahren bereits Filialen geschlossen. Wie zu hören ist, würde es an die Substanz gehen, hier weitere Stellen zu streichen, da die 135 Mitarbeiter als Kundenberater und Vertriebler tätig sind und der Bank entsprechend Umsatz bescheren.

Blaupause vom Geschäft des Bremer Bankensektors

Wenn es darum geht, dass die Deutsche Bank den Firmenkunden noch stärker in den Fokus rücken will, klingt das fast nach einer Blaupause vom Geschäft des Bremer Bankensektors. Denn nachdem die Bremer Landesbank (BLB) in der NordLB aufgegangen ist, haben alle anderen Geldinstitute in der Hansestadt ihre Akquisitionen gerade bei Firmenkunden verstärkt. Sie haben gehofft, dass die Veränderungen bei der BLB die Firmenkunden nach Alternativen umschauen lassen. Wie zu hören ist, konnten einige Banken auch neue Kunden für sich gewinnen. Und wenn es im Firmenkundenbereich um Finanzierungen geht, sind die zum Teil so speziell, dass diese sich nicht durch einen digitalen Prozess abbilden lassen – zumindest jetzt noch nicht.

Der Jobabbau, den der Deutsche-Bank-Vorstandsvorsitzende Christian Sewing in einigen Tagen offiziell verkünden wird, ist also zum Teil der Digitalisierung geschuldet. Es gibt etliche Studien dazu, wie der künftige Stellenabbau in der Finanzbranche aussehen könnte; einige Untersuchungen gehen von einem Drittel aus, andere kommen sogar zum Ergebnis, dass die Hälfte der Stellen wegfallen werden. Die Unternehmensberatung AT Kearney erwartet, dass bis 2023 wohl 80 Prozent der Prozesse im Backoffice eines Unternehmens von Robotern übernommen werden können.

Schon jetzt gehören Filialschließungen zum Alltag – nicht nur bei der Deutschen Bank. Bei den 1783 Geldinstituten in Deutschland sank laut Deutscher Bundesbank im Jahr 2018 die Zahl der Filialen um 2239 auf insgesamt noch knapp 28 000. Beim Thema Filialen sticht besonders die Commerzbank hervor, die noch im April mit der Deutschen Bank eine mögliche Fusion ausgelotet hatte. Gegen den Trend setzt sie trotz Digitalisierung auf ein größeres Filialnetz als die Deutsche Bank. In Bremen ist sogar die Eröffnung eines weiteren Standorts im Gespräch.

Alle paar Jahre einen Strategiewechsel für „normale" Kunden

Doch bei der Deutschen Bank gibt es noch einen anderen Teil, der schuld ist. Seit der Jahrtausendwende wussten die Kunden nicht so recht, woran sie sind. Mit der Gründung der Deutschen Bank 24 im Jahr 1999 für die „normalen“ Kunden gab es alle paar Jahre einen Strategiewechsel, der alles andere als Kontinuität vermittelte. 2015 übernahm die Deutsche Bank die Postbank als größte deutsche Privatkundenbank. Wieder gab es einen Schlingerkurs mit der zeitweisen Überlegung, die Postbank zu verkaufen. Spätestens seit 2018 ist klar, dass sie eine Säule im Konzern bleiben soll. Durch die engere Anbindung sollen im Konzern nochmals 2000 Stellen wegfallen.

Mit all diesem Hin und Her hat es der Vorstand seinen Mitarbeitern in den Filialen schwer gemacht, den Kunden ein angenehmes Gefühl zu bieten. Wenn in Zeiten der Digitalisierung ein solcher Schlingerkurs weitergeht – Experten können anhand der Entscheidungen festmachen, auf welche Unternehmensberatung die Deutsche Bank gerade hört – wird sie langfristig zu einem Übernahmekandidaten. Und das liegt auch an den Fehlern aus der Vergangenheit – und nicht nur an der Digitalisierung.

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